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durch ihren Sieg ihre Herrschaft vergrößern, Ferdinand II so gut wie Maximilian von Baiern, Ludwig XIII mit seinem Mi nister, dem Kardinal Richelieu, so gut, wie Gustav Adolf mit Oxenstierna: allen handelte es sich, nachdem sie einmal das Schwert gezogen hatten, um die Gewinnung von Land und Leuten. Alle Worte, durch die sie dieses Ziel zu verdecken suchten, sind nichts als leere Phrasen, mit denen sie sich selbst nicht täuschten. Doch wollen wir nicht in Abrede stellen, daß sich Ferdinand II und Gustav Adolf jeder in seiner Art für berufene Werkzeuge Gottes hielten und daß ihren Bestrebungen nicht, wie denen Ludwigs X l lI, nackte Eroberungssucht zu Gründe lag. Es ist aber eine traurige Kehrseite des menschlichen Lebens, daß alle idealen Be strebungen, die religiösen ebenso wie die politischen und nationa len, nur daun zur vollen Herrschaft gelangen können, wenn der Gegner auch materiell ruiniert ist, nnd daß demnach ihre Ver treter beim besten Willen nicht umhin können, die materiellen Konsequenzen des Sieges mit in den Kauf zu nehmen und auf sie bedacht zu sein. — Diese Anschauungen leiten uns bei der fol genden Erzählung: ob wir in ihnen den richtigen Maßstab ge funden und ob wir ihn überall richtig angcwcndct haben, über lassen wir dem Urteil unserer Leser. II. Es ist bekannt, daß die Zwistigkeiten zwischen Kaiser Ru dolf II und seinem Brndcr Mathias, die im Jahre 1600 ihren An fang nahmen, vornehmlich dadurch veranlaßt wurden, daß ersterer keine Bestimmung über die Nachfolge in den von ihm beherrsch ten Ländern treffen wollte. Mathias hatte alle Ursache deshalb zu grollen, da die Habsburger von zahlreichen heimlichen und offenen Feinden umgeben waren, die nur auf die Gelegenheit lauerten, um ihrer Herrschaft in einzelnen Gebieten ein Ende zu machen. In dem Kampfe, der zwischen den beiden Brüdern im Jahre 1608 ausbrach, blieb der jüngere Sieger nnd trat schon bei Lebzeiten des älteren den Besitz der gesamten österrei chischen Länder an. Da er aus der Ehe mit sciucr Base der Erz herzogin ?üina von Tyrol keine Kinder hatte, so machte sich 1*