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Sturz in den Tod Premiere von Felix Mitterers Monolog „Sibirien“ im Schauspielhaus „Dazu steh' ich ganz einfach, daß ich in die Herzen der Menschen kommen will“, bekennt Felix Mitterer und schreibt über diejenigen, die solches kaum schaffen. Er schreibt über die, die draußen stehen, die Schwachen, die Zukurzgekommenen, die Alten. Der österreichische Autor wurde 1948 noch vor seiner Geburt an ein Land arbeiterehepaar verschenkt. „I war fremd in der Welt und hab' mich oft woanders hin- gwünscht.“ Arbeit und Leben auf den Berg- Autor Felix Mitterer bauemhöfen waren hart, noch ohne Touris mus und Traktor. Und so träumte Felix Mit terer vom Kino, vom Schreiben ... Später wird er Zollbeamter und träumt weiter. Ir gendwann schreibt er ein Hörspiel nach ei ner wahren Zeitungsgeschichte: Ein Behin derter wird aus dem Lokal geworfen, da er dem Fremdenverkehr schaden könnte. 1977 wird „Kein Platz für Idioten“ vom ORF ur gesendet. Felix Mitterer schreibt weiter, Hörspiele, Stücke, Femsehserien, und er schreibt 1989 „Sibirien“, einen Theatermo nolog. In die Herzen der Menschen möchte auch der Mann, doch wird er es nicht schaffen, denn er ist alt, er ist krank, und er ist wie al le alten Leute. Er stürzte nach unten, ver letzte sich Becken und Beine und kommt in ein Pflegeheim zum Davongehen.Und das ist seiner Familie wohl so auch recht. Die Diagnose der Ärzte ist seinem Befinden stets jenen Schritt voraus, der ihn unmündig macht, fesselt. Nach Krieg, Sibirienlager und einem arbeitsreichen Leben wird der al te Mann „am Ende eingesperrt wie ein wil des Tier“. Um diesen Käfig zu öffnen, „braucht ein alter Mann Geld“ zur Beste chung von Schwestern, Ärzten oder Mas seusen. Doch in der Hoffnung, zu Haus und Hund gelangen zu können, vergab er Spar buch und Pension an die Familie. So wird es kälter als beim Feind in Sibirien. Ohne gut Freund, auf sich gestellt, ohne Unter haltung und helfende Worte wird es für den alten Mann ein quälendes Sterben. Nein, fremd ist uns solche Geschichte nicht. Abergeht sie uns an? Gefördert durch Eigenständigkeit, Wohlstand und Minifa milie ist menschliches Teilnehmen geringer geworden. Wir wissen um die Überforde rung von Ärzten, Pflegepersonal und Medi zin. Wir kennen die Streitsucht, Intoleranz und das Unverständnis der Alten. Wir wis sen, und wir sind machtlos ob der eigenen Angst, unseres Unvermögens, dem entge genzustehen, jenen und uns zu helfen. So lange uns Krankheit, Alter und Tod nicht be treffen, funktioniert die Verdrängung. Und da es uns noch nicht betrifft, sind wir be troffen, doch nicht getroffen genug - bis es uns trifft. Ja, um das Thema wissen wir wohl. Lehr- Regisseur und der Alte Mann: Hans-Joachim Hegewald. Foto: Winkler und andere Bücher verzeichnen den psy chologischen Notstand. „Ich freue mich als Autor, wenn ich etwas mache, was die Men schen berührt, auch wenn es manchen weh tut, aber Theter soll ja auch weh tun, es soll die Menschen nicht gleichgültig lassen“, meint Felix Mitterer. Es gilt, den Tod vom Klinisch-Sterilen wieder ins Leben zu ho len. Es ist an der Zeit, über dieses Thema zu sprechen. Dazu fordert Mitterers Stück qualvoll heraus, hart und ohne Ressenti ments. Konfrontation. Hauptdarsteller und Regisseur Hans-Joa chim Hegewald inszenierte sich den Mono log des alten Mannes im Hemd 302 in den Leib. Einfühlsam, nuancenreich, sensibel trifft er die Töne zwischen Verleugnung, Zorn, Verhandeln, Trauer und Annahme. Die fünf Phasen des Endspiels nur unter brochen durch das Saxophon Michael Brei tenbachs. Dankbare Pausen. Hegewald läßt den Alten nie ins Lächerliche, Seichte, nur Bemitleidenswerte fallen. Er