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UNIVERSITÄTSZEITUNG 23/24/89, SEITE 2 Fehler oder Absicht? 10 Jahre Betriebspoliklinik Technische Universität / Bauwesen Karl-Marx-Stadt Bauschaffende, Wissenschaftler und Studenten werden umfassend medizinisch betreut Mit Druckfehlern hat jede Redak tion einer Zeitung zu kämpfen. Auch wir bilden dabei keine Ausnahme, worauf uns aufmerksame Leser im mer wieder hinweisen. In letzter Zeit verstärkte sich bei uns der Eindruck, daß die in unserer Zeitung enthaltenen Fehler nicht nur in unserer verschiedentlich ver ursachten Unaufmerksamkeit beim Korrekturlesen begründet liegen. Mehrfach waren wir der Meinung, Fehler auf den Seitenabzügen an gestrichen zu haben, die dann trotz dem in der gedruckten Zeitung ent halten waren. Aus diesem Grund wurden die entscheidendsten Korrekturen der Seitenabzüge der „UZ“ 22/89 zur Si cherheit bei der Nachweisführung auf den zweiten Seitenabzügen, wel che in der Redaktion verbleiben, vermerkt. Die vorliegende „UZ“ 22/89' be gründete unseren Verdacht. Der im Interview zu den Telefongebühren (S. 2) enthaltene Fehler ist trotz Korrektur unsererseits wieder ent halten. Richtig muß der erste Satz des Genossen Hofmann folgender maßen lauten: „Die der Einrichtung zur Ver fügung stehenden finanziellen Fonds insgesamt haben keine rückläufige Tendenz.“ Wir werden den Ursachen für die se „Druckfehler“ nachgehen und für deren Beseitigung kämpfen. Die Redaktion Energie sparen - aber wie? Die bewußte Senkung des Energie einsatzes ist weltweit ein wichtiges Gebot der wirtschaftlichen Ver nunft. Schwerpunkt zur Erschlie ßung noch vorhandener Energiere serven an unserer Universität ist vor allem die Raumheizung. Allein 1 Kelvin (K) Überheizung in den Räumen ist mit 5 Prozent menr Energieträgeraufwand verbunden. Das sind jährlich 525 TM nach den gültigen Wäremeenergie-Tarifen. Zur Sicherung der energiewirt schaftlichen Zielstellung im Win ter 1989/90 und der vorgesehenen Senkung des außentemperaturab hängigen Energieverbrauches um 5 Prozent bzw. 400 TM bedarf es der konsequenten Nutzung der noch vor handenen Reserven, wie z. B. der — Reduzierung der Wärmeverluste in der Raumbeheizung des Wein hold-Baues, — Vermeidung von Überheizungs spitzen in anderen Universitätsteilen (Reichenhainer Straße. Bahnhofstra ße. Straße der Nationen, Erfenschla- ger Straße), — Senkung des spezifischen Warmwasserverbrauches pro Stu dent für Duschzwecke in den Wohn heimen — Minderung des Sekundärener gieaufkommens durch planmäßige Reduzierung der Betriebszeiten der zentralen Be-, und Entlüftungsan lagen im Weinhold-Bau und der Zentralmensa Reichenhainer Straße, — Reduzierung des Beleuchtungs aufwandes durch verstärkte Ein führung der Arbeitsplatzbeleuch tung, — Umstellung der Außenbeleuch tung laut TGL 200-0617 auf energie sparende Lampen mit hoher Leucht dichte und — Funktionstüchtigkeit der Däm merungsschalter für die optimale Außenbeleuchtung. Zahlen und Fakten, die interessie ren! Zur Gewinnung von einer Tonne Rohbraunkohle müssen gegenwärtig 8 m3 Abraum beseitigt werden — im Jahre 1995 werden es Ilm 3 sein. * Zur Herstellung einer Kilowatt stunde Elektroenergie werden ca. 3,6 kg Rohbraunkohle benötigt. „Universitäts zeitung" Herausgeber: SED-Parteiorga nisation der Technischen Univer sität Karl-Marx-Stadt. Redaktionskollegium: Dr. phil. Katja Schumann, ver antwortlicher Redakteur. Dipl.