Volltext Seite (XML)
6 KULTUR 11; November 1983 UZ,41 6" Angelika Neutschei im FDJ- Jugend- und Studenten zentrum Moritzbastei „Wenn ich ein Lied hab'..." h Mit diesem Programm stellte sich eine Chansonsängerin, vor, die nicht nur mir bislang eine völlig Unbekannte war — nur zö gernd füllte sich an diesem Dienstagabend die Veranstal tungstonne der Moritzbastei. Angelika Neutschei — ein neuer Name, auch eine neue Farbe im DDR-Chanson? Sie „kam mit Ach und Krach noch rechtzeitig als weithin Un bekannte auf die Werkstatt bühne des Chans onwettbewerbs 1981. Als sie nach sechs Liedern in die Stille der Betroffenheit hinein, unsicher geworden, von der Bühne ging, wußte sie nicht, daß ihr Leben sich in den letzten 20 Minuten einer wesentlichen Änderung ansehickte. Sie war die eindrucksvollste weibliche Künstlerin dieser Woche. Ihre Ehrlichkeit und Intensität, ihre Fähigkeit, aus dem Text und der Musik ein Lied zu machen, hatte uns gefehlt. Mit ihr kam eine Person voll Sensibilität und Sach lichkeit, schüchtern und ihrer selbst bewußt. Der metallische Klang ihrer Stimme und die atemnehmende Sensibilität sind Teile ihrer künstlerischen Wahr heit.“ Eine Charakterisierung aus be rufenem Munde. Gisela Steinek- kert hat inzwischen öfter mit An gelika Neutschei zu tun, schreibt sie doch alle ihre Texte. Die Kompositionen stammen von Manfred Schmitz, Jürgen Ecke und Arnold Fritsch. Sanft und einschmeichelnd, zuweilen aber auch kraftvoll, umgibt diese Mu sik die tiefe, volle Stimme der ehemaligen Schauspielerin. Die Harmonie von Sprache und Mu- sik ist offensichtlich, berührt den Zuhörer angenehm. Neben der Sängerin ist das in starkem Maße ihrem Trio: Tho mas Pester am Piano, Egbert Hir seland (Oboe/Englischhorn) und Jens Naumilkat (Violoncello) zu verdanken. Letzterer spielte vor nicht allzu langer Zeit noch bei Barbara Thalheim, spürbar in diesem Programm an den In strumentalstücken mit unüber hörbarem Thalheimschen Ein schlag. Angelika Neutschei bekennt of fen, daß die Suche nach eigenem Stil, nach Unverwechselbarkeit ihrer Lieder noch lange nicht ab geschlossen ist. Sie singt von den lauten und leisen Tönen mensch lichen Miteinanders, illustriert tiefe und seichte, tragische und komische Momente zwischen Mann und Frau. Und das auf un mittelbare, manchmal schok- kierende Art und Weise. Dabei wird der Mann keineswegs in die Ecke gedrängt, abgeurteilt! Gegenseitiges Geben und Neh men, Schwächen und Freuden unabhängig von der biologischen Konstruktion stehen im Zentrum der Lieder und Geschichten An gelika Neutscheis. Eigene Le bensauffassungen und künstleri sches Wirken bedingen sich wech selseitig, sie sind zu hören bis zur letzten Zeile ihres Pro grammes: „Wenn ich ein Lied hab’ und so oft ich es sing’ lau sche ich tiefer hinein, es könnte doch etwas von mir darin sein A. TESCH Werkstattage des FDJ-Studentenkabaretts in der Moritzbastei Eine Studentenkabarettwerkstatt zum Thema „Der Kampf um die Si cherung des Friedens — seine Wi derspiegelung in den aktuellen Pro grammen der Studentenkabaretts“ veranstaltet das Zentrale FDJ- Studentenkabarett der KMU „Die Spitzhacken“ Ende November (25. bis 27. November) im FDJ-Jugend- und Studentenzentrum Moritz bastei. Zusagen für das Treffen sind