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Beilage Zm Wettzeritz Hettung Nr. 296 Sonnabend, am 21. Dezember 1929 95. Jahrgang Scherz und Ernst. tk. Butter unv Schinken al« Zeitungsgeld. Auch die heute so mächtige amerikanische Presse hatte eine Zeit, in der sie mit allerlei Geldkalamttäten zu kämp fen hatte. Im „New York Weekly Journal" vom 25. Fe bruar 1751 veröffentlichte der Verleger C. P. Zenger auf der ersten Seite der Zeitung folgenden Aufruf. „Ich ersuche die sehr geehrten Herren Abonnenten, ihre Abonnementsgelder möglichst bald an meine Adresse senden zu wollen. Sollten Sie dennoch nicht zahlen, so wäre ich gezwungen, Ihnen mein Blatt nicht weiter zu senden und die schuldigen Beträge auf gerichtlichem Wege einzutreiben. Ich habe einige solcher Abonnen ten, die schon seit sieben Jahren keinen Cent bezahlt haben. Wahrlich, diese Herren könnten mit uns armen Redakteuren mehr Einsicht haben. Sie können es mir glauben, ich schreibe die volle Wahrheit. Allerdings, ich weiß nur zu genau, daß nicht alle Abonnenten über bares Geld verfügen, aber ... ich wäre auch geneigt, Lebensmittel in Zahlung zu nehmen. Ein wenig Mehl, Schinken, ein kleines Quantum Butter sind mir sehr willkommen. Ich erwarte also von den sämtlichen Zah lern Geld oder Lebensmittel. Hochachtungsvoll: Zenger." Mein Innerstes bleibt immer ewig allein der heiligen Liebe gewidmet, die nach und nach das Fremde durch den Geist der Reinheit, der sie selbst ist, ausstößt und so endlich lauter werden wird, wie gesponnen Gold. Goethe. Verbindungs-Aufgabe. Tor Blatt Magd Weiß Haut Feind. Jedes der vorstehenden Wörter soll durch Borsetzen eines der nachfolgenden zu einem neuen, und zwar Doppel- wort umgewandelt werden. Ist die Verbindung richtig erfolgt, ergeben die Anfangsbuchstaben, zusammengestE, einen Teil des Kirchenjahres. Au Deck El Netz Tod Vieh. Bilder-Rätsel. Silben-Rätsel Aus oen 27 Silben: , „ a cd droh e e eil «n fi fir ka kroe las ma mel nan nau ne ne nor rist sen strich suS tou trom ul zi sind 12 Wörter mit folgender Bedeutung zu bilden, 1.V«r- anüaunaSreisender. 2. Zierbaum. 3. Ort in der Mark LrandenburL. 4. SchicksAsgöttin. 5 Bad in Schaumburg. Lippe. 6. Stadt in Frankreich. 7. Jnstkt. 8. Bischof der Westgoten. S. Kaufmännisch« Unterschrift. 10. Munkinstcu- ment. 11. Koenig von Lydien- 12. Gepslasterttr Fuß. boden. Wurden die Wörter richtig gebildet, ergeben sie in ihren Anfangsbuchstaben und inden Buchstaben der -Arten Reihe, beidemal von vorn nach hinten gelesen,. zAi Din», die dem Weihnachtsabend eine besonders restlich« Weih« geben. vekwattdlnngS-RLtfel. Gedankenbild im Schlaf. Stadt in der S-bweiz. braut karat wormS tabor vfseg Die Anfangs- Oper. Reicher Mann. Stadt in Westfalen. und Endbuchstaben vorstehender fünf Wörter sind durch andere zu ersetzen, so daß neue Wörter in der beigefügten Bezeichnung entstehen. Werden deren Anfangs- um» Endbuchstaben — die ersteren von oben nach unten, die letzteren von unten nach obm gÄesm — aneinanbergereiht, so ergeben diese «inen Weihnachts- Magisches Doppel-Quadrat. Zerschnitt-Aufgab«: Die Ziffe».. in vorstehender Figur sind durch Buch staben zu ersetzen; es ergeben alsdann die fünf Quer rethen Wörter mit folgender Bedeutunar 1. Südamerika- sches Gebirge. 2. Deutscher Dichter. 3. Längere Erzählung. 4? Gedrehter Darm. 5. Insel im Ottent. Sind di« Wörter gefunden, so ergeben die besonders hervorgehobenen Felder — ein auf der Spitze stehendes Quadrat —, wenn man mit dem mittelsten Buchstaben der obersten Reihe beainnt und von links nach rechts liest, einen feuerspeienden »er«. Auflösungen an- voriger Nummer. Magische» Kreuz- «nd Quer-Wort-Rätset: Gilbcu-Rätsel: 1. Gondel. 2. ENS. «. Diene. 4. Etile. 5. Nierstein. 6. Kogel. 7. Efeu. 8. TromSoe. 9. Dover. 10. Ernte. 11. Riemen. 12. Hudson. 19. Unna. 14. New. 15. Gießen. — Gedenket der hungern den Boegelein! «Äse»: Weste - Schwester. KNNSIN NRN WA N >0 SN SAH 1 S 2 2 s L 2 8 13 10 9 7 1 8 1l 1. 