- Phys. Hartmut Weiße. Redakteur. Hans Schröder. Bildredakteur. Marika Seidel. Sachbearbeiterin. Prof. Dr. sc. Ch. Bührdel, Dr. sc. W. Förster, Doz. Dr.-Ing. habil. W. Hartmann, Doz. Dr.- Ing. H. Hahn, Dipl.-Sportlehrer G. Hauck, Doz. Dr. sc. W. Leonhardt, Prof. Dr. sc. K. Müller. Dr.-Ing. A. Obefreich Dipl.-Biol. A. Pe ster, Dipl.-Ing. S. Reuter. Dr. phil. M. Richter, Dr. phil. B. Schauenburg, Dr.-Ing. B. Schüttauf, Dipl.-Ing. M. Steine bach. Pat - Ing. E. Strauß, Dr. rer. nat. C. Tichatzky, Dr.-Ing Walter. 2827 Am 29. November 1979 erfolgte die Schlüsselübergabe für die neu ge schaffene Betriebspoliklinik Techni sche Universität/Bauwesen, die zum jetzigen Zeitpunkt ihres 10jährigen Bestehens die komplexe betriebs ärztliche Betreuung für 10 300 Uni versitätsangehörige, 18 000 Bauschaf fende und 5000 Werktätige des pri vaten Handwerks und der Gebäude wirtschaft gewährleistet. Das Grundanliegen unserer ge sundheitspolitischen Zielstellungen liegt in der Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Gesund heit und Leistungsfähigkeit der Werktätigen nach dem Prinzip der Einheit von arbeitshygienischer Be ratung und Kontrolle, arbeitsmedizi- nischer Grundbetreuung und medizi nischer Versorgung. Die betriebsärztliche Betreuung des Bauwesens begann im Jahre 1951 mit der Schaffung einer Sani tätsstelle des VEB Bauunion Chem- nitz/Karl-Marx-Stadt, die mit einem Medizinischen Assistenten, einem Arzt mit -stundenweiser Tätigkeit und zwei Schwestern besetzt war. Schrittweise wurden in den neu ge gründeten Kombinaten des Bau wesens weitere Arztsanitätsstellen eröffnet, die 1969 den Status eines Betriebsambulatoriums des VEB Wohnungsbaukombinat/VEB Inge nieurtief- und Verkehrsbaukombinat erhielten. Zur Verbesserung der stomatologi schen Betreuung der Bauarbeiter richteten beide Trägerbetriebe 1974 einen Bauwagen als fahrbare stoma tologische Ambulanz ein, dem bald auch ein Wagen für die arbeitsmedi zinischen Untersuchungen folgte. Die medizinische Betreuung der Angehörigen der damaligen Hoch schule für Maschinenbau Karl- Marx-Stadt begann im Jahre 1960 mit der Inbetriebnahme einer Sani tätsstelle, in der sich einmal wö chentlich ein Arzt mit Schwester um die medizinische Betreuung der Hochschulangehörigen kümmerte- Im Rahmen der Profilierung zur Technischen Hochschule Karl- Marx-Stadt erfolgte nach Eröffnung einer weiteren Arztsanitätsstelle im Jahre 1973 die Gründung des Be triebsambulatoriums der Techni schen Hochschule. Beide Betriebsambulatorien wur den 1979 auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen dem Rektor der Technischen Hochschule Karl- Marx-Stadt, dem Bezirksbaudirektor und dem Bezirksarzt zur Betriebs poliklinik Technische Hochschule/ Bauwesen mit Neuschaffung von sie ben Arztarbeitsplätzen zusammen geschlossen. Das erklärte Ziel war dabei die Verbesserung der Qualität und Effektivität bei der gesundheit lichen Betreuung der Werktätigen der Technischen Hochschule und des Bauwesens aller Eigentumsformen. Mit der Eingliederung der Arbeits- hygienischen Leitstelle des