lotet die Psy ¬ che am Lebensende von einem jener, die hilflos ausgeliefert dem organisierten Me chanismus des Sterbens. Der alte Mann stirbt, wir sind dabei als stumme, überfor derte, machtlose Partner. Wir sind anwe send, Hörer und Zuschauer. Anwesend wie auch die klinische Schwester (Sylva Schüler), welche romanlesend fast ebenso stummdas Sterben begleitet. „Ich mag ihn“, sagt sie ein einziges Mal und meint schon Verstorbene. Die Kunst des Sterbens im heutigen Zeitalter. Weiß gekachelte Sauber keit auch das Bühnenbild von Axel Pfeffer korn. Leben, wo gestorben wird. „Die Themen meiner literarischen Ar beit“, so Felix Mitterer, „sind die Anderen, die Außenseiter, die Ausgestoßenen.“ In Fassbinders „Katzelmacher“ waren diese jung, bei Mitterer alt. „Ich bin ein Mensch, ich bitte das zu beachten!“ fordert der Ster bende. Dem ist nichts hinzuzufügen. HENNER KOTTE Allein in den 80er Jahren wurden mehr Platten der legendären Rockgrup pe „The Doors“ verkauft als noch zu Lebzeiten ihres Songwriters Jim Mor rison. Dessen Todestag jährt sich am 3. Juli zum 20. Male, und es steht zu ver muten, daß der sowieso nie abreißende Strom der Pilger an Morrisons Grab auf dem Pariser Prominentenfriedhof Pere Lachaise noch einmal kräftig an schwellen wird. Und es ist nicht nur Doors-Nostalgie, die Tausende ma gisch anzieht, nicht nur der Rock 'n’ Roll-Star Jim Morrison, es ist vor allem auch der Mythos elher Zeit des Auf- und Ausbruch, einer Zeit der Flower-Power, der freien Liebe und der Rebellion gegen alles, was „ordent lich“, „sauber“ und etabliert war. Inso fern stand und steht der Name Jim Mor rison als Synonym für Protest und Auf lehnung, avancierte er nach seinem Tod zum Idol einer ganzen Generation. Das Projekt des Films geisterte 15 Jahre lang durch die Chefetagen der Hollywood-Studios. Genauso viele Schauspieler waren für die Rolle des Doors-Frontman im Gespräch wie Re gisseure interessiert. Letzlich erhielt der dreifache Oscar-Preisträger Oliver Stone („Platoon") den Zuschlag; und mit ihm wohl einer, der sein Handwerk versteht und zudem auch der Genera tion Morrisons angehört. Der genau wie er aufwuchs in einer „guten amerika nischen“ Familie, in Zeiten einer boomenden Wirtschaft, die Amerika ei nen nie wieder erlebten Wohlstand be scherte. Autoritäre Erziehung, „Sau berkeit und Ordnung“, geistige Enge, kombiniert mit materiellem Wohlstand, Staatsfeind und Protagonist einer musikalischen Revolution Oliver Stone inszenierte die Geschichte der „DOORS“ The Doors im Film: (v. I. n. r.) Ray Manzarek (Kyle MacLachlan), Robby Krieger (Frank Waalay), John Densmore (Kevin Dillon) und Jim Morrison (Val Kilmer). Foto: Columbia Tri-Star bereiteten den Boden, auf dem die im mer stärker werdende Ablehnung des Statuas quo durch die Jugend wuchs. Vietnam war nur noch der letzte Anstoß zur Rebellion. Stone, das ist nicht abzustreiten, ver sucht im Film, hinter dem Mythos Jim Morrison den Menschen zu finden. Handwerklich perfekt, wie gesagt. Schon die erste Einstellung hat sugge stive Kraft; unterlegt mit „Riders On The Storm“, werden wir Zeuge eines Verkehrsunfalles in der texanischen Wüste, sterbende Pueblo-Indianer lie gen im Staub der Straße. Der 5jährige Jim ist Zeuge, und später behauptet er immer wieder, daß die Seele von einem der Indianer in ihn übergegangen sei. Kunstvoll von Stone in die Handlung integriert, verfolgt dieser Schamane Morrisons Leben voll selbstquäleri scher Zweifel, Alkohol- und Drogen exzesse, Sexorgien. Ständig auf der Su che. Nach dem, was zwischen Leben und Tod liegen soll. Wuchtig und mit reißend setzt Stone die untergründige Aggressivität der Doors-Konzerte in Szene, findet stilisierte