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pariser Vries. Kriegsbilder. Paris und London. In London ist die Stimmung — mag dies nun im Rebel, im Polkscharakter oder sonstwo seinen Grund haben — niedergedrückt und gewissermaßen beklemmend. In Paris bewegt sich das Publikum einheitlicher und sichtbar- lichcr verbunden durch ein gemeinsames Gefühl. Aber man sieht in Paris viel mehr Frauen und viel mehr Berwundete auf den Straßen. Vor dem Kriege spazierte man in der Seinestadt lärmend und fröhlich umher. Jetzt aber ist man ruhig, fast still geworden. Die Zahl der Männer, die durch Tod. Verwundung oder Gefangenschaft vom Schauplatz des tätigen Lebens Frank reichs verschwunden sind, ist sehr, sehr hoch. Nicht selten er fährt man von dem Direktor eines Gcfchäslsunternchmens, daß der fünfte oder sogar vierte Teil aller seiner früheren Angestellten gefallen ist. London ist des Abends und Nachts mehr verdunkelt als Paris, und es ist schwerer, sich in der Lily zurechtzufinden. Die französischen Kraftdroschken sind nicht so gut wie die eng lischen, da alle wertvolleren und schnellen Wagen an die Front geschafft wurden. Dagegen lebt man in Paris freier und angenehmer, was Essen, Trinken und sonstige Bedürfnisse oder Gewohnheiten betrifft. Für den Londoner ist cs heute geradezu eine Erleichterung, sich durch eine Reise nach Paris von den verschiedenen, die Freiheit lähmenden Kriegsvor schriften der englischen Regierung ausznruhen. In Paris sind die Behörden nicht so unmenschlich, sie ge statten einem» ruhig auf das Wohl von Frau und Kindern ein Glas zu trinken, ohne polizeiliches Einschreiten befürchten zu müssen. Der Verkehr wiederum ist in Paris schlechter. Während noch vor kurzer Zeit wenigstens die wichtigsten Omnibuslinien in, wenn auch pausenreichem Betrieb waren, gibt es heute in ganz Paris keinen einzigen Autobus mehr. Schlecht steht es auch um den Privatverkehr auf den fran zösischen Eisenbahnen. Die Züge, die um Mitter nacht das Weichbild von Paris erreichen, muffen manchmal bis 3 Uhr morgens warten, um in ihren Endbahnhof ein fahren zu können. Eine besondere Eigenheit der Franzosen, die den Engländer stets überrascht — nämlich die Scheu vor frischer Luft — ist auch im Kriege nicht verschwunden. So sieht man niemals eine offene Droschke, die Geschäftsräume und Zimmer sind ungelüstet. Die zur Tradition gewordene Leichtlebigkeit in der Ge sellschaft, die heitere Sorglosigkeit und der unbekümmerte Sinn sind bei den jetzigen Einladungen und Tees nicht mehr zu finden. Der Geschäftsverkehr zwischen Paris und London leidet an dem Mangel geeigneter Transportmittel in Frank reich. So werden Aufträge, die im Oktober fällig waren, erst im Januar ausgeführt. Andererseits ist die Stockung in den Londoner Docks dem Handelsverkehr ebenfalls hinderlich. Während die öffentliche Meinung in Frankreich ihre be stimmte Richtung hat, leidet man in London, wo man noch beute das Wie und Wo der Kriegführung erörtert, unter dem Zwiespalt der Gemüter. Man kann auch jetzt feststellen, daß die französischen Industrien für den Krieg bester organisiert wurden als die englischen. Im Gegensatz zu London ist in Paris die Stimmung und das Urteil über die Kriegführung der Regierung ziemlich einheitlich. In London gibt es heute noch nicht zwei Menschen, die