Bau wesens Zwickau war die Vorausset zung für eine einheitliche Bearbei tung aller arbeitshygienischen Be treuungsaufgaben geschaffen wor den, so daß die Betriebspoliklinik am 1. Januar 1985 Arbeitshygieni- sehe Beratungsstelle des Bauwesens im Bezirk Karl-Marx-Stadt werden konnte. Das Hauptanliegen der Beratungs stelle ist die Anleitung von 2269 Be trieben mit insgesamt 61 430 Be schäftigten bei der arbeitshygieni schen Erfassung der Bedingungen und die Mitwirkung bei der Erfor schung spezifischer arbeitsbedingter Einflüsse auf den Gesundheitszu stand der Werktätigen. Gleichzeitig erfolgt Zusammenarbeit mit den Be reichen Arbeitsmedizin bei Berufs krankheitsverfahren und arbeitsme dizinische Tauglichkeits- und Über wachungsuntersuchungen. Im 10. Jahr ihres Bestehens prä sentiert sich die Betriebspoliklinik TU/Bauwesen als eine leistungsfähi ge Einrichtung des Gesundheits wesens in Karl-Marx-Stadt, deren 97 Mitarbeiter in den Abteilungen und Funktionsbereichen Arbeits medizin, Innere Medizin, Stomatolo gie, HNO, Arbeitshygiene. Orthopä die, Sportmedizin, Psychologie, Phy ¬ siotherapie, , Funktionsdiagnostik, und Schwestern und Tauglichkeits- Medizinisches Labor, Zahntechni- Untersuchungen für Werktätige aus sches Labor und Informationsver- dem Bezirk, die an der Erdgastrasse arbeitung trotz teilweiser personeller in der UdSSR arbeiten- Im Rahmen Unterbesetzung ständig steigende der Neuerervereinbarung wurde das Leistungen bei der Betreuung der Berufskrankheitsdispensaire opti- ihnen anvertrauten Werktätigen und miert. der Bevölkerung des Einzugsberei ¬ ches erbringen. Die Aufgaben in der ambulant- Physiotherapeutin Frau Delling bei der Elektrotherapie. Foto: Grunewald Die betriebsärztliche Tätigkeit medizinischen Grundbetreuung bil- wird über Betriebsarztbereiche den einen besonderen Schwerpunkt wahrgenommen und hat sich in die- in der Arbeit der Betriebspoliklinik, ser Form sehr bewährt. So werden Jährlich werden ca. 18 000 Erstkon- jährlich etwa 200 Betriebsbege- sultationen und 75 000 Konsultatio- hungen durchgeführt und über nen inklusive Hausbesuche reali- 8000 gesetzlich vorgeschriebene Vor- siert. Sorgeuntersuchungen realisiert. Hin- Um eine möglichst geringe Aus zu kommt die medizinische Betreu- fallzeit für die Produktion in den ung der Kampfgruppen der Arbei- Betrieben zu gewährleisten, werden terklasse durch beauftragte Ärzte Früh- und Spätsprechstunden durch ¬ geführt, in die auch die Funktions bereiche Labor, Physiotherapie und Funktionsdiagnostik eingebunden sind. Bei der Betreuung der täglich anfallenden akut erkrankten Werk tätigen und Studenten hat sich das Aufnahmearzt-Prinzip bewährt. Die Ausländerbetreuung konzen triert sich auf die Beschäftigten an der Technischen Universität, wo über 350 Direktstudenten und Aspi ranten aus 33 Ländern kostenlos be handelt werden, sowie auf Werktäti ge aus Vietnam und anderen soziali stischen Ländern, die im Bauwesen arbeiten. Die Stomatologen der Einrichtung sind mit ca. 20 000 Konsultationen einschließlich der Leistungen des Zahntechnischen Labors gefragte Partner bei der Erhaltung und Ver besserung der Zahngesundheit unse rer Werktätigen. Durch Einrichtung täglicher »Schmerzsprechstunden “ konnten die