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Defensoren auf das Schloß, erlangten aber auch diesmal nicht das gewünschte Versprechen. So rückte denn der entscheidende Augenblick heran, an dem die gefürchtete Versammlung zusammeutretcu sollte. Schon einige Tage vor dem bestimmten Zeitpunkte waren die Urheber der Bewegung in Prag angckommen, um deu Plan der nächsten Operationen sestzustellen. Sic versammelten sich am 18. Mai und beschlossen zunächst die Abfassung einer Ansprache an das Volk, in der sie den gegenwärtigen Streit erläuterten und die Gesetzlichkeit ihrer Schritte behaupteten. Die Ansprache wurde Tags darauf allen Prager Pfarrern mit der Weisung zugeschickt, sie am folgenden Sonntage von der Kanzel vorzulesen und das Volk zum Gebete für das gedeihliche Wirkeu der Stände aufzu fordern. Der Befehl wurde pünktlich erfüllt und verursachte unter der Bevölkerung Prags eine ungeheure Aufregung, man hatte wohl deu Defensoren, aber nicht den Pfarrern eine solche Entschlossenheit zngetraut. Auf die erste vertrauliche Sitzung folgte ani 21. Mai die Eröffnung deszweitenProtestantentages. Schon vor der an beraumten Stunde konnte man merken, daß, aller kaiserlichen Verbote ungeachtet, die Versammlung nicht weniger besucht sein würde, als die im März. Zwar hatten von den Städten nur Kuttenberg, Kaurim, Chrudim, Beraun, Jungbunzlau und Schlan Deputierte geschickt; aber selbst dieses kleine Häufchen war nach den vorausgegangenen Drohungen der Regierung und nach der stummen Haltung Prags immerhin beachtenswert. Der Adel selbst war zahlreicher als früher vertreten. — Noch hatten sich nicht alle, die nach Prag gekommen waren, im Karo- linum, wo die Sitzungen abgehalten werden sollten, zusammcn- gefunden, als bereits zwei Beamte der Statthaltcrei mit einer Botschaft daselbst erschienen. Der Kaiser hatte in einem aber maligen Schreiben den Befehl zur Schließung des Protestanten tages wiederholt, er hatte sich hiebei einer so milden Ausdrucks weise bedient wie das letztemal und zugleich versichert, daß er