über die Tätigkeit der leitenden Kreise der gleichen Meinung sind. Die militärischen Geisterseher von Paris. Die unterhaltsamen Geschichten über die schon im Frieden sehr häufigen spiritistischen, zukunftbeschwörenden und mit den Geistern in Verbindung stehenden Unternehmungen in Paris sind in den Kriegsmonaten so zahlreich geworden wie der Sand am Meere. Der Aberglauben der Pariser hat durch die Umstünde und Begleiterscheinungen des Krieges naturgemäß an Verbreitung gewaltig zugenommen, und es tonn nicht wundernehmen, daß die Zukunftsleser und Geisterbcschwörer mit diesem Steigen ihrer Aktien Schritt icltcn. Fast in jeder Woche wird eine neue Schwindelunter- whmung dieser Art aufgedcckt. Das neueste Eeiftergeschäft aber arbeitete unter ganz besonderen Umständen, die ans Licht gezogen zu werden verdienen: Seit längerer Zeit er- encgtc das in der Rue de Rivoli gelegene „Hypno- wagnerislb» Institut" die Aufmerksamkeit aller wiffens- dürstig«-, Männer und Frauen. Eine Riesenanzeige in sämt lichen großen Pariser Zeitungen lud alle Leute, die die Zu- i.insl erfahren wollen, zum Besuche ein. Für eine verhältnis- äßig ,"ringe Summe sollte jeden die Zukunft „restlos" - .itslb.'ewrt werden, gleichzeitig sollten die Besucher in die Ge- l.imuiffe Les Schlafes eingeweiht werden und in vier Stunden erlernen, selbst die unsichtbaren Mächte zu be herrschen. Da die gewerblichen Hellseher nicht sonst die Gewohnheit haben, dies Rätsel ihrer Kunst preiszugeben, kamen'die Be such.! 'n Scharen herbei, um an den Sitzungen teilzunehmen, dies zwei— S o l d a t e n nbgehalten wurden. Denn die Unter-n mcr waren tatsächlich Träger der französischen Unifa u Sie hatten allerdings nie die Front gesehen, ssnder! gehörten nur der prächtig gekleideten, aber fried lichen. republikanischen Garde an, die vor den Pariser Re- gienrngsgebäuden einberspaziert. In ihren Mußestunden warfen sic ach in bescheidenes Zivil, um unter dem Titel von Professoren ihre schwarze Kunst mit Erfolg zu erteilen. Bei dieser Ausübung stand ihnen eine gefällige Freundin Lei, die aas Befehl einschlief und dann ein wenig undeutliche, dafür aber stets angenehme Orakel verkündete. Liebe- Lürstigen jungen Mädchen versprachen sie baldige Verlobung, den Frauen Einberufener kündeten sie den Urlaub ihrer Gatten, und verkrachten Geschäftsleuten gaukelten sie märchenhafte Krieasgcwinne vor. So ging das Geschäft, und cs ging gut, insofern der Ge winn reichlich war. Vis eines Tages eine Dame, die sich von der Treue ihres Gatten überzeugen wollte, dem schönen 'Zustand ein Ende bereitete. Die Prophetin und die beiden Profestoren-Eardistcn schworen, daß es im Himmel und auf der Erde keinen treueren Ehemann gäbe. Doch schon am nächsten Tage erhielt die Dame Beweise für die Untreue ihres Gatten, und in begreiflichem Zorne eilte sie auf die Be hörde, um gegen das „Hypno-magnetische Institut" Anzeige gu erstatten. Der Schluß vom Liede war, daß die unter nehmungslustigen Gardisten wegen „Verletzung der militärischen Würde" zu 2 Wochen Gefängnis ver donnert wurden. Und nunmehr herrscht grosse Freude unter den Pariser Geistersehern, weil die militärisch« Konkurrenz vom Schauplatz verjagt wurde. ,. DasPariserBeleuchtungselend. Die Verdunkelung von Paris, die auf die Zeppelinangst und die Mißstände in