Wartezeiten für unbe stellte Patienten wesentlich gesenkt werden. Besonderes Augenmerk widmen die Zahnärzte der Mund hygiene in Arzt-Patienten-Gesprä- chen sowie der Durchführung einer Periodontologie-Sprechstunde mit Therapie und Dispensaire. In der Neuerertätigkeit sind viele Mitarbeiter aktiv. So wurden bisher 20 Neuerervorschläge anerkannt, zwei Neuerervereinbarungen und drei MMM-Vereinbarungen abge schlossen. Exponate waren auf der Leistungsschau der TU und dem Kongreß der Gesellschaft für All gemeinmedizin 1989 zu sehen. Die Betriebspoliklinik TU/Bau wesen Karl-Marx-Stadt tritt in das zweite Jahrzehnt ihres Bestehens ein mit dem Neubau einer eigenen Rönt genabteilung, der Profilierung einer Abteilung für Augenkrankheiten und vor allem der Bereitschaft aller Mitarbeiter, ihr Bestes für die stän dige Vervollkommnung der komple xen Betreuung zum Wohle der ihnen anvertrauten Werktätigen zu geben. Klaus Hainke, Facharzt für Allgemeinmedizin Für eine in den Wohnheimen Rei chenhainer und Vettersstraße ver brauchte Kilowattstunde zahlt die TU 24,1 Pfennig. Die Herstellungskosten für eine Kilowattstunde betragen im Kraft- werk 35 ..: 40 Pfennig. ★ a Die Entnahme aus dem internatio nalen Energieverbundnetz kostet den Energieversorgungsbetrieb 12,1 Pfen nig. ★ Eine verbrauchte Kilowattstunde in den Büro- und Laborräumen ko stet die TU im Jahresdurchschnitt gegenwärtig 21,1 Pfennig. Der Verbrauch von Elektroenergie aller Universitätsteile der TUK wies für das Jahr 1988 10 797 763 Kilo wattstunden aus bzw. kostete 2 235 140 Mark. Rechne mit! Wenn in jedem unserer genutzten 1 500 Zimmer (Mitarbeiterzimmer, Labors, Praktika, Hörsäle, Seminar räume, Bibliotheksräume usw.) täg lich eine Leuchtstofflampe mit 65 Watt von 7.15 bis 16.30 Uhr un nötigerweise eingeschaltet bleibt, so sind das im Jahr, gerechnet mit 140 Beleuchtungstagen, insgesamt 126 250 Kilowattstunden bzw. 26 640 Mark. Hinzu kommen noch die Kosten für die unnötig eingeschaltete Flur- und Gangbeleuchtung (vor allem in den Abendstunden) und die in ver schiedenen Wohnheimen teilweise ungerechtfertigt und gleichzeitig eingeschalteten Decken- und Ar- beitsplatzbeleuchtungen. Darum merke: Nach Verlassen der Lehrveranstal tungen ist die Raumbeleuchtung dann auszuschalten, sobald die Tag helligkeit erreicht ist. Nach Beendi gung der Lehrveranstaltungen in der letzten Unterrichtseinheit sind die Fenster zu schließen und die Be leuchtung auszuschalten. Das Betreiben elektrischer Heiz geräte ist grundsätzlich nicht gestat tet! Überlege weiter! Wenn beispielsweise die in den Wohnheimen gegenwärtig vorhande nen 130 Doppelkochplatten (je 2000 Watt Anschlußwerte) täglich im Durchschnitt eine Viertelstunde umsonst eingeschaltet bleiben, so sind das 19 500 Kilowattstunden oder 4 700 Mark oder 70 Tonnen Rohbraunkohle, die der Volkswirt schaft jährlich verlorengehen. Demzufolge erwarten wir von allen Universi tätsangehörigen, daß sie mit allen Arten von Energie sparsam um gehen. Es nützt uns allen — auch der Umwelt! Die Hinweise und Vorschläge zur Aufdeckung und Beseitigung von Energieverlusten sind dem zuständi gen Wohnheimleiter oder dem Ener gieverantwortlichen der Sektion oder telefonisch unter 561 HA 2246 und HA 2282 umgehend