bereits vom „RO(HR)STOCK“ aus Rostock, von der „Tangente“ der Martin-Luther-Universität Halle- Wittenberg und von den „SaTUri- kern“ der TU Dresden eingegangen. Erwartet wird unter anderem noch das „Prolästerrat“ der TH Magde burg. „In der Werkstatt, die wir gemein sam mit der FDJ-Kreisleitung der Uni, unserer Hauptabteilung Kultur und dem Jugend- und Studentenzen trum „Moritzbastei“ veranstalten, geht es um den spezifischen Beitrag der Studentenkabaretts bei der Lö sung der Hauptaufgabe der Mensch heit, der Erhaltung des friedens“, erklärte Volker Mörl, der Leiter der „Spitzhacken“. „Dabei steht die Ein ¬ beziehung der Friedensproblematik in aktuelle Programme im Vorder grund.“ Zur Werkstatt zeigen die Kabaretts 60-Minuten-Programme. Während der Werkstatt sind sowohl Vorstellungen als auch anschlie ßende Diskussionen zum Inhalt und zur künstlerischen Umsetzung ge plant. Foto: Archiv Auf spezifische Art den Friedenswillen ausdrücken Vor dem Konzert des Universitätschores am 17. November „Musik der Völker“ ist das A- cappella-Konzert überschrieben, das der Leipziger Universitätschor am 17. November, 19.30 Uhr, im Klei nen Saal des Gewandhauses gibt. Teils in Originalsprache werden die über 100 Sängerinnen und Sänger — fast ausnahmslos Studenten unserer Universität — Chorballaden und Lie der europäischer und überseeischer Komponisten vorstellen. Sie wollen damit, so der Leiter des LUC, UMD Prof. Dr. Max Pommer, die völker verbindende Idee der Musik demon strieren und zugleich durch eine ge zielte Auswahl der Chorwerke auf ihre spezifische Art ihren Friedens willen und ihre Friedensliebe zum Ausdruck bringen in einer Zeit, da der Frieden in der Welt bedroht ist wie nie zuvor. So wird der Chor u. a. die „Miniaturen für gemisch ten Chor“ des sowjetischen Kompo nisten Obolenski nach Texten von Puschkin und Tolstoi singen. Zu den Tolstoi-Texten gehört auch eine „Miniatur“, die von einer Glocke erzählt, die ruhig schlafen soll, aber von einer Bombe getroffen wird... Tiefe Friedensliebe spricht auch aus dem Spiritual „Deep river“, das der Chor neben anderen Spirituals zu Gehör bringen wird. Zum Repertoire für dieses Kon zert — geprobt wird erst seit Sep tember für diesen Auftritt — gehö ren weiterhin eine Chorballade von Zoltan Kodaly, drei Chöre des schwedischen Komponisten Stenhammer nach Texten des Dänen Jens-Peter Jacobsen, Debus sys Jugendwerk „Gegrüßt seist du, Frühling“ sowie weitere Spirituals und zwei Chöre aus Gershwins Oper „Porgy and Bess“. Nicht uner ¬ wähnt bleiben sollen die solisti- sehen Aufgaben, die an diesem Abend zu erfüllen sind. Heidi Reinecke, Mezzosopran, singt Zi geunerweisen von Antonin Dvorak, und die Solopartie in Debussys „Ge grüßt seist du, Frühling“ hat Dr. Beate Zimmermann übernom men. Dr. Beate Zimmermann, ein ehemaliges Mitglied des Universi tätschores, arbeitet heute am Be reich Medizin. Die Begleitung am Flügel übernahm Hartmut Eichler. Er studiert im 5. Studienjahr an der Sektion Biowissenschaften und machte bereits zur Immatrikula tionsfeier im September dieses Jah res mit einer meisterhaften Inter pretation des „Pour le piano“ von Claude Debussy auf sich aufmerk sam. Das Chorkonzert ist ein Beitrag, den der Leipziger Universitätschor in diesem