Bilder für Dro gentrips in die Zwischenwelt. Das Leben des Doors-Sängers läuft vor der Kamera ab. Wird von außen ge filmt. Und so bleibt der Film trotz her vorragenden Spiels von Hauptdarstel ler Val Kilmer, trotz des beeindrucken den Sounds, der Kraft der Bilder, ir gendwie kühl und distanziert. HOLGER GÖPEL UZapfen: WIE GEHTS UNS DENN HEUTE BITTE? Zum aktuellen Problem des Lebensstan dardgefälles von West nach Ost starteten wir kürzlich eine breite Umfrage, deren Er gebnis wir dem geneigten Leser nicht vor- enthalten wollen. Noch bevor wir einen gewöhnlichen Mit bürger konsultieren, holten wir uns Rat bei Vater Kanzler, welchen wir bei unserem Ein treffen aus der Mittagsandacht rissen, die er in der Gewißheit, damit den Menschen dienen zu können, tagtäglich abhält. Ver ständlicherweise war er deshalb ob der Störung etwas ungehalten. „Demonstrationen sind wieder in Mode gekommen, so, so! Was will man denn? Bei mir ist noch kein Deutscher verhungert! Na gut, etwas Jogging dient der Gesund erhaltung meines Volkes, und die sind doch wohl noch nicht allzu flink, wie?" (Er tät schelte sich nachdenklich den Schenkel.) „Ja, ich verstehe das schon. Diese Stadt- rundgänge sind für nicht wenige die einzi ge Möglichkeit, innere Probleme vom Licht der Öffentlichkeit bescheinen zu lassen und als sozial getarnte neurotische Ängste aus zuagieren. Ich für mein Teil gehe auch hin und wieder auf die Straße. Das können Sie ruhig wissen! Aber ich tu es natürlich ganz privat. “ Durch diese Worte ermuntert, be fragten wir nun die reale Bevölkerung. Herta M., Hausfrau: „Freilich - ich ge he auch oft demonstrieren. Wenn dann der Zug an der Sparkasse vorbeimarschiert, kann man sich in der Menge unbemerkt an der Schlange vorbeidrängeln und schnell reinhuschen! " Robert A. M„ übergesiedelter Ge schäftsmann: „Mir geht es richtig gut. In nerhalb meiner Intimsphäre. Aber wenn ich die Nase zur Wagentür rausstrecke, bekom me ich Pickel. Und das ist schließlich auch nichts Erfreuliches!“ Irmgard S., Nutte: „Ja, es ist schon schlimm. Strapse werden auch immer teu rer. Vielleicht lerne ich ja bald einen reichen Mann kennen. Ob man wohl Herrn Kohl in dieser Angelegenheit um Hilfe bitten kann? Oder vielleicht auch ..." Peter H., politisch Taubstummer: „Ich weiß gar nicht, was Sie wollen!“ Gerd G., Arbeitsloser: „Sehen Sie, jetzt muß ich nicht mal mehr Alimente bezahlen, und dabei leb’ ich doch noch mit Uschi zu sammen, aber greifen Sie mal einem nack ten Mann in die Tasche. Was, frieren? Wie so? Es geht doch auf den Sommer zu!“ HerbertaL., Polizistin: „Seit wir die hüb schen Hüte haben und damit sexy aussehen, macht die Arbeit richtigen Spaß. Wissen Sie, der Knüppel ist doch gar nicht so schlimm. S.-M. wird ja auch immer populärer!“ Manne K„ Angestellter: „Wenn mich mein Chef heutzutage nicht entläßt, weiß ich, daß er mich leiden kann. Früher war das anders, da waren die Menschen nicht so offen zueinander. “ Gitte Qu., Studentin: „Zum Studium wer den wir jetzt ganz toll angespornt. Wenn uns das BaföG wie ein Köder vor der Nase her umbaumelt und wir's nicht so richtig krie gen können, geht die Arbeit natürlich viel flotter von der Hand bzw. durch die Rübe. “ Leonhard R., Pförtner: „Meinen Sie mich? Wieso Verschlechterung? Früher mußte ich zur Pförtnerloge herausrufen: Das war hier schon immer so! und heute: Das ist drüben so üblich! Wenn Sie nach zählen, ist das jeweils dieselbe Silbenzahl, ich strenge mich also keineswegs mehr an als vorher!