mitzutei len. Krümmer, Hauptenergetiker Brauchen wir eine Wissen schaft vom Sozialismus? Wenn sich die Parteien und ge sellschaftlichen Organisationen in der DDR ebenso wie die neu ent standenen demokratischen Bewe gungen wie das Neue Forum und die SDP. um nur zwei zu nennen, zum Sozialismus beken nen. brauchen wir die Wissen schaft vom Sozialismus mehr als je zuvor — meiner Meinung nach auch als Lehrdisziplin an unseren Hoch- und Fachschulen. Ob diese Disziplin nur fakultativ oder ob ligatorisch, mit oder ohne Prü fung, d. h. in welchen studien- organisatorischen Formen gelehrt wird, muß in Bälde entschieden werden. Im Sozialismus in der DDR und in anderen sozialistischen Ländern ist eine gewaltige revolutionäre Erneuerung im Gange, um ihn at traktiv. ich sage nicht attraktiver, weil er für viele ehemalige DDR- Bürger eben nicht anziehend war, und vor allem demokratischer dem Volke verbunden zu machen. Zur Zeit entstehen viele Platt formen und Diskussionen über das. was man im Volke und den Parteien sowie demokratischen Bewegungen der DDR unter So zialismus verstehen will. Die Wissenschaft vom Sozialis mus hat deshalb die Aufgabe, die verschiedenen Vorstellungen vom Sozialismus zu vergleichen, sie kontroversen Diskussionen zu gängig zu machen. Dabei sollte kein Partner, der Sozialismusvor stellungen entwickelt, ein Mono pol für die absolute Wahrheit sei ner Thesen beanspruchen. Vieles muß praktischer Überprüfungen unterzogen werden, begangene Fehler bei der Reduzierung so zialistischer Demokratie zum Beispiel müssen korrigiert, neue Wege beschritten werden. Dazu brauchen wir die scho nungslosen Analysen der gesell schaftlichen Realität, Ursachen findung für Stagnation, Fehler und Hemmnisse, die auch aus den bisher offiziell geltenden Sozialis musdefinitionen resultierten. Es muß untersucht werden, wie ist unsere Realität, welchen Hand lungsbedarf haben wir bei der breitesten Entfaltung sozialisti scher Demokratie etc., und zwar ohne Reglementierung der Wissenschaft, ohne den Zwang, realistische Analysen in den Schubläden verschwinden zu las sen bzw. zu frisieren. Des weite ren muß Sozialismus in seiner historischen Herkunft als Ideal und wissenschaftliche Vorausschau der Arbeiterbewegung und ihrer Theoretiker im 19. und 20. Jahr hundert. ebenfalls in widersprüch licher Debatte entstanden, er ¬ läutert werden. Es gibt einen So zialismus. entstanaen in einem Agrarindustrieland, unter kon kreten politischen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen, einen Sozialismus, der als Hoff nung der Menschheit und der Ar beiterbewegung entstand Und u. a. durch politische Verhältnisse so wie ein akutes Demokratide- fizit bedeutenden Deformationen unterlag, einen Sozialismus, der gegenwärtig durch politische Kri sen geht und grundlegender Er neuerung bedarf und im System wettstreit seine perspektivisch bessere politische Qualität und ökonomische Effizienz nachwei sen muß. Sozialismusvorstellungeh gibt es heute in der Welt viele, die ebenfalls mit unterschiedlichen Ideologien und politischen Bewe gungen verbunden sind. Darüber hinaus gibt es auch verschiedene politische Strategien, die sich ihnen entgegenstellen und die dennoch nicht nur Reaktionäres