der Stadtverwaltung zuriickzuführen ist, hat einen Grad erreicht, der die Klagen der Zeitungen nicht mehr zur Ruhe kommen läßt. Nunmehr untersucht der „Eaulois" nach statistischen Angaben den Unterschied zwischen der Beleuchtung von Paris vor dem Kriege und in der Gegen wart. Vor dem Kriege wurde Paris durch 63 300 Gas brenner und 2166 elektrische Lampen, alles in allem also durch 65 466 Lichtspcnder erhellt. Gegenwärtig, so klagt der „Gaulois", brennen aber nur 18 429 Lampen und auch diese nur bis 10 Uhr abends. Nach 10 Uhr ist nur die Unter haltung von 6375 Straßcnlampen gestattet. Demnach ver fügt Paris im Kriege nur über 10 Prozent seiner Friedcns- beleuchlung. Das Urteil über diese Zustände überläßt das Pariser Blatt seinen Lesern. Das Theater-Automobil an der französischen Front. Ein kleiner Abschnitt der französischen Front erfreut sich einer besonderen Einrichtung zur Zerstreuung der Soldaten in Gestalt eines Theater-Kriegs-Auto mobils. Es ist ein Pariser Autobus, der von den Boulevards der Seinestadt an die Front befördert wurde, um die Einförmig keit des Schützengrabenlebens von Zeit zu Zeit durch sein stets freudig begrüßtes Erscheinen zu unterbrechen. Ein altes Klavier, verschiedene Bühnengegenstände, Vorhänge, Kleidungsstücke und Perücken füllen diesen dem Dienst der Musen geweihten Omnibus. Die Leitung des Omnibus theaters hat der in Paris bekannte Nevuensängcr Lucien Boyer. Im übrigen besteht dL' Truppe aus drei bis vier ausübenden Mitgliedern, die nach Ort und Gelegenheit in Len Dienst dieses rollenden Theaterunternehmens gestellt werden. Wenn der Omnibus zur Abhaltung einer Vor stellung erscheint, werden die in Reserve liegenden Soldaten abwechselnd beurlaubt, um sich an den Vorführungen zu er götzen. Der Theateromnibus erfreut sich großer Beliebtheit, trotzdem die mitwirkenden Künstler nicht gerade Weltruhm besitzen und das Klavier infolge der Witterung und anderen Kriegsbeschwerdcn bereits den größten Teil seiner Töne „vermißt". Das russische Völkergemisch. Die Zahl der verschiedenen Volksstämme in Ruhland. Der Habsburgischen Doppelmonarchie gegenüber gibt sich Rußland gern als ein einheitlich nationales Staatengebilde aus, das sich berufen fühlt, als Vorkämpfer des Slawentums aufzutreten. In Wirklichkeit steht das russische Reich in völkerkund licher Beziehung ganz einzig da durch die Verschiedenheit der Nationalitäten des in ihm enthaltenen Völkergemischs. So regelmäßige Volkszählungen wie in anderen Kultur staaten kennt man in Rußland nicht. Eine große allgemeine Volkszählung fand in der Mitte des vorigen Jahrhunderts statt (1851) und nach 7 Jabren wurde sie nur teilweise erneuert. Damals ergab sich in dem weiten Reiche eine Einwohnerzahl von fast 74 Millionen Köpfen. 40 Jahre verflossen ehe man sich wieder zu einer allgemeinen Zählung aufrafste, die im Jahre 1897 vorge nommen wurde. Sie stellte eine Kopfzahl von 125 640 021 fest. Seitdem wurde in Rußland nicht wieder eine allge meine Zähluna veranstaltet, sondern die Vevölkerungszahl wird nach den alljährlich vorgenommenen „Revisionen" ge schätzt, wonach sie sich im Jahre 1912 auf rund 171 Millionen belief. Der Schichtung der Bevölkerung legen wir am besten die genauen Zahlen des letzten Zensus von 1897 zugrunde, das gegenseitige Verhältnis hat sich in