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---^Geien Sie still." - - v* — „Da kam die Frau dazu, brachte den Wenk gegen mich auf, indem sie mich einen Grobian, einen Vaga bunden nannte, und er brauche sich von mir nichts bieten zu lassen. Wenk hat die Keilerei angefangen, das wird er selbst zugeben, aber nur auf das Be treiben dieser Frau." Hierzu nickt Wenk. „Frieden hab' ich stiften wollen!" schreit Frau Hintze. „Ja, ja, Herr Wachtmeister, so redet sie. Aber ich kenne sie, und ich kenne den Wenk seit Jahren als einen friedlichen Menschen. Er hat sich nur von der Hintzen aufbringen lassen. Darum will ich ihn auch gar nicht anklagen. Aber wie sie es treibt! Hier sind ein paar Leute aus unserm Haus mithereinge kommen, fragen Sie die. Ueberall mischt sie sich hinein. Immer tut' sie, als wolle sie die Parteien versöhnen, aber in Wirklichkeit hetzt sie sie erst recht aneinander. Darum heißt sie ja schon in der ganzen Nachbarschaft bloß noch Tante Jonathan." Und stürmisches Gelächter erhebt sich in der ge heiligten Wachtstube, und Zurufe, wie: „Jawoll — er hat recht!" werden laut. Sogar der Wachtmeister verzieht das Gesicht. Und das Ende vom Liede: Frau Hintze wird mit der scharfen Ermahnung entlassen, sich ferner hin um sich zu bekümmern. Ob sie die Mahnung befolgt hat? — Ein Weil chen, ja. Aber dann hat sie mit ihren alten Gewohn heiten langsam wieder begonnen, denn keiner kann aus seiner Haut heraus. Und Jonathan bleibt Jo nathan. Kaffee. Von Bruno Viedge. Vor deinem geistigen Auge glitzern vielleicht jetzt riesige Spiegelglasscheiben, und Drehtüren sind in wir belnder Bewegung. Marmortischchen mit schwerem Sil bergeschirr, Schwarzfräcke mit glattrasierter Wange, die mit gewandten, höflichen Bewegungen einherschreiten, an der Decke, der goldstuckierten, milchweißen Lampen schalen, aus Venen ein süßweiches, opaimaties Licht her abquillt. Dein Ohr trifft das wirre Gesprächssummen schlürfender, kauender, schwatzender, lachender, scherzen der Menge; darüberhin schwingt das Zittern der Geigen klänge, klingen verhaltene tiefe Cellotöne — die Kapelle. Im Cafe! Und du lächelst wohl dann in dich selbst hinein, da du gerade vom Postenstand in schlammigem Graben bineintrittst in den niedern, stickigen Stollen, die kotigen, nassen Stiefel ausziehst und dach auf das quiet schende Drahtnetz oder den Papierschnitzclsach legst. Du mußt lächeln über diesen maßlosen Gegensatz. Gut, daß du noch lächeln kannst! Kaffee! Oder du kramst jetzt eine sonnenfrohe leuch tende, lachende Erinnerung aus, wie man aus einem Buch eine gepreßte Blume nimmt, welch und ohne Duft, und doch ist sie einem wert und köstlich und scheint zu duften, weil sie liebe Hände schenkten. Ja, das wir, als du sie und noch viel anderes fröh liches Jungvoll unter dem grünwogenden Wipfelrau schen der Waldbäume gesessen hat, an langen hölzernen Tischen inmitten der Waldeinsamkeit; als sich da die Ku chenberge lockend, süß, duftend und knusperzuckrig empor türmten und aus den riesigen Kannen der schwarzbraune Trank in die großen, rot und blau getunkte Taffen floß! Juchhei! Die Jugendlust! Daß du jetzt gerade daran denken mußt, jetzt, wo du im regenfeuchten Sattel Nebst, dein Handpserd be ständig stolpert auf dem wüsten, zerschossenen Weg, auf dem deine Kolonne Munition fährt. In pechschwarzer Nacht, durch heulenden Regensturm, der deinen Mantel und deinen Rock schon bleischwer