Studienjahr in das Kul turleben an der KMU einbringt. Im Dezember wird wieder das Weih nachtsoratorium geboten, im Fe bruar steht eine Aufführung der ..Wahl des Herakles“ im Gewand haus auf dem Programm (wird auch auf Schallplatte eingespielt), im April singt der Chor die „Johannes- Passion“, und im Mai werden erneut die „Carmina burana“ von Carl Orff aufgeführt. Weiterhin stehen Schallplatteneinspielungen sowie eine Fernsehproduktion der „Jo hannes-Passion“ von Bach auf dem Plan. .Zunächst aber allen Sängerinnen und Sängern des LUC unter Leitung von UMD Prof. Dr. Max Pommer viel Erfolg für das Konzert am 17. November. GUDRUN SCHAUFUSS Schiller-Ehrung 1984 Einladung zu einem Preisausschreiben 1984 jährt sich der.Geburts tag Friedrich Schillers zum 225. Mal. Sein Werk hat einen festen Platz auf den Spielplä nen der Theater, an den Schu len und Universitäten, in Kunst und Wissenschaft. In seiner Lyrik und Drama tik wie in den ästhetischen und historischen Schriften stellte er sich den großen Fra gen des ausgehenden 18. Jahr hunderts nach der Bestim mung des Menschen und dem Fortgang der Geschichte im Zeichen der bürgerlichen Re volution. Wie erleben und verstehen heutige Leser Friedrich Schil ler? Welche Rolle spielt sein Werk in unserem geistigen Le ben? Wir möchten gern anregen zum Nachdenken und zum Schreiben. Die Arbeiten sollen nicht über 15 Seiten lang sein und bis zum 1. Juli '1984 an der Sektion Germanistik und Li teraturwissenschaft einge reicht werden. Die drei be sten Arbeiten werden mit 400, 300 und 200 Mark prämiiert. Es ist beabsichtigt, sie in ge eigneter Form zu veröffentli chen. Terminänderung für Schriftstellerlesung Die für den 24. November im Zyklus „Schriftstellerlesungen“ vorgesehene Veranstaltung mit Irmtraut Morgner wird auf den 1. Dezember verlegt. Die Veran staltung beginnt an diesem Tag 19.30 Uhr im Hörsal 19. „Karl Marx’ Lehre - voller Lebenskraft und Aktualität“ Sprachwettbewerb ausländischer Studenten und Aspiranten aus der UdSSR und der VDR Je- Die Abteilung Deutsch für Fort geschrittene des Herder-Institutes führte im Frühjahrssemester 1983 in Zusammenarbeit mit dem Direkto rat für Internationale Beziehungen und dem ISK einen Sprach Wettbe werb ausländischer Studenten und Aspiranten durch. Unser Wett bewerb stand unter dem Motto: „Karl Marx’ Lehre — voller Lebens kraft und Aktualität“. Daß dieser Wettbewerb auf reges Interesse stieß, beweist die hohe Teilnehmerzahl. Es waren 51 Teil nehmer. aus 23 Ländern, darunter Studenten aus Äthiopien, Brasilien, Chile, der CSSR, aus Kuba, Grie chenland, Madagaskar, Namibia, men.. Die eingereichten Arbeiten reichten von der theoretischen Er örterung bis zu Gedichten und Er lebnisberichten. Dank der Unterstützung' des Di rektorats für Internationale Beziehun gen konnten die besten Arbeiten mit Bildbänden und Bücherschecks ausgezeichnet werden. Auf einer Ex kursion nach Grimma, der Wir kungsstätte des Klassikerverlegers Göschen und des Arbeiterführers Ernst Schneller, fanden sich alle Wettbewerbsteilnehmer mit ihren Deutschlehrern und einer Vertre terin des Direktorats, Frau . Hacke thal, zusammen.. Die besten Arbei ten wurden vorgetragen, und die Wett bewerbssieger wurden ausgezeich net. Gewonnen aber hatten