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854 Nr. 19. STAHL UND EISEN." October 1892. Städten des Landes mit mehr als 1000 Ein wohnern 328 jeder Eisenbahnverbindung, darunter noch 11 mit mehr als 5000, 26 mit mehr als 4000, 59 mit mehr als 3000 Einwohnern! Und das flache Land? Dafs Dörfer und Güter eine Eisenbahnstation oder Haltestelle haben, ist immer hin eine recht verschwindende Ausnahme. Und doch wird das Vorhandensein einer Eisenbahn station in erreichbarer Nähe immer mehr zu einer Lebensfrage für jede industrielle und ge werbliche Entwicklung sowohl wie für das Ge deihen der Landwirthschaft insbesondere. Die Gegenden, die der Eisenbahnverbindung entbehren, müssen veröden und unterliegen im Wettbewerb denen gegenüber, die von einer solchen Lebens ader durchzogen sind.“ Weiter wird nachgewiesen, wie sehr Preufsen in der Entwicklung des Kleinbahnnelzes zurück geblieben ist, und berechnet, dafs Ende 1889 1 km Kleinbahnen in