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7IV vorrath- entstanden sein. Da» Laboratorium ist von Grund au» verschwunden; wo e» gestanden, ist jetzt ein ungeheure« Loch in die Erde gesprengt; di« ganze Stetnmaffe wurde weit in die Umgegend geschleudert, nicht blo- über die nächste Um. gebung; ungeheure Steine flogen vielmehr über die ganze Stadt, bis ins Gartenfeld, und H Stunden weit bis zur Wagensabrit der HH. Gastell und Harig bet Mombach. Die durch die Explosion angertchtet« Zerstörung ist eine fürchter. ltche; der sogenannte alte Kästrich, meist von ärmer» Leuten bewohnt, ist ganz und gar zerstört; ebenso der obere Theil der Gaustraße bis zum Eingang der StephanSstraße, darunter da« Braphau» zum Donnersberg, die Klomann sche Wirthschast u. a. Die StcphanSktrche hat großen Schaden gelitten, Fen- ster und Orgel sind zertrümmert, da« Dachwerk schlimm zuge. richtet; besonders aber ist der Thurm erschüttert, und wird wohl abgebrochen werden müssen. Auch die Brücken über den Graben am Gauthor find zum Theil zerstört. Die in die Stadt fliegenden Steine zertrümmerten die Dächer de« Kym. nafium« und der evangelischen Kirche u. s. w., andere haben da- schöne Portal der Augustiner» (Liebfrauen.) Kirche zcr- splittert, und an Privathäusern großen Schaden angerichtet. So brach z. B. ein mindesten« drei Centner schwerer Stein durch da« Dach und zwei Stockwerke de« Case de Part« dis in da« Parterre desselben; glücklicherweise ohne jemand zu be schädigen. Nicht blos in ganz Mainz find alle Fensterscheiben zersprungen, und selbst die Fensterrahmen zerrissen in die Zim mer geschleudert worden, dasselbe ist auch in den umliegenden Orten: Zahlbach, Weisenau, Mombach und Castel, zum Theil sogar in Biebrich, Hochheim und Finthen geschehen. Die Lusterschütterung und das Donuergetöse hat man aps mehrere Stunden in der Runde, z. B. in Wiesbaden, sehr deutlich wahrgenommen. Ist nun der Schaden, der durch die Demo- lirung ganzer Straßen und die Beschädigung sämmtlicher Ge bäude der Stadt entstanden ist, schon ein ungeheurer — find doch Hunderte von armen Familien obdachlos geworden — so ist doch der Verlust von Menschenleben ein weit größerer. Das Jammerbild, welches der blutgetränkte Boden des obern StadttheilS bot, zu beschreiben, sind wir außer Stande. Die Explosion hat wohl Hundert von den in der Nähe befindlichen Menschen das Leben und die Gesundheit gekostet; die blutigen Leichname der Vorübergegangencn und der aus Soldaten des 34. Regiments bestehenden preußischen Thorwache lagen umher; drei mit vier Pserden bespannte Fuhrwerke, die eben die Brücke pasfir« teu, stürzten in den Graben hinab, und liegen unten in einer gräßlichen Blutlache; in der naheliegenden „rothen Cascrne," wo ein österreichisches Detachement eben exercierte, wurden viele Soldaten getödtet oder verstümmelt; andere blieben aus wunderbare Weise verschont. Unter den znsrmmenstürzenden Häusern fanden ganze Familien einen plötzlichen Tod; andern ist der Vater oder die Mutter entrissen, andere haben ihre Kinder verloren. Auch weiterhin wurden Kinder in der Wiege getödtet; in der Augustinerstraße riß ein Stein einem Kinde den Kopf weg; einem Schauspieler wurden vor dem Cafe Mayence die Beine zerschmettert; viele Hundert wurden theils schwer, theils leicht verwundet — namentlich sah man eine Menge blutender Frauen und Kinder, denen die zerspringen- den Fenster u. s. w. gefährliche Kopfwunden beigebracht. Eine Angabe der Zahl der Todten und Verwundeten läßt sich jetzt auch nicht einmal annäherungsweise angeben. Wie groß die selbe ist, läßt sich schon daraus entnehmen, daß bis jetzt 15 Todte und 28 Schwervcrwundete bürgerlichen Standes und 9 Todte allein vom preußischen Militär angemeldet find. Diese kurze Ueberficht der entsetzlichen Katastrophe möge für heute genügen; wir werden noch viele Einzelheiten nachzutragen haben. Da« furchtbare Unglück, da« unsere Stadt betroffen, der tiefe, bittere Schmerz, der die Herzen von tausend Fami lien erfüllt, wird, man muß e« sagen, mit hochachtung-wer, ther Resignation ertragen. Jedermann hegt da« feste Der« trauen, daß der deutsche Bund, der seit Jahrzehnten die Mit tel nicht bewilligte, um FriebenSpulvermagaztne