enthalten, sondern auf ihren Rea litätssinn für Kooperation und politische sowie ökonomische Strategien analysiert werden müssen. Diesen und anderen weiter zu bestimmenden Erfordernissen trägt das gegenwärtige Lehrpro gramm für Hoch- und Fachschul wesen nicht Rechnung. Wissen schaftlicher Sozialismus darf als Lehr- und Forschungsdisziplin nicht zum Parteilehrjahr der SED abgleiten. Er darf zukünftig auch nicht als Legitimierungsideologie politischer Fehlentscheidungen dienen. Selbstverständlich muß er parteilich sein — parteilich für einen erneuerten Sozialismus, für seinen sozialen und ökonomischen Fortschritt. Dafür kann und muß er wissenschaftlich begründete politische Handlungsalternativen im nationalen und internationa len Rahmen entwickeln und sie den Politikern • als Entschei dungshilfen anbieten. Parteilich keit bedingt wissenschaftliches Engagement und Streitbarkeit der Vertreter der Disziplin, damit ihre Resultate nicht übergangen wer den. damit kontrovers publiziert und gestritten werden darf. Aus gangspunkt ist dabei eine Be standsaufnahme der Realität im Sozialismus, dessen, was bewahrt und entwickelt, und dessen, was als unsozialistisch bzw. veraltet verworfen werden muß. Hier ha ben die Vertreter der Disziplin wissenschaftlicher Sozialismus ihren Platz und ihre Verantwor tung in der Pluralität der Mei nungen und Lösungsansätze. Doz. Dr. Volkmar Kreisig, Sektion ML Sozialpolitik ia der DDR - eine Errungenschaft? Von Prof. Dr. sc. oec. Jürgen Ackermann, Sektion Wirtschaftswissenschaften Die oft gebrauchte Kategorie der Sozialpolitik ist in ihrem wissen schaftlichen Inhalt keinesfalls ein deutig definiert. Wurde sie früher in ihrem engeren Sinne als Politik des Ausgleichs von Not- und Wechsel fällen des Lebens, der Sozialfürsorge betrachtet, so wird sie heute in im mer stärkerem Maße als Teil der Po litik des Staates zur Gestaltung des sozialen Verhältnisses von Klassen, Schichten und sozialen Gruppen und nicht mehr vordergründig als Politik zur Verhinderung, Behebung oder Minderung sozialer Schwächen, zur Verbesserung der sozialen Lage wirtschaftlicher und/oder sozialer Gruppen verstanden. / 1, 312 f./ Ausgehend von den Analysen der Klassiker des Marxismus-Leninis mus zur sozialen Lage der Arbeiter klasse / 2, 232 ff./ / 3, 190 ff./, soll ten in die Untersuchung der Sozial politik u. a. einbezogen werden: Arbeits-, Einkommens-, Wohn verhältnisse. die Sozialversicherung, die Ausbildungs- und Erziehungs verhältnisse, Gesundheits-, Ernäh- rungs-, Familienverhältnisse sowie politisch-moralische Verhältnisse, darunter auch die Sicherung der Menschenrechte, individueller Frei heiten. Diese Komplexität der Sozialpoli tik verbietet es geradezu, im Rah men dieses Beitrages auf Einzelhei ten einzugehen. Ich möchte mich deshalb auf einige qualitative Wer tungen beschränken und Entwick lungstendenzen aufzeigen. Ein Ausgangspunkt für die Ein ordnung der Sozialpolitik in die Ge- samtpolitik sind die von Marx auf gezeigten dialektischen Beziehungen zwischen Produktion und Konsum tion / 4, 360 ff./. 