4 12 2 ' .5 10 2 ir 1 Deutscher Pr»vi«z-Vertag, Vovlt» W 8. „Und werden aufhören, sich immer wieder mit Dingen zu beschäftigen, die mit Ihrem besonderen Können nichts zu tun haben und Sie nur von Ihrer Aufgabe ablenken. Sie werden nicht mehr Gesang studieren und keine langatmigen Dispute über philo sophische Fragen führen, denn . . . meine Meinung zu sagen ... Sie überzeugen niemanden mit Ihren Paradoxen. Sie finden nur Gefallen daran, Wider spruch herauszufordern; aber wenn die Gedanken der andern nicht elastisch genug sind, Sie zu widerlegen, so beweist das ebensowenig die Wahrheit Ihrer Ideen wie Ihre persönliche Kraft, manchen abkält, Sie ad absurdum zu führen." Er lachte: „Wie Sie mich kennen!" „Ich kenne Sie ... ja. Darum will ich das meine tun, Ihre Kraft und Ihr Können Ihnen und der Menschheit zu erhalten. Die Frage wird nun fein, wie wir unseren Plan durchführen . . . doch darüber will ich noch nachdenken. Wo wollen Sie ausstellen?" Er zuckte die Achseln: „Die Jury wird zwar, wie immer, die Arbeit zurückweisen . . . aber Heinemann am Promenade platz protegiert mich. Wenn er mein Bild in gutes Licht hängt, so ist das vielleicht noch wirksamer als der Glaspalast." Sie n'ckte. , ... Er sah ihr eine Weile in die Augen, die in einem seltsam dürstenden Ausdruck in die Ferne gerichtet waren. Er wollte etwas sagen, aber nur ein Seufzer entrang sich seiner breiten Brust. Gabriele sah ihn in flüchtigem Erröten an und klatschte in die Hände, daß die Schläfer ringsum emporfuhren: „München!!" Ratternd und schüttelnd fuhr der Zug in die weib- vauchige Halle ein, in der Ruß und Rauch, zu dicken Schwaben geballt, lagen. Am Telegraphenamt trennte man sich. Herr von Klingström versprach in den nächsten Tagen seine Abschiedsvisite bei Herrn von Reuth zu machen. Der Baron, der sich während der Fahrt mit Döring famos unterhalten hatte, nahm ihm die Zu sicherung ab, ihn bald zu besuchen. Isa stand still abseits. Die Hand Gabrieles ruhte einige Sekunden in der kräftigen Rechten Balder OhmenS: „Auf Wiedersehen!" „Sie nehmen nichts zurück, Caterina Cornaro?" „Unverbesserlicher! Lernen Sie in der Gegen wart leben! Caterina ist seit 400 Jahren tot, ich aber lebe!" Er beugte sich zu ihrem Ohre nieder, denn die Künstler stürmten mit einem Lärm, der Herrn Po« Klingström eine Vorbereitung für seine Tätigkeit unter den Hereros schien, die elektrischen Wagen. N p"^"^ mir auch gehen wie Alfonso von Sie lächelte unwissend. ,MaS war mit ihm?" „Caterina wollte ihn zum Gemahl, aber Venedig war dagegen, nahm ihr Zypern und trieb sie in die Verbannung." „Egoist, der Sie find! Dan« hat doch Caterina das ÜnglückSloS getroffen! Also dürfte eher ich zu der Frage berechtigt sein: Wird es mir gehen wie Caterina .. . werde ich die Heimat verlieren?" Aber sie lächelte nicht, als sie das sagte. Ihr dunkles Auge ruhte durchdringend auf Balder, der nichts antworten konnte, denn der Baron mahnte schon zum drittenmal: „Gabriele, sollen wir allein nach Hause fahren?" Sie riß sich los und eilte zu dem Wagen, in dem ihr Vater und Isa bereits Platz genommen hatten. Atte drei sHviegen, als die Equipage durch di« schlafenden Straßen fuhr. Die letzten elektrischen Bah nen rollten klingelnd an ihnen vorbei ober kamen ihnen mit grünen, roten und weißen blinzelnden Augen entgegen. Der Promenadeplatz lag verträumt in den Schat ten der Kastanien. Bleich leuchtete der Brunnen her über. Gabriele dachte au ihr Versprechen. Tapfer kämpfte sie die Furcht nieder, die leise in ihr aufstand. Am Hoftheater warteten einige Leute auf den letzten Wagen der Straßenbahn. Leicht glitt die Equi page dem Maxmonument entgegen, in dessen Nähe die Wohnung der kleinen Familie lag, in der die beiden Töchter eigentlich dominierten, denn Reuth hatte sich nicht entschließen können, nach dem Tode seiner Gattin noch einmal eine Ehe einzugehen. Er hatte dann so mit seinen beiden Mädchen dahingelebt, bis sie, ohne daß er sich recht eigentlich darüber klar würbe, an seiner Seite zu Jungfrauen herangereift waren. Er blickte finster vor sich hin und warf nur manch mal einen prüfenden Blick auf seine Töchter. „Ich wollte dir noch etwas sagen, Gabriele! Du gibst dich, wie ich meine, zu ungeniert gegen diesen Ausländer, der leichtes Tuch zu sein scheint." „Ich verdiene diese Rüge nicht, Papa. Hier in München denkt und fühlt man doch anders als in Berlin oder sonstwo im Norden. Mrd nachdem ich schon unter die Künstler gegangen bin . . ." „Das war auch die letzte Konzession, die ich deinen emanzipierten Ideen gemacht habe. Verlange nie eine zweite mehr!'