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Tages geschichte. Am 16. Novbr. wurde, wie wir bereit- in unserer leh ren Nummer gemeldet, der sächsische Landtag feierltchst eröffnet und beide Kammern find bereit- in vollster Thätigkett. Die erste Vorlage, die die hohe Etaat«regierung den Kammern zugehen ließ, war der, der II. Kammer vorgelegte Rechenschaftsbericht auf die Jahre 1852 bi- mit 1854. Dieser Rechenschaftsbericht muß jede- treue Sachsenherz mit der aufrichtigsten Freude erfüllen, denn er beweist klar und laut redend, wie wahrhaft umsichtig und musterhaft die Fi nanzen Sachsens von unserem hohen Ministerium geregelt find und verwaltet werden, er beweist aber auch, wie höchst günstig und Vortheilhaft überhaupt Sachsens Finanzen stehen. Sicher wird unser schönes Sachsen von vielen, vielen deutschen und außerdeutschen Staaten um den ausgezeichneten, ja glänzenden Stand seiner Finanzen benteden. Daß vom nächsten Jahre an die Zuschläge bet der Gewerbe- und Personalsteuer ganz und bei der Grundsteuer zur Hälfte Wegfällen werden und bei der Schlachtsteuer eine Ermäßigung eintritl, hat der Volksfreund ebenfalls schon gemeldet; daß aber trotz dieser bedeutenden Ausfälle in der Einnahme die niedrigsten Beamtengehalte eine Erhöhung erfahren sollen, ist doch das sicherste Zeichen einer umsichtigen und weisen Finanzverwaltung. . In vielen anderen Staaten stellte und stellt man Seiten der Regierung Anträge auf Er- Höhung der Steuern oder sinnt auf neue, unser glückliches Sachsen aber kann Steuerermäßigung gewähren und doch dabet die niedrigsten Beamtengehalte erhöhen! In der Finanzperiode von 1852—1854 hat sich ein Einnahmeüberschuß von 3,272,ö75 Thlr. ergeben. — Die ganze Einnahme von 1852—1854 betrug 28,460,788 Thlr., während der Voranschlag sie nur aus 24,845,184 Thlr. berechnet hatte. Die GesammtauSgabe für die ordentlichen StaatSbedürf- ntffe auf die obengenannte Ftnanzperiode war auf 24,845,184 Thlr. veranschlagt gewesen; es war aber diese Summe mit 342,938 Thlr. überstiegen worden, so daß der Ueberschuß, statt 3,615,614 Thlr. nur, wie oben erwähnt, 3,272,675 Thlr. betrug. Die Summe des mobilen Vermögens belief sich am Schluffe der letzter« Ftnanzperiode (1852—54) aus 23,243,883 Thaler. Die Staatsschulden betrugen zwar die Summe von 55,543,862 Thlr. (darunter 7 Millionen unverzinslich), allein dagegen ist ein Acttvwerth von 79,597,414 Thlrn. vor handen, der sich also hcrauSsteüt: 23,243,883 Thlr. mobiles Staatsvermögen bei der Finanz- centralkasse, - mobiles Vermögen des Domänenfonds, - Kapttalwerth der Staatsetseubahnen und Telegraphen, - Kapttalwerth der Staatsforsten, - Kapttalwerth der Kammergüter u. Gefälle, « Kapttalwerth der Steinkohlenwerke u. Wein ¬ berge nebst Kelleret, - Kapttalwerth der Hütten. Hierzu kommt noch, daß die Kapttalwerth« des Salz regals, der Flößen und der Postanstalt nicht mit veran schlagt find, daß für die 4 Millionen Thlr., welche auf die Ablösung der vormaligen Grundsteuerfrethett verwendet wur den und unter den obigen Staatsschulden mit begriffen sind, noch kein Gegenwerth berechnet worden, daß ferner der Werth sämmtlicher StaatSgebäude und des mobilen Mtlitärstaatsver- mögens (letzterer beträgt allein 3 Millionen Thlr.) nicht zum Anschlag gekommen, durch welche Theile des Staat-Vermögens die Staatsschulden und die daraus mit ruhende LivUliste und Apanage gänzlich gedeckt find. Di» Tilgung der Staatsschulden schreitet in sehr erfreulicher Weise fort. Während t« der Periode von 1852 bi» 54 die durchschnittliche Abzahlung 277,677 Thli!., in der Periode 