1. Die sozialen Leistungen der Ge sellschaft haben ihre Basis in der materiellen Produktion; sie kön nen nur in dem Maße realisiert werden, in dem in der materiellen Produktion die erforderlichen Voraussetzungen geschaffen wer den. Die Produktion liefert das „Material der Konsumtion“ (Marx). Ausgehend vom Wachstum der Produktion, wurde in unserer Repu blik auf allen Gebieten der Sozial politik ein hohes soziales Niveau er reicht. Das kann durch viele Ergeb nisse der Sozialpolitik, u. a. hin sichtlich der sozialen Sicherheit, des materiellen und kulturellen Lebens- niveaus, der Wohn-, Arbeits-, Um welt- und Erholungsbedingungen, belegt werden. Der erreichte Stand darf aber kei neswegs darüber hinwegtäuschen, daß auf mehreren Gebieten der So- zialpolitk starke Differenzierungen gegeben sind und die der o. a. Be- griffserweilerung innewohnende Er höhung des Niveaus der Sozialpolitik keinesfalls zur Problemverdrängung ihres Wesens in engerem Sinne ge führt hat. Der erreichte Stand muß sich auch dem internationalen Vergleich stel len. Die Leistungen unserer Gesell schaft halten auf vielen Gebieten der Sozialpolitik diesem internatio nalen Vergleich durchaus stand. Ein solcher Vergleich muß aber auch mit Hermann Kant wie folgt zusammen gefaßt werden: „Unser Lebensstan dard ist, verglichen mit den Ärm sten. beachtlich; verglichen mit dem Reichsten, ist er ärmlich.“ / 5,5 / Die Erweiterung der sozialpoliti schen Leistungen auf der Basis der Entwicklung der Produktion ist eine Voraussetzung für die Erhöhung der Attraktivität des Sozialismus. 2. Die bewußte Umsetzung der dia lektischen Beziehungen zwischen der Produktion und der Konsum tion bedingt die Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialpolitik in ihrer Einheit, so, daß die Ergeb nisse höherer Produktion genutzt werden, die Arbeits- und Lebens bedingungen zu verbessern, sich gute Arbeit auch in hohen sozialen Leistungen niederschlägt. Die Be ziehungen zwischen der ökonomi schen und der sozialen Entwicklung sind nicht nur als monokausaler Zusammenhang, sondern als dia lektischer Prozeß zu gestalten. Nur so kann die Sozialpolitik als Trieb kraft wirken. Die Korrelation zwischen der Pro duktion und der sozialen Lage muß dabei für die einzelnen Ebenen — die Gesellschaft, die Kollektive und Individuen — überschaubar sein. Deshalb dürfen die sozialen Leistungen nicht nur im Rahmen der Gesellschaft in ' Abhängigkeit von der Entwicklung der Produktion gestaltet werden, sondern müssen je dem einzelnen in Abhängigkeit von seinem Beitrag zur Entwicklung der Produktion gewährt werden. Die Er höhung der Wirksamkeit der Sozial politik steht in- enger Beziehung zur Realisierung des Leistungsprinzips. Auch wenn die Durchsetzung des Leistungsprinzips auf mehreren Ge bieten der Sozialpolitik (z B. Bil dung und Gesundheitswesen) in bestimmter Hinsicht motiviert wer den muß, so ist die Lösung der So zialpolitik vom Leistungsprinzip — selbst auf einem ihrer entschei denden Gebiete, wie der Entloh- nung — eine wesentliche Ursache für ihre eingeschränkte Triebkraft wirkung. 3. Die Sozialpolitik kann nur an den Erfordernissen des ökonomischen Grundgesetzes, an der Erfüllung des Ziels des Sozialismus einge schätzt werden. Maßstab müssen die von Engels abgeleiteten An forderungen sein, „...vermittels der gesellschaftlichen Produktion allen Gesellschaftsmitgliedern eine (Fortsetzung auf Seite 3)