^ Gabriele wurde bleich. „Sei doch gut, Papa! Du hast uns nie über triebenes Standesbewußtsein gelehrt!" „Das ist wahr. Um so fester soll das Bewußtsein eures inneren Wertes in euch leben, und daß die Rasse, aus der ihr kommt, euch so geschaffen hat. Ihr habt also auch Verpflichtungen gegen euren alten Adel. Die Reuths haben Bayern Feldherren und Politiker geschenkt. Erkennet also bitte beide die Schranken, über die ihr nicht hinausgehen dürft! Solltest du dich aber je nnt dem Gedanken getragen haben, Gabriele, einen Künstler von mir zum Gatten zu fordern, gar einen, der innerlich und äußerlich nicht geklärt ist, so merke, daß ich dir eher mein Haus verschließen würde, ehe ich meine Zustimmung gäbe. Das ist mein letztes Wort in dieser Sache." Der Baron ließ sich kaum jemals so von seiner inneren Erregung Hinreißen wie diesmal. Gaoriew aoer war wte ihre Mutter: St« nahm alles doppelt gewichtig. Dann verschloß sich ihre Seele und sie zog sich in sich selbst »urück. Jetzt warfen sich ihre Lippen trotzig auf und st« blickte, ohne etwas zu erwidern, durch da» Feaster, «ndllch ^zimmer allein zu mrv«, »ng^kLdwe sich selbst ««KM werden Kesten. ». Kapitel. Baron von Reuth hielt gerne offene DastL. En gehörte zu dem alten Schlag süddeutscher Aristokraten die wohl die höhere Stellung und Geltung chveA Adel« al« traditionelle Pflicht zu wahre» wisse«, abeq in der Neberzeugung ihrer Bevorzugt«» wie so weid gehen, die erworbenen Verdienste anderer gering »w achten. Im Gegenteil! Reuth hatte eine besondere Vor liebe für gute bürgerliche Ramen. Denn er lebt« mehr in der Vergangenheit als der Gegenwart, und, in einer Zett, wo er die Erinnerungen der ersteren, immer mehr vor den prosaischen Forderungen den letzteren schwinden sah, lebte sich seine Erinnerung gerne in Epochen ein, wo die Namen der Sedlmeyer, Pettenkofer, Schwantaler, Wiedenmeyer und so viele andere eine besondere Geltung gehabt. In seinen Ansichten lieh er sich gerne von der Stellungnahme des Hofes beeinflussen. Denn er hielt mit unerschütterlicher Treue an den Wittelsbachern und wehrte sich darum gegen jeden Einfluß von außen. In jungen Jahren war er Adjutant bei dem Sohne des Prinzen Luitpold gewesen, der nach dem Tode Ludwigs II. den Thron als Prinzregent von Bayern bestiegen. Er wurde nie müde von dieser Zeit zu erzählen. ES war fast die märchenhafte Aera eben des zweiten Ludwig, der bald grollend in Hohenschwangau saß, bald von unsteter Sehnsucht nach rätselhaften Idealen erfaßt, in prunkvollen Schlitten durch die beschneite Hochebene Füssens jagte. Er konnte nie den Trauertag vergessen, da aus Schloß Berg am Starnberger See die Kunde von der Katastrophe nach München gedrun gen war, da Minister und Stallknechte in wahlloser Zusammensetzung nur von der Liebe zu ihrem König vereint, im Scheine von Fackeln den See nach einer versunkenen Krone abgesucht. Prinz Ludwig erinnerte sich gerne eines ehe maligen Adjutanten, und wenn er in seiner liebens würdigen Art den Baron auf der Straße ansprach, dann merkten schon seine Töchter an dem Glanz, dm: seine Züge verklärte, wenn er nach Hause kam, was sich zuaetragen. Denn es war so die Art des bayrischen Thronfolgers, daß er ohne Gefolge und ohne jeves äußere Ehrenzeichen, einfach, schmucklos wie j«er Bür ger, durch die Straßen Münchens wanderte. Alle kannten ihn, alle grüßten ihn in jener mit Hochachtung gemischten Vertraulichkeit, die beweist, wie wahrhaft tief die Liebe zum Herrscherhaus« in den Herzen wurzelt. So, wie der Baron über die neue Zeit dachte, hatte er auch seine beiden Töchter erzogen. Aber bei jeder hatten seine Bemühungen, ihnen den Sinn für die Ritterlichkeit des Adels zu erhalten und gleichzeitig die Achtung vor dem Bürgertum ein zupflanzen, andere Erfolge gezeitigt. geöffnet Montags, Mittwochs, Freitags von 7 hiS 8 Uhr. j