eigent lich alle Beteiligten — Studenten, Aspiranten wie Lehrer. Die nach stehende Arbeit soll einen Eindruck vom Geist des Internationalismus auf der Grundlage der Marxschen Lehre vermitteln, der den Wett bewerb prägte. ANNEROSE BUSCHA Dario Canale aus Brasilien beteiligte sich mit folgendem Beitrag am Sprachwettbewerb: Für Karl und es wurde klar, Daß auf dieser Erde Gerechtigkeit fehlte, das wußten wir wohl und dafür brauchten wir gar keine Propheten. Daß kein lieber Gott zur Ausbeutung auf ewig den Mensch verurteilte, das hatten schon mehrere Weise gesagt. Daß dem Menschen der Mensch behilflich sein konnte, davon träumte man immer und im Klassenkampf dafür fielen Millionen. Da erschien plötzlich ein Mann,’ der sägte: In der Praxis muß der. Mensch die Wahrheit seines Denkens beweisen, umwälzende Praxis! Es kommt darauf an, diese Weltzu verändern! So sagte erund zeigte, wie das System der Ausbeutung wirkt. Und er fügte hinzu, . die Ausbeuter erzeugten , ihre Totengräber: also vereinigt euch Proletarier der Welt! Die Revolution wurde ■ durch ihn eine Wissenschaft was und wie zu tun war, um die Macht zu erobern, Er rührte,, als erster, an.den.Schlaf der Welt. Das Gespenst wurde Massen, die den‘Himmel erstürmten — siegreiche Titanen. Er ebnete uns den Weg zu den Sternen. Wir müssen. ihn: ehren mit unseren Taten: ' wir 1 assen uns ein, . um d ie f ins teren U rzeiten schließlich wegzufegen, . und wir greifen zum Hammer, zur Sichel, zur Feder, zum Gewehr, zur Machete! Das humanistische Erbe aufarbeiten und bewahren Gedanken zur Luther-Rezeption heute „In der Reformation erblicke ich ,den Ruck nach links 1 , in Lu ther den damaligen mutigen so- zialistischen Geistlichen, der un ter Einsatz seines Lebens für seine Überzeugung kämpfte und dem Katholizismus die schlimm sten Giftzähne (Ablaß usw.) aus brach.“ Paul Piechowski, nam hafter Vertreter der proletarisch orientierten Bewegung „Religiö ser Sozialisten“, gab diese Mei nung eines Arbeiters in seinem 1927 erschienenen Buch „Prole tarischer Glaube“ wider, in dem Antworten sozialdemokratischer und kommunistischer Proletarier auf Fragen nach Religion und Kirche, nach Bibel und Jesus Christus enthalten sind (1). Auch wenn diese Aussage eine sehr vereinzelte und zudem ex treme Ausdeutung Luthers dar stellte, so war doch eben viel an andersgefaßter Mühe und Schwierigkeit in der revolutio nären Arbeiterbewegung, nicht nur in den zwanziger Jahren, beim Umgang mit dem Reforma tor. Schließlich sah man sich stets in der Situation, Luthers Person und Lehre in Konfronta tion mit dem reaktionären Ge schichtsbild erfassen zu müssen. Doch die einfache Konstatierung von im Vergleich zum heutigen Luther-Bild verschiedenen Auf fassungen vermag nur jenen Be weisgründe zu liefern, die darauf aus sind, uns konjunkturelles oder gar unehrenhaftes Verhal ten zu diesem großen Deutschen vorzuwerfen. Unser Geschichtsbild hat sich in den ideologischen und weltan schaulichen Kämpfen zu bewäh ren und gewinnt um so mehr an Glaubwürdigkeit und marxisti scher Identität, desto weniger es die ökonomischen und geistigen Umfelder seines Werdens sowie die „Geburtswehen“ und „Kin derkrankheiten“ verschweigt. Eine problemarme Darstellung birgt stets die Gefahr, daß