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4 t-Roman-Veilage^ Lop>-rlgdt dx Uartln keucktivsoger, »sUe (Ssüle- UF^Uk ki o d! dl V o dl dl X OOKK —vo^ Erster Tag. „Die Grete ist heute nicht mit dem linken Fuße auf gestanden", sagte die Mutter Lienhart. Sie kam gerade aus der Kammer, deren Tür halb offen geblieben war. „Hör' nur, Vater, wie sie wieder singt!... Die ist immer kreuzfidel!" Aus der Kammer drang ein dumpfes Knurren, das gerade so gut Beifall wie Mißbilligung ausdrücken konnte. Mutter Lienhart kümmerte sich nicht darum; es war ihr egal. Sie erwartete gar keine Antwort. Noch halb ver schlafen, sah sie gedankenlos in der kleinen Stube umher, in die der Helle Morgen fiel, so-daß sie wohnlich und be haglich aussah. Zufrieden musterte Mutter Lienhart ihre Schätze, das alte, geblümte Sofa mit den weißen, ge häkelten Schutzdcckchen, den eichenen Tisch in der Mitte der Stube mit den alten soliden, schweren Stühlen, und den Stolz der Familie, den Glaskasten mit dem Porzellan. Der graue, kieferne Fußboden war schon abgekehrt und der Tisch gereinigt. Durch den geöffneten Flügel des einen der beiden Fenster drang ein frischer Luftstrom ein und wehte die weißen, leichten Gardinen zurück. Mutter Lienhart nickte still-zufrieden mit dem Kopfe. „Fleißig ist das Mädel! Immer die erste! Gibt einmal eine tüchtige Hausfrau ab; mit der ist kein Mann an geschmiert!" Eine kurze Zeit horchte sie, ob aus der Kammer keine Zustimmung erfolgte. Da sie ausblieb, verstärkte sie ihre Stimme etwas. „Sie schlägt ganz mir nach!" Nun kam die Antwort schneller aus der Kammer, wieder ein dumpfes Murren und Knurren, das so oder so auszulegen war. Mutter Lienhart aber schien es sehr gut zu verstehen; offenbar war es nicht Beifall, denn ihre Miene verdüsterte sich und ihre behagliche Stimme nahm einen gereizten Ton an. ^,Du bist, scheint mir, wieder einmal brillant auf gelegt! 's ist eine Sünde und Schande, an einem solch herrlichen Gottesmorgen! Werd' mir nur nicht gar solch ein alter, grätiger Brummbär, vor der Zeit...! Du könntest doch auch deine Freude haben an der Grete. Mir ist sie Wenigstons so lieber, als wenn sie kopfhängerisch wäre." Der unsichtbare Angeredete schien nun die Sprache zu finden. „Gerade, als ob es. was Besonderes wäre", klang es murrend aus der Kammer, „wenn die Kinder vor Vater und Mutter aufstehen! Au meiner Zeit war's wenigstens immer so Mode! Ob's bei dir auch so war, weiß ich nicht!" Die dicke, runde Frau sah empört aus. „Du lieber Gott! Bei dir fängt der Tag wieder gut an! Schimpfe nur drauf los; ich bin allmählich daran gewöhnt! Nichts ist dir mehr recht an mir. Warum hast du mich eigentlich geheiratet, möchte ich fragen? Ich will nur der Grete gönnen, daß sie mal einen anderen Mann bekommt wie du bist, sonst würde sie mich in den Tod hinein dauern!" Die Stimme des Unsichtbaren wurde kräftiger. „Das ist's ja gerade, was mich ärgert! Nur immer gleich ans Heiraten denken! 's nimmt mich schon länge wunder, daß Grete noch nicht unter der Haube ist...! ES ist gräßlich mit den Weibern!" „Nun sag' ich aber doch auch gleich gar nichts mehr!" „Wird auch nicht verlangt!" Die Helle, klare, frische Stimme in der Küche sang un- beirrt weiter ein drolliges, kleines Liedchen. Plötzlich klirrte und klapperte es laut, und der Gesang brach mit einem Male ab. „Natürlich! Sie hat wieder was zusammengeschmissenl" sagte der Mann in der Kammer, in unverhehltem Zorn. Mutter Lienhart gelangte schneller an die Tür, alS MSN bei ihrer Fülle hätte annehmen sollen, und riß sie auf. „Grete! Was ist denn kaputt?" „Nichts! Gar nichts!" kam von draußen, über den kleinen dunklen Flur die tröstende Auskunft. „Das ist nicht wahr!" versetzte Mutter Lienhart euer* gisch. „Das kenne ich genau! Wenn du so sagst, ist wä's kaputt!" Nun wurde die frische, lustige Stimme von draußen bedeutend kleinlauter. „Aber nicht viel! Bloß ein Stück vom Henkel von Vaters Taffe ist abgesprungeq!" „Selbstverständlich von meiner Taffe!" erklärte dieser mit ingrimmiger Zufriedenheit, indem er endlich in höchG eigener Person aus der Kammer zum Vorschein kam. „Es ist gar nicht anders möglich!" Seine Laune schien sich buchstäblich zu verbessern, feit er Grund hatte, ärgerlich zu sein. Das war bei ihm stets so; denn nun halte er ein Recht, zu schimpfen. UebrigenS sah der Schneidermeister Lienhart keineswegs so schlimm aus, wie er sich zu geben beliebte. ES war ein starker, breitschultriger Mann mit gesundem, rötlichem Gesicht, blauen, wässerigen Augen unter überaus starken Brautt», die dem Gesicht etwas Energisches, Kraftvolle- verliehen. Er war in Hemdärmeln; so pflegte er den ganzen Tag herumzulaufen, bis er zum Abendschoppen au-girq. Auch er warf einen zufriedenen Blick in dem niedrigen, sauberen Stübchen umher. DaS habe ich mit Weitz und Sparsamkeit zusammengebracht, sagte der Blick. „Mutter Lienhart kümmerte sich nicht mehr um das Er scheinen ihres Mannes, sie hatte nun andere- zu denken. Sie hielt noch die Tür geöffnet, durch welche der an genehme Geruch des Morgenkaffee- aus der Küche herein drang. „Das ist, weil du immer nur Dummheiten im Kopfe hast", sagte sie mit scharfer Stimme hinaus. „Bring' jetzt endlich einmal den Kaffee I" Dann schlug sie schimpfend die Tür zu. Der Vater hatte sich schon an den Tisch gesetzt, und trommelte mit den Fingern der rechten Hand seinen Lieb lingsmarsch, den Dessauer, auf der Tischplatte. Da Mutter Lienhart nichts Besseres zu tun wußte, setzte sie sich gleich falls. Im Augenblick trippelte auch etwas über den Bretter boden des Flurs, die Tür wurde leicht aufgestoßen, daß es wiederum verdächtig klirrte, und herein trat ein fehr hübsches, blondes Mädchen mit einem rosigen Gesicht, leb haften Augen und einem eigenwilligen, runden Kinn. Da- Mädchen trug ein altes, großes Gestell aus Weißblech mit dem Morgenimbiß. Mit unbekümmerter Miene setzte Grete das Blech auf den Tisch, und verteilte die großen Tassen von schlechtem, dickem Porzellan mit den blauen und roten Randstreifen. Aus zwei umfangreichen irdenen Kannen mit prächtigen bunten Mustern dampften die heiße Milch und der Kaffee. Davon abgesehen, daß eines der Dreierbrote zu Boden fiel, verlief das Servieren deS Frühstücks ohne Unalück^