der seither ver flossenen Zeit kaum verändert. Von den 125IL Millionen werden nur 92 Millionen als Slawen bezeichnet, und auch diese stellen keineswegs eine einheitliche Masse dar. Die Hauptmasse bilden nach der Angabe Russen, fast 84 Millionen (83 933 567). Aber selbst diese Russen bilden keineswegs eine einheitliche Nation, so wenig etwa wie die Skandinavier (Schweden, Norweger, Dänen) oder Engländer und Deutsche, die eine größere Stammesverwandtschaft haben als die verschiedenen Teile dieser Ruffen. Sie zerfallen in die Groß ruffen (53 Millionen). Klcinrussen (25 Millionen) und Weißrussen (6 Millionen), die durch Sprache und Sitte sehr voneinander verschieden sind. Speziell die Kleinrussen, die sich selbst Ukrainer nennen und für die Erhaltung ihrer selbständigen ukrainischen Sprache gegenüber den gewalt samen Unterdrückung^- und Ruffifizicrungsversuchen kämpfen, stehen in einem starken Gegensatz zu den herrschen den Kroßruffen. Die nächste Stelle nimmt auch ein slawischer Volksstamm ein, die Polen mit beinahe 8 Millionen (7 931307) Seelen, doch zeigt ja der Jubel der polnischen Bevölkerung beim Einzug der verbündeten Deutschen und Oesterreicher in Warschau, wie sehr sich die Polen nach Befreiung-von der russischen Herrschaft sehnen. Ihnen schließen sich die „lieben Juden" des Zaren mit 5070205 Köpfen an, diese ärmsten der armen, denen im heiligen Rußland auch die einfachsten Menschenrechte versagt sind. Erhebliche Teile der Bevölkerung stellen außerdem noch dar die Kirgisen und Kosaken mit 4084 139. die Tatar-n mit 3737627, Deutsche mit 1 790489. dis Baschkiren, Tegtjaren mit 1 438 136, die Letten mit 1435 937, Georgier, I m m e r e t i e r und Mingre- lier mit 1 336448. Litauer mit 1210510. Armenier mit 1 173 086, Moldavier und Rumänen mit 1 121669, Morduaten mit 1023841 und Esten mit 1003 738. Mit geringeren Ziffern, unter einer Million, treten hinzu die Sorten mit 968li55, die Chuwaschen mit 843 755, die Tschetschcnsen mit 819 576, die Karakirgisen mit 802807, die Usbeken mit 726 534, die Kalmücken und Bur jaten mit 469 311, die Schmuden mit 448 022, die Töteten und Tadschiks mit 445 457, die Wotiaken mit 420 970, die Tscheremissen mit 375 439, die Finnen und Morelen mit 351 169, die Turkmenen mit 281357, die Kurden und Osseten mit 271665. die Sirjanen und Permjaken mit 258 309, die Jakuten mit 227384, Türken mit 208 822, Griechen mit 186925, Bulgaren mit 172 726, die Kabar diner und Abchasier mit 170672, die Kumiks und Nogais mit 147 488, endlich 66 270 Tnrgusen und 50 385 Böhmen. " " Vcks ergibt 48 einzelne Vokksstv^M«, «Ha «koch SSL 86' Vertreter verschiedener ganz kleiner Völkerschaften treten Man ersieht hieraus, welch schwierige Aufgaben die Ent wirrung der russischen Völkerkunde der Wissenschaft noä vorbehält, denn selbstverständlich ist die Abstammung de einzelnen Stämme und ihre etwaige Verwandtschaft unter einander noch weitaus nicht genügend erforscht. Die von dieser wirren Masse erreichte Kulturhöhe er kennt man recht gut aus den Schlußworten der französische, Quelle dieses Berichts („Mouvement Esographique"): Nu ein Drittel der eigentlichen russischen „Bürger" könne« ihren Namen schreiben, kaum ein Zehntel der eigentliche« russischen Frauen können lesen, aber — alle könne« trinken. - Deutscher Ruhm auf