“ Wir können daraus nur schlußfolgern, daß sich unsere Menschen bemühen, das Le ben eines wahren Deutschen zu leben, was ihnen (und dabei seien unsere Vorbilder drüben freilich nicht mitgemeint) eben nur noch nicht so richtig gelingt. Aber wirschaf fen’s schon! A. HÄNSEL Zum Verständnis: Da sein Gesicht sich durch die Mittagsandacht etwas in Unordnung befände, bat er uns, es wegzulas sen, und ein Repräsentant plädiert allemal für das Richtige; 2. v. I. Robert A. M.; 3. v .1. Irmgard S.; 4. v. I. Peter H. Weitere kostenlose Angebote für arbeitslose Leipziger Die Arbeitslosigkeit für zunehmend mehr erwerbswillige Menschen in den neuen Bundesländern ist bittere Realität geworden. Alle Aussichten deuten darauf hin, daß die Talsohle dieser Entwicklung noch keineswegs erreicht ist. Es steht außer Frage, daß die Erwerbslosen selbst, und mit ihnen Träger unterschiedlicher In itiativen, nur über geringe Erfahrungen im Umgang mit der Arbeitslosigkeit und ihren sozialen, psychologischen und psy chischen Auswirkungen verfügen. Welche Argumente waren es, die das Institut für Körpererziehung der Univer sität Leipzig veranlaßten, interessante und insbesondere kostenlose Sportangebote für arbeitslose Mitbürger zu unterbreiten: 1. In den Krisenjahren 1931/32 initiier te Hermann Alt rock, ehemaliger Direktor des In stituts für Lei besübungen der Universität Leip zig, Kurse für ar beitslose Frauen und Männer jeden Alters, um die psychische und physische Not lindern zu helfen. Die freiwillige und kostenlose Teilnahme' von ca. 1200 Teilneh mern pro Woche in einem breitge fächerten Ange bot zeigt, welch großartigen Widerhall diese Aktion fand. 2. Es wird als einigermaßen gesichert angesehen, daß sportliche Aktivität die aus Arbeitslosigkeit und Berufsnot resul tierenden Beeinträchtigungen zumindest lindem hilft. Nicht zuletzt der Gedanke, arbeitslosen Mitbürgern eine Form der Freizeitgestaltung anzubieten, die auch Geselligkeit, Gedankenaustausch und da mit Abwechslung beinhaltet, führt zu die sem als flankierende soziale Maßnahme angelegten Sportangebot. Im Dezember 1990 waren es vorerst 4 Angebote, die unter Leitung erfahrener Sportlehrer unerbreitet wurden und wei terhin im Sportobjekt Fichtestraße statt finden: - Selbstverteidigung einfach erlernt (Die. 8.30- 10.00 Uhr) - Spiele und Spielen nach Wunsch (Mi. 11.30- 13.00 Uhr) - Fitneßgymnastik (Mi. 11.30- 12.30 Uhr) - Schwimmen nach Wunsch (Fr. 10.00- 11.00 Uhr) Die Resonanz in der bisherigen Lauf zeit ist ermutigend und veranlaßte die In itiatoren, Freiluftangebote in Anbetracht der wärmeren Witterung vorzubereiten. Die materiellen und personellen Gege benheiten ermöglichen es, über weitere 4 Angebote zu informieren: - Rudern für jedermann (Mo. 14.00-16.00 Uhr; Bootshaus Uni Leipzig, Mainzer Str. / Ecke Moschelesstr.) - Kanu nach Wunsch (Mi. 14.00-16.00 Uhr; Bootshaus SC DHfK, Klingerweg / Straßenbahnlinien 1 und 8 - Richtung Schleußig) - Triathlon für Ein steiger (Die. 14.30 - 16.00 Uhr; Institut für Körpererzie hung, Stieglitzstr. 40) - Spiele im Freien (Mo. 14.30 - 16.00 Uhr; Sportob jekt Wettinbrücke, Marienweg 2 / Stra ßenbahnlinien 10, 11,28 - Richtung Wahren) Beginn der neuen Angebote: ab 6. Mai 1991 Auskünfte erteilt das Institut für Körper erziehung, Stieglitzstr. 40, 7031 Leipzig, Tel. 47 47 56. Natürlich kann nicht übersehen werden, daß Sport und sportliche Aktivitäten kei ne Lösung des Problems Arbeitslosigkeit herbeiführen können - immerhin ist das Angebot eine Antwort auf die Forderung, daß gesellschaftliche Verantwortungsträ ger Unterstützung für die Wiedereinglie derung in den Arbeitsprozeß leisten sollen - so gesehen also eine Reaktion auf den aktuellen Bedarf! Edvard Grieg und Leipzig Symposium an der Musikhochschule Zur Vorbereitung der Jubiläen des Gewandhausorchesters, des Leipzi ger Konservatoriums sowie des nor wegischen Komponisten Edvard