wir nicht mehr zu überzeugen ver stehen. Denn: Die Erarbeitung des marxistischen Geschichtsbil des vollzieht sich in einer Ein heit von kontinuierlichen und diskontinuierlichen Momenten. Die Arbeiterklasse in Deutsch land am Ausgang des 19. Jahr hunderts mußte ihren Kampf auch gegen jene führen, die, sich auf Luther berufend und sich in seiner Nachfolge sehend, das Bündnis zwischen Thron und Al tar zu zementieren suchten. Zwei fellos hatten dadurch in der Aus einandersetzung mit dem Erbe Luthers jene Aussagen in seinem Schaffen eine Rolle zu spielen, die diese Rechtfertigung ermög lichten bzw. zu erleichtern schie nen. Dazu kam, daß am Ende des vergangenen Jahrhunderts viele Bemerkungen von Karl Marx und Friedrich Engels zu Luther (sieht man einmal vom „Deut schen Bauernkrieg“ ab) noch weitgehend unerschlossen wa ren. Und immer wieder bemüh ten sich reaktionäre Kräfte in Deutschland glaubhaft zu ma chen, in Lutherischer Tradition zu stehen. Zudem darf nicht ver gessen werden, daß eine Ursache für Schwierigkeiten marxisti scher Rezeption in. Person und Lenre Martin Luthers selbst, ih ren ideologischen und weltan schaulichen Komponenten und Widersprüchen, bestand und auch heute besteht. Und noch ein Tatbestand spielte eine Rolle: nämlich die Produktivität Luthers sowie die seiner Rezipienten. Die bekannte „Weimarer Ausgabe“ der Werke des Reformators umfaßt immer hin über 100 (!) dicke Bände. Und Hunderte von Büchern er scheinen jährlich zu Luther, sei nem Wirkungsfeld, seiner aktuel len Geltung. So war zweifellos umfassendes und genaues Quel lenstudium eine ungemein wich tige Voraussetzung für unser heu tiges Bild von Martin Luther. Im mer mehr und deutlicher vor al lem konnten in der marxisti schen Geschichtswissenschaft und der Propaganda die Aussa gen gerade von Lenin zur Auf arbeitung des humanistischen Er bes in Auseinandersetzung mit Erscheinungen des „Proletkults“ und der „Bilderstürmerei“ im frühen Sowjetrußland (er wandte sich dabei in sehr schar fer Form gegen jene Funktionäre der Bolschewiki, die das Erbe ge ringschätzten oder sogar geistige Kultur erst, mit dem Entstehen der Arbeiterklasse oder dem So zialismus datierten) erfaßt wer den. „Die proletarische Kultur“, so Lenin, „fällt nicht vom Him mel, sie ist nicht eine Erfindung von Leuten, die sich als Fach leute für proletarische Kultur be zeichnen. Das ist alles komplet ter Unsinn. Die proletarische Kultur muß die gesetzmäßige Weiterentwicklung jener Summe von Kenntnissen sein, die sich die Menschheit unter dem Joch der kapitalistischen Gesellschaft, der Gutsbesitzergesellschaft, der Beamtengesellschaft erarbeitet hat. All diese Wege und Pfade führten und führen zur proleta rischen Kultur ...“ (2) Doch wo nun, so sollte man fra gen, vermögen sich marxistische Bemühungen um Karl Marx und um Martin Luther in’ Jahre 1983 zu begegnen? Es ist, wie mir scheint, namentlich das Feld des Kampfes um den Frie den, das Ringen um die Verbrei tung jener Kräfte, die eben für den Frieden und seine Festigung auf Dauer im Drängen und zum Tun bereit sind. Allerdings be darf wohl dieser Gedanke in zu mindest zweifacher Hinsicht einer Erläuterung, soll er nicht aufgesetzt und vordergründig er scheinen. Erstens: Für Martin Luther