in nöthiger Entfernung von der Stadt zu erbauen, nunmehr nicht säumen wird, unverschuldete«, gräßliche- Unglück zu lindern, mit an» dern Worten, schnellt Hülfe zu bringen. Großbritannien. London, 16. Novbr. Die. Zeitungen und Briefe, welche wir mit der letzten Post erhal ten haben, können uns nur in der Annahme bestärken, dass die Lage der Dinge in Indien viel ungünstiger für die Eng länder ist, al- unS da» Telegramm vom vorigen Mittwoch glauben machte, und daß der Aufstand eine Confistenz gewon- ne» hat, von der wir früher keinen Begriff hatte». Die Inder, da» unterliegt nun keinem Zweifel mehr, schlagen sich nicht blo» tapfer, sondern sie find auch militärisch gut organifirt. Inland. Die Thronrede, welche Sc. Majestät der König bei der die«jährigen Eröffnung der Ständevcrsammlung hielt, lautet: „Meine Herren Stände! „Nur mit innigem Danke gegen Gott können wir auf den seit „Ihrer letzten Zusammenkunft verflossenen Zeiträume zurückblicken. „Der Krieg, der in eiuem Theile Europa'- wüthete und un« „selbst in seinen Strudel mit fortzureißen drohte, ist mit Gotte-Hilfe „durch weise Mäßigung der betheiligten Mächte glücklich beendigt wor» „den. Der Deutsche Bund aber hat die Haltung, welche er in dieser „ernsten Zeit für die richtige erkannt, nicht zu bereuen Ursache gehabt. „Die Beziehungen Sachsens zum Au-lande haben sich nach allen Sei- „ten hin nur noch freundlicher und fester gestaltet. „Die von Seiten Oesterreichs und Preußen- de« deutschen Bun desversammlung gemachte Vorlage bezüglich der Verfaffung-verhält- „niffe der Herzogthümer Holstein und Lauenburg hat einem von Meiner „Regierung wiederholt ausgesprochenen Wunsche Befriedigung gewährt. „Durch Abschluß einer Münzconvention zwischen den ZollvereinS- „staaten einerseits und dem Kaiserthum Oesterreich nebst dem Fürsten- „thum Lichtenstein andererseits, durch die Anbahnung einer allgemei- „nen deutschen HandelSgesetzgebnng sind neu« Schritte zu näherer Ver- „einigung aller deutschen Lande auf dem Gebiete der materiellen In» „tereffen geschehen. „Mit Eintritt des Frieden- und der vom Himmel bescheerte» „reichlichen Ernte ist auch die Noth gewichen. Handel mid Gewerbe „haben einen neuen Aufschwung genommen und wir dürfen hoffen, daß „dessen Segnungen durch die gegenwärtigen Erschütterungen de- Geld- „markteS keine anhaltende Störung erfahren werden. Die Landwirth- „schaft ist im dauernden Fortschreiten begriffen. „Die Finanzen des Königreichs find im gedeihlichsten Zustande, „wie Sie aus den Ihnen mitzmheilenden Vorlagen ersehen werden. „Dies setzt Mich in die erfreuliche Lage, Ihnen neben namhafter Gr- „leichterung der Steuerpflichtigen auch Bewilligungen zu der dringend „nötbigen Verbesserung der Gehalte der am niedrigsten besoldete» „Staatsdiener und zu weitern gemeinnützigen Zwecken Vorschlägen zu „können. „Die ans dem außerordentlichen Landtage 1854 beschlossene neue „Behördenvrganisation ist mit dem 1. October 1856 in'S Leben ge- „treten. Abgerechnet einige mit jeder neuen Einrichtung verbunden«, „hoffentlich vorübergehende Unbequemlichkeiten scheint fie fich im GaN» „zen als zweckentsprechend zu bewähre» und namentlich das neue Straf- „verfahren durch Schnelligkeit und Sicherheit allen billigen Anforde rungen zu genügen. „Auch das jener Organisation fich anreihende Gesetz, das frieden-- „richterliche Institut betreffend, ist in der Ausführung begriffen und „Ich hege das Vertrauen, daß die hingehende Mitwirkung der dazu „Berufenen ein« ersprießliche Entwickelung der neue» Einrichtung her- ,,beiführen wird. „Die Angelegenheit wegen Erlassung eines bürgerlichen Gesetzbu- „ches ist in «in neue« Stadium getreten. Mehrere benachbarte Staa- „ten haben Beauftragte zu der mit Revision des Entwurfs beschäftigten „Commission abgesendet, um ein gemeinschaftliche- Werk zu Stand« „zu bringen, und es steht zu hoffe», daß auf diesem-Weg« dem tünf- „tigen bürgerlichen Recht« ein« sichere Grundlage grgeben und die er- „wünschte weitere Ausdehnung für seine Geltung verschafft werden wird. „lieber die sonstigen legislativen Vorlagen wird Ihnen von.Eel- „ten des Ministerium Eröffnung zugeheo. „Hat auch in den letzten Wochen Mein väterliche- Herz ein schmerz-