Grieg im Jahr 1993führte die Hoch schule für Musik „ Felix Mendelssohn Bartholdy“ unter der Leitung von Dr. sc. Johannes Forner und Prof. Nils Grinde am 10. und 11. Mai 1991 ein Symposium durch, das maßgeblich auch von Wissenschaftlern der Osloer und der Leipziger Universität mit gestalt et wurde. Im Mittelpunkt standen dabei die knapp 4jährige Ausbildung Griegs am Leipziger Konservatorium sowie aktuelle auf führungspraktische Fragen der vom Komponisten selbst verworfenen frühen c-Moll-Sinfonie und außer dem der 1988 editorisch neu aufbe reiteten Peer-Gynt-Musik, auf die Kurt Masur und das Gewandhausor chester bereits 1982 in einem experi mentellen Konzert aufmerksam ge macht hatten. Auf der Basis ihrer 1990 im Leipzi ger Reclam-Verlag erschienenen Grieg-Biographie sowie des vor 5 Jahren in New York aufgetauchten Briefwechsels des Komponisten mit dem Leipziger Verlag C. F. Peters un tersuchte Prof. Hella Brock Textzita te aus deutschen Liedern, die Grieg ohne Kennzeichnung in seine Schrei ben einfließen ließ, während sich Prof. Dag Schejelderup-Ebbe, Dr. Joachim Reisaus und Kjell Skyllstad mit der Äußerung Griegs auseinan- dersetzten, „daß ich das Leipziger Konservatorium ebenso dumm ver ließ, wie ich hineingekommen bin“ und „wo ich auch gar nichts gelernt habe Wertvolle analytische Befunde zu Strukturen norwegischer Musik und deren Wechselwirkung mit dem Leip ziger Musikleben lieferten vor allem Prof. Finn Benestad, Dr. Häns-Joa- chim Köhler und Dr. Thomas Schinköth, so daß Impulse für künfti ge Vergleichsstudien ausgelöst wur den, die bis an die Gegenwartsmusik heranreichen sollen. Dr. CHRISTOPH SRAMEK Hoch lebe die Ironie! Dienstagabend: Ahnungslos und be stens gelaunt frohlocke ich CADAVRE EXQUIS (Berlin) entgegen. Das Prologstück verschleiert Duftnebel und Zigarettenqualm. Da hebt sich der Schleier, und der Stimmgeber fällt aus. Nein, kein technisches Problem, ein rein biologisches. Das war das erste traurige Kapitel des Konzertes. Zwei Stunden später. Der überspann te Sänger ist wieder in Ordnung. Er voll führt den „sputnic dance“, noch etwas schlapp und fra gend. Er gibt „Mo- onmania“ geist reiche Vokabeln. Fast hat er es ge schafft, die Zwei- Stunden-Störung vergessen zu ma chen. Doch dann frönt der Stimmge ber seinem gebro chenen Herzen und oper-iert, daß man es nicht mehr klop fen hört, obwohl sein Herz gesund ist. Er dirigiert hochmütig beseelt alles, gerade noch Ver kraftbare, Sentimentale. Die Stimme be wegt sich abstrakt, Grillengezirpe vom Computer, der Bassmann belöffelt die Gi tarre. Alles zusammen nennt sich „Afri- ca“, und entstehende Gefühle gleichen de nen einer Visualisierung. Die Musik ist besonders. Dekorativ. In tellektuell. Manchmal witzig, oft melan cholisch, meist realfem, immer ironisch. Sie erzeugt eine Stimmung, die die einen ablehnen und die anderen lieben. Das zweite traurige Kapitel des Kon zertes bildet gleichwertig mein (er)nüch- ternes Nachwort: Vor gerundet anderthalb Jahren bewegte ich mich extra für CA DAVRE EXQUIS in die Westberliner Vil la. Zu ihrem vielge priesenen Musikthea ter. Das Bühnenbild war phantastisch. Ich genoß die sowohl ra tional als auch emotio nal vollendete Verbin dung von Musik mit Spiel und Malerei. Ei ne Performance sol cherart erlebte ich der zeit das erste Mal, und ich ließ mich selten so begeistern. Nun end lich (nach dreimaligem Versuch) in Leipzig an gekommen, enttäusch te C. E. mit ihrem neuen Programm mei ne wolkenkratzerhohen Erwartungen. Das Buch CADAVRA EXQUIS ist al so erst einmal ausgelesen und zugeklappt. Hoffentlich können - möglichst bald - al le C.E.-Verehrer einen neualten Band aut- schlagen. MARION KLUTH REPORT fE bastei±