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47 Gründe sprachen und man auch nicht hoffen konnte, daß die Ungarn sich durch Verhandlungen zur Nachgiebigkeit bewegen lassen würden, so wollte man am kaiserlichen Hofe durch eine bedeutendere Truppenentfaltung den Reichstag im Zaume halten und von demselben die Annahme Ferdinands als erblichen König erzwingen. Die Umstände waren der Durchführung dieses Planes insofern etwas günstiger, als der von Mathias ebenso gehaßte wie gefürchtete Palatin Thurzo, die Seele der allfälligen Oppo sition, vor mehr als Jahresfrist gestorben war. Dadurch fehlte derselben nicht nur der natürliche Mittelpunkt, sondern es konnte auch ein oder das andere einflußreiche Parteihaupt mit der Aussicht auf die Palntinatswürde geködert werden. Der Reichstag leitete den Kampf gegen die königliche Pro- Position damit ein, daß er vom Kaiser verlangte, er möge zuvor für die Besetzung des Palatinats Sorge tragen, da die gesetzliche Frist für die Neubesetzung bereits lange verstrichen sei. Diese Forderung war zu berechtigt, als daß sie hätte abgelehnt werden können; Mathias gab daher in seiner Antwort das Versprechen, sie unmittelbar nach der Thronbesetzung zu erfüllen nnd begrün dete den vorläufigen Aufschub nur damit, daß cs sich nicht schicke, den „Diener dem Herrn vorangchen zu lassen". Ferdi nand und die königlichen Kommissäre in Preßburg hofften jetzt zumeist auf die kathololische Partei im Reichstag, die sich äußerst rührig bcuahm und zu welcher sämtliche Bischöfe nnd die Mehrzahl der Magnaten gehörten. Die Haltung der Prä laten nnd Magnaten reizte aber gerade die übrigen Mitglieder des Reichstages und trieb sie zu einer immer schärferen Opposition, so daß die Debatten bald einen leidenschaftlichen Charakter annah men. Die Kritik bezüglich des Wortlautes der königlichen Proposition verschaffte der Opposition einen wenigstens teilweisen Sieg, denn es scheint, daß die Anhänger der Dynastie sich damit zufrieden geben wollten, wenn der Reichstag ohne weiteres Zögern Ferdinand zum König in der Weise „wählen" würde, wie dies nlit Mathias und anderen Habsburgcrn geschehen war.