1^55—57 aber bereit« 436,239 Thlr. betrug, wer den in der Periode von 1858—60 schon 1,950,000 Thlr. zur Abzahlung gelange». Für di« darauf folgenden Perioden werden sich diese Summen noch höher heben und werden in verhältnißmäßig kurzen Zeiträumen sehr bedeutende Außgab«- beträge von Budget aus einmal in Wegfall kommen. Bet einem so geregelten und musterhaften Finanzzustand« unseres thcuern Vaterlandes können wir nur aufrichtig wün schen, daß un- der köstliche Friede auch ferner erhalte« bleibe, dann wird unser schönes Sachsenland stet- zu de» glücklichsten Ländern auf Gottes weiter Erde zählen! Deutschland. Preußen. Berlin, 17. Novbr. Unser Interregnum schafft uns eine fast absolute politisch« Stille. Die Welt ist am glücklichsten dabei. Jndeß ist der Wunsch doch ein allgemeiner, daß man etwa- mehr über da» Befinden des Königs erführe. ES wird von zwei Aderlässe« gesprochen, die in dieser Woche stattgefunden haben sollen. Der Geburtstag der Königin ist zwar seit Jahren ohne Feier vorübergegangen, doch niemals so still, wie in diesem Jahr. Auch der Namenstag Ihrer Majestät (übermorgen) wird kaum durch eine andere bezeichnet sein, als durch eine ernste Operu- vorstellung. So leben wir unter einem trüben grauen Himmel. Die Zett ist wie die Jahreszeit. — Die drückendst« Beschwerde dieses Winters wird der Mangel, an Brennmaterial sein. Die Preise sind fast unerschwinglich? und steigen noch immer. E« werden schon allerlei Vorschläge zum Ersatz des Brennmaterial- gemacht; namentlich ist es im Werk nach Rußlands Beispitl größere Localitäten zu erwärmen, wo der Arme, insbesondere Frauen, von 9 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends sich aufhal ten und häusliche Arbeiten verrichten könnten. — lieber die furchtbare Pulverexplosion, welche am 18. Nov. in Mainz erfolgte, schreibt man Folgende«: Fünf Minuten nach 3 Uhr Nachmittags ertönte auf einmal ein donnerähnltcheS Getöse, Erde und Häuser schwankten, Dächer stürzten ein, die Fenster wurden in die Zimmer geschleudert, Bilder und Spiegel fielen zertrümmert von den Wänden — der Schrecken in der ganzen Stadt war unbeschreiblich; niemand glaubte anders, als da- Haus stürze über ihm zusammen. Ein Blick ins Freie zeigte den Himmel durch dicken Rauch verfinstert, und nun war e- einem jeden klar, daß eine Pulverexplosion stattgefunden habe. Entsetzen war auf allen Gesichtern, und ein Bild der Be- stürzung, der Verwirrung, mit welcher man durcheinander lies, zu entwerfen, ist unmöglich. Man ahnte, daß das Eretgniß in den ober» Stadttheilen, in der Nähe der Explosion große« Unglück «»gerichtet haben müsse. Alles eilte dieser Gegend zu — um einer Verwüstung, eines Jammers ansichtig zu wer- den, der alles überstieg, was man in banger Erwartung sich vorgestellt hatte. Der Kästrich und die obere Gaustraße wa ren ein Trümmerhaufe, der seine Bewohner unter seinem Schutt begraben hatte. Gräßlich verstümmelte Körper lagen umher, in ihrem Blut schwimmend, theils noch mit dem Tode rin gend, Eltern irrten umher, ihre Kinder suchend, Kinder jam- werten nach ihren Eltern, Männer riefen nach ihren Frauen — das Unglück war nicht anzusehen! Der in die Luft ge- flogen« Pulverthurm war das Laboratorium auf der Courttn« zwischen der BonisactuS« und Alexanderbastton, wenig über hundert Schritte rechts vom Gauthor entfernt. ES war, wie von Setten des Militär» versichert wird, gestern Nachmittag niemand darin beschäftigt; die Explosion müßte also durch Selbstentzündung de« etwa 200 Centner starken Pulver- 2^55-581 28,800,000 - 20,000,000 4,000,000 1,000,000