Korfu. Das schöne Korfu, aus der Schiffermiirchen der Odyssee als das selige Land der Phäaken b« kannt, ist nun durch einen Gewaltstreich und neuen Völkerrechts druch zur Operationsbasis skrupelloser Kriegführung gemacht wo« den. Selsame geschichtliche Erinnerungen werden da lebendi, Schon Liutpraud, der Geschichtsschreiber der Langobarden, vei zeichnet 968 n.Thr. denNameuCorifus — Korfu, der vom griechische Koriphos statt Koryphc-Felsen sich herleitet. Die antike Welt ho mehr als ejne Seeschlacht in den Gewässern dieser der „jonisch« Inseln" gesehen, von denen aber keine von entscheidender Bk dutung für diellöeschichte der Mittelmeerländer geworden ist. Wei interessanter, aber ebenso viel weniger bekannt ist, daß schon ein mal ein deutscher Kaiser seine mächtige Hand auf Korfu legt. Es war in einer Zeit tiefen Verfalls des byzantinischen Reiche! unter Isaak II. Angelos, daß Korfu nebst Kephallenia und Zakyn thos voin griechischen Kaiserreiche losgerissen wurden und unte die Herrschaft eines gewissen Margaritoncs von Brindisi käme« einer jener merkwürdigen Tyrannengestaltcn, wie sie nach der Muster Ezzelino di Romanos nur die Stauferzeit und di SOnaisjance hei vorgebracht haben. Margaritoncs war zuerst AL miral Tankreds von Sizilien gewesen, betrieb dann aus eigen Faust das einträglM-cre Geschäft eines Seeräubers und trat dan als Herr von Brindisi, Korfu und der gegenüberliegenden grie chischen Küste in die Dienste des gewaltigen Hohenstaufen Hein rich VI., dessen ungemessene Wcltreichspläne vor Byzanz nicht Hal machten. Der Kaiser forderte damals von dem Vasallenreich Korfu und dem ganzen'Festlande bis Saloniki einen Lehnzins voi 50 Zentnern Gold, was später bei der notorischen Armut diese Länder aus 15 Zentner ermäßigt wurde. Aber den Staufer rafft nur zu schnell das brennende Fieber Siziliens dahin, Margaritone starb ebenfalls bald, und Korfu vegetierte schlecht und recht unte der byzantinischen Herrschaft weiter, bis nach einem halben Jahr tausend, vor jetzt genau 200 Jahren, ein deutscher Kriegsheld sid auf der Phäakeninsel glänzenden Ruhm erwarb. Der Großveji Damad Ali hatte 1715 das den Venezianern gehörende Morea den Peloponnes der Antike, wieder unter türkischer Oberherrschaf gebracht. Für Kaiser und Reich war damit nach dem „heilige« Bund" von 1697 der Bündnisfall gegeben, und die vereinigt Flotte durchstreifte denn auch unter päpstlicher Flagge di« grie chisä)«n Inseln. Der tapfere Verteidiger Korjus, der in venezi anischcn Diensten stehende Graf Johann Matthias von de Schulenburg, zwang den Gegner am 19. August 1716 zum Abzug Mit gemischten Gefühlen mögen die Merverbändler das Marmor denkmal betrachten, das der Senat Venedigs 1718 dem deutsche« Helden errichten ließ, und das die schlichte schöne Inschrift trägt .„^äbuo viveini", „dem noch heute Lebenden . . .". Und wenig er freut mag heute Herr Asquith daran zurückdenken, daß aus den Wiener Kongreß 1815 Lord Castlereagh in die Ausgabe des bri> tischen Proteltorats über Korfu und die jonischen Inseln willigte Aber Geschehenes läßt sich nicht ändern und deutscher Nuhn« nicht aus Ler Geschichte Korfus streichen. Die Stadtschreiberei. Wir lesen im Erfurter „Allg. Anz.": Ein Bries aus dem Rathaus ist uns heut aus Len Tisih geslogen, der eine wunderschöne Unterschrift