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Drehstromprincip ist nun der Umstand, dafs sich die verschiedenen Pole bezw. deren magnetische Felder wie die mechanischen Kräfte nach dem Parallelogramm zu Resultirenden zusammensetzen. Hier würden sich demnach die resultirenden Pole Nr-S E ergeben, welche ihrerseits ein entsprechendes äufseres Magnetfeld bedingen. Bei Uebergang von Gleichstrom zu Wechselstrom würden die Resultirenden, dargestellt durch die Pfeile NR-SR, derselben periodischen Aenderung in Gröfse und Polzeichen unterliegen wie die oben bei N-Sr erwähnte, ohne dafs zunächst eine Drehung der Pole und des magnetischen Feldes erreicht würde. Dies ändert sich aber sofort, wenn man die Spulen I und II nicht von ein und demselben Wechsel strom durchfliefsen läfst, sondern von zwei ver schiedenen Wechselströmen, die zwar gleiche Stärke aber nicht dieselbe Phase besitzen sollen, oder mit anderen Worten : die beiden magneterregenden Wechselströme sollen nicht gleichzeitig ihren Maximalwerth und Nullwerth erreichen, sondern der eine soll im Maximum sein, während der andere durch Null geht und umgekehrt. Graphisch dargestellt würden die Ströme folgendermafsen (Fig. 22) verlaufen. Eine kleine Ueberlegung wird Dir nun alsbald klar werden lassen, dafs hierdurch die Drehung der resultirenden Pole und ihres äufseren magnetischen Feldes oder das Vorhandensein eines „magnetischen Drebfeldes“ bedingt ist, was zur Entstehung des Namens „Drehstrom“ die Veranlassung gegeben hat; denn Du brauchst Dir nur die durch die Pfeillängen dargestellten Componenten Nj-Sj vom Maximal werth gegen Null abnehmend zu denken, während die Componenten Nu-Su von Null gegen das Maximum hin wachsen, um eine Drehung der Resultirenden NE-SE aus dem verticalen Durch messer im Sinne des Uhrzeigers zu erhalten; gleichzeitig wird im vorliegenden Falle durch die mit der Drehung verbundene Längenänderung der Resultirenden NE-SE ein Schwanken der Intensität oder „Pulsiren“ des magnetischen Dreh feldes kenntlich, dessen Verminderung durch eine gröfsere Anzahl von magneterregenden Spulen und somit Componenten ermöglicht wird. Die hier gegebene Ableitung, welche die zwei in ihrer Phase verschobenen Wechselströme oder den „Zweiphasenstrom“ als gegeben annimmt, führt zunächst auf den Zweiphasenstrommotor. Der einfachste Zweiphasenstrommotor ergiebt sich nämlich in der Weise, dafs man in den feststehenden Ring (Fig. 20) einen drehbaren Eisencylinder mit abgeschnittenen Seiten hinein bringt. Alsdann werden durch die drehenden Pole in die sem Cylinder entgegengesetzte Pole inducirt, welche jenen im feststehenden Ringe drehenden nach laufen oder nach der Maxwellschen Anschauung: der drehbare Cylinder bildet den magnetischen Schlufs für die aus dem festen Ringe austreten den Wirbelfäden bezw. Kraftlinien des magnetischen Drehfeldes und unterliegt bei dem Rotiren der resultirenden Pole oder Austrittsstellen der Wirbel fäden einem Drehmoment, weil er sich stets so ein zustellen sucht, dafs er den geringsten magnetischen Widerstand bietet oder mit anderen Worten dauernd ein Maximum von Wirbelintensität bezw. Kraft linienanzahl ermöglicht. Der Uebergang vom Motor zum Zweiphasen- stromgenerator ist jetzt sehr einfach, indem man eine Umkehrung vornimmt, d. i. den, durch von aufsen zugeführten Strom in einen Magnet ver wandelten, inneren Eisenkern unter Kraftaufwand dreht, wodurch in den Spulen I und II zwei Wechselströme inducirt werden, welche in der Phase um 90 Grad verschieden sind (Fig. 22), und die von den vier Drahtenden ohne weiteres nach aufsen geführt werden können. Die Verhältnisse bleiben noch dieselben, wenn man behufs besserer Ausnutzung des Ankerringes diesen letzteren mit einer in sich geschlossenen Wicklung bedeckt, wie in jeder Gleichstrom maschine, und diese Wicklung an vier um je 90 Grad voneinander abstehenden Stellen anzapft, wobei alsdann je zwei diametrale Ableitungsdrähte dem selben Wechselstromkreis angehören. Kehrt man bei dieser Anordnung wieder zu feststehenden Magneten und rotirendem Anker zurück, so werden jene vier Punkte zunächst mit vier isolirten Schleifungen verbunden; von den letzteren wird alsdann der Strom durch Draht- oder Kohlen bürsten abgenommen, wie dies z. B. in den Zwei phasenstrommaschinen von Schuckert & Co. der Fall ist. Findet das Anzapfen an 6 Stellen des Ringes statt oder bringt man drei um 120 Grad gegeneinander verschobene Spulenpaare an, so hat man den Dreiphasenstrom. Die Verkettung desselben in der Weise, dafs man je zwei als dann nebeneinanderliegende Abführungsdrähte zu einem vereinigt und somit anstatt ’zu sechs nur zu drei Leitungsdrähten gelangt, hat man als „Drehstrom“ bezeichnet. Für die in sich ge schlossene Ringankerwicklung würden also die drei um 120 Grad voneinander abstehenden Punkte A, B, C (Fig. 23) Anzapfungspunkte sein, um von der Maschine Drehstrom abzunehmen.