gemacht. Nein, Kamerad, ich wollte nicht wehmutsvolle Erine- rungen hervorzerren ans kalte, graue, trübe Licht des Feldalltags. Mir liegt daran, unserem lieben, treuen, braven Freunde, Tröster und Stärker, dem Kaffee, ein WSrtlein Lobes zu sagen. O, ihr zuhaus, die ihr d»U Behagen und gedankenlos am Morgen oder Abend euren Kaffe schlürft, wißt ihr, was dem Feldsoldaten ein Schluck, eine Feldflasche voll Kaffee ist? Sag' an Kamerad, hast du schon viel heiße, blutioe Sturmangriffe erlebt? Standest du im feindlichen Gra bennetz, Lberprassett vom Sperrfeuer, und lauertest auf die Stunde, da die Essenholer kamen, Trank und Labe brachten? Da gierte, brannte der Mund nach Erquickung. Sag' an Kamerad, denkst du an Märsche, endlose, durch grelle Sonne, auf staubwärbelnden Straßen, und du warst glücklich, deine kleine Freundin, die Feldflasche, bei dir zu haben, die den kühlen, erfrischenden Brauntrank barg? Sag' an, Kamerad, wenn du stundenlang am brül lenden Geschütz gestanden, geschaffen hattest, daß schwciß- beronnen dein.Gesicht, die Kehle wie gedörrt war — wie griffst du dann nach dem Becher mit dem letzenoen Ge tränk. Das sind dann die Abende, wenn die scharfen Umrisse der Landschaft weist und verschwommen werden, die Seh rohre beim Feind nicht mehr spähen können, wo wir auS den Erdlöchern die blauen Dämpslein hochsteigen sehem Und wir wissen, überall die Kameraden, die um ihre Oef- chen sitzen, harren, bis der duftende Kaffee gebraut ist^ Und wir wissen, sie freuen sich auf den Augenblick gerade so wie wir. Gestern abend war es lange hell. Mit seltener Klar heit zeichnete sich das feindliche Gribenwerk in die späte Abendstunde. Da konnten sie drüben beim Feind am Grabenpunkt 944 nicht lange genug warten, bis der schützende Mantel sich ganz herabgesentt hatte. Sie zün deten ihr Kaffeefeuer an. Wie sich so dünn und fein daS schmale Räuchlein hochwand. Wir sahen es so gut im Glas. Am nächsten Morgen, noch ehe die kalte, schräge Win tersonne im Mittag stand, lag der Grabenpunkt zersetzt da. Die weiße Schneedecke der Umgebung war geschwärzt von Erdbrocken und Gebälk, das geknickt und zersplittert war. Ich hatte die Hälfte Granaten mit Verzögerung ge schossen. Ob sie wohl dort weiter kochen? Und doch, wir kennen auch das Warten auf die Abendstunde, da man gefahrlos den köstlichen Stärkungs trank bereiten kann. Ja, er ist des Feldsoldaten lieber, treuer Freund, der Kaffee, Tröster und Stärker. Wenn ich ihm daS Eiserne Kreuz verleihen könnte, dann hätte ich es ihm schon lange, lange gegeben. Sogar erster Klasse. Je nachdem „Nun, wie schmeckt dir die Zigarre?" „Gut, wenn es deine beste Sorte ist; schlecht, wenn du eine bessere hast." * Liebe Liller! Mein Batteriekamerad Großmann hat den Kanonier Wehnagel als Burschen, einen 45 jährigen Landsturmmann, verheiratet, Familienvater, al« Soldat aber eine unmögliche Figur. Letzthin soll er unserm Hauptmann Al-mann ein Buch zurückbringen. Er tut dies mit folgenden Lorten: „Einen schönen Gruß »on Herrn Großmann urd ich möchte Herrn Altmann das Buch zu- rückbringen."- Unseres Hauptmanns Bursche, ein biederer Schleswig-Holsteiner, steht dabei, hört dies mit entsetztem Gesicht an und flüstert dem Hauptmann zur „Entschuldi gen Herr Haupimann, der Mann hat neun Kinderl" Peinlich. „Also was ich jetzt bei meinem Urlaub für Erfolge bei Damen gehabt habe, ist nicht zu glauben." — »Ich glaube es auch nicht." lLiller Kriegszeitung.")