stellt die Bibel einzige Glaubens autorität dar und nur das darf, nach seinem Verständnis, als christlich gelten, was durch sie belegt und gerechtfertigt wird. (3) Zentrale Bekenntnisgröße im christlichen Glauben ist bekannt- lieh Jesus Christus, durch den nach den im Neuen Testament überlieferten Vorstellungen Gott seine Nachricht an die Menschen gesandt hat und ihnen damit Hoffnung und Sinn für ihr wei teres Dasein als Menschen ver lieh. Dabei nimmt die Bergpre digt von Jesus (4) insofern eine besondere Stellung ein, da mit der in ihr hervorgehobenen Se ligpreisung der Armen, Bedrück ten und Hungernden, der Bot schaft vom Frieden und dem Ge bot der Liebe des Nächsten all gemeine Hoffnungen und Nor men für das soziale Tätigsein eines jeden Christen formuliert sind. Dies gehört heute zum hu manistischen Erbe, ist Bestand teil der Weltkultur und schließ lich, hier nur wissenschaftlich und mit den realen Vorausset zungen und Wegen bezeichnet ein Grundanliegen des Kom munismus. Wir können dies des halb so geltend machen, da der Marxismus als weltanschauliche Theorie der Arbeiterklasse al die wertvollen Erkenntnisse und Vorstellungen im Verlaufe bis heriger Menschheitsentwiekluns in sich auf nimmt. Denn: Schließ' lieh ist es doch gerade die Arbei terklasse, die als einzige Kraft der Geschichte die Klassen schranken zu überwinden in der Lage sein wird und sich damit „zum sozialen Träger eines kon sequenten Humanismus“ (5) ent wickelt. Zweitens: Fast ausnahmslos alle evangelischen Kirchen und Religionsgemeinschaften in der DDR suchen und finden sich in unmittelbarer lutherischer Her kunft. Dies betrifft auch die Auf fassungen des Reformators zum Frieden und sein oft wider sprüchliches Mühen um ihn Man darf wohl sicher nicht je nach Belieben diesen oder jene” Satz von Luther aus dem histo rischen Zusammenhang reiße 11 und ihn einfach für die Gegen, wart plazieren: Martin Luthe* ging es vor allen Dingen um die Kennzeichnung des biblische 11 Friedenszeugnisses und dessel Beziehungen zu den historische 11 Ereignissen seiner Zeit. (6) Nur unter Beachtung dieser Un stände wird überhaupt das Ver ständnis seiner Lehre vom Frie den. so meine ich, für Christen wie auch Marxisten ermöglicht. So ist das Karl-Marx-Jahr m E. auch Zeit erneute' Bewährung der Marxschen Theo rie auch hier, die sich eben in il rer aktuellen Gültigkeit darin er weist, indem sie in Marxscher L nie herangereifte Probleme aul greift und um deren Lösuns ringt, und das Karl-Marx-Jal ist Zeit der Bewährung unser® praktisch-politischen Bündnii. vermögens, indem wir gemein sam mit allen friedliebende Kräften die Stationierung neue US-amerikanischer Raketen D Europa zu verhindern trachten. ROLAND KRAYEB Anmerkungen: (1) P. Piechowski; Proletarische Glaube. Berlin 1927, S. 185. (2) W. I. Lenin: Rede auf de: III. Komsomolkongreß. 1 Werke, Bd. 31. S. 276. (3) J. Rogge: Martin Luther. Sep Leben — seine Zeit — seine W" kungen. Berlin 1982, S. 7 f. a (4) Die Bibel. Matthäus 5—7 UP Lukas 6, 17—49. . (5) Thesen des ZK der SED zU ’ Karl-Marx-Jahr 1983. In: Neus Deutschland vom 1. Dezemb “ 1982, S. 3 u (6) Vertrauen wagen. Berlin Un Altenburg 1982, S. 34-37. Mart" Luther — Taschenausgabe. Bd. ‘ Christ und ‘ Gesellschaft. Ber 1982.