trug: „Stadtjchreiberei". Wir wollen gestehen, daß wir wohl einen Augenblick verwundert waren, bis dann die Frcndc über diese prächtige Ncueiusühcuug des alten Wortes durchbrach Welch eine lange Geschichte hat doch die Stadt- schrciberei, und welch ein Ansehen genoß vor Jahrhunderten in der Stadt „der Herr Stadtschreibcr"! Nach dem Bürgermeister war er beinahe die Hauptperson in früheren Jahrhunderten, und wir vergessen in Wagners „Meistersinger von Nürnberg" ob der ko mischen Figur jenes Stadtschreibcrs — der übrigens nur durch seine unglückliche Liebe komisch wirkt — doch nicht., daß dieser Sixtus Beckmesser «in gar wohlgel'Neuer und hochgeachteter Mann ist, der sich um die Hand der Tochier des reichen Poguer bewirbt, und wie dieser Nürnberger Stadtschreiber, so wird in früheren Jahrhunderten auch der Stadtschreiber von Erskirt eine gar ge wichtige Rolle gespielt haben. Dann aber kain langsam der fran zösische Einfluß aus unsre Sprache ins Land, und ehe wir es uns versahen, hatten wir ein Stadtsekretariat und einen Stadilckretär. Gottlob, daß wir ihn jetzt durch die Sprachreinigung wieder los- geworden sind, — hosj«»tlich für immerl , Feldgrauer Humor. „Maria Stuart" bei Reinhardt. 4. Auf zug. 11. Szene. Elisabeth hat das Urteil unterzeichnet und nach Davison geklingelt. Nun, ehe der Schreiber eintritt, ist sie nach vorn geeilt, wo neben dem Kamin ihr Betpult steht., und scheint eifrig im Brevier zu blättern. Da ertönt im Parkett die Stimme eines Feldgrauen, der, so deutlich wie man es wahrscheinlich im Schützengraben tun muß, seinem Nachbarn zuslüstert: „K omisch , er st klingelt je, und dann schaut je im Telephon- buch nach?" — Um zwei Uhr ist Parole. Die Mannschaften stehen in Reih und Glied geordnet vor dem Kasernengebäude und erwarten die Befehle des Herrn Wachtmeisters. „Wer von euch spiel Klavier? Rechts antrctcn ... in zwei Gliedern, marsch, marsch!! Wer von euch hat eine gute Handschrift? Links an- tretcn, in zwei Gliedern, marsch, marsch!! Das Ucbrige stillge standen — wegtrctcn. Die Schöujchrciber reinigen die Schreib stube — aber peinlich sauber — wegtreten! Die Klavierspieler hauen die zwei Stoß Holzstämme zu Kienholz! ..." — Der Haupt mann kam auf Urlaub. Er besah sich mit väterlichem Interesse seinen Jüngsten, Kriegsgeborenen, der. den nahen Zusammen hang mit diesem fremden Herrn nicht ahnend, sich natürlich vor ihm fürchtete. Darauf übernahm der Vorjüugste, der kleine Jockel, die Vermittlerrolle und sagt: „Aber Eckbardt, das ist doch der Mann, der schon mal da war." — Erzählungen russi scher Gefangener. „Wie es geht mit de Sammlung vons russische rotte Kratz? Wie mit a Eiszapfen! Man nimmt ihn, man gibt ihn, man nimmt ihn, man gibt ihn. Er ist geworden klaincr und klainer — er ist geschmolzen aus. Und — alle haben reine Hände!" — Ein jüdischer Soldat schilderte mir die Schlacht von Augustowo. die er mitgemacht hatte. „Lhoben die Russen gehabt Angst. Lhoben sie geschickt nach vorn die Tiddcn, die Daitschen, die Letten und sind geblieben hinten. Aber Gatt ist gerecht! Die Preußen kamen von hinten!" — Givselder Begeisterung. Der Lehrling, den der Friseur Meyer neu lich eingestellt Hai, ist ein großer Verehrer der Bulgaren. Jedes mal, wenn er einen Kunden einseift, singt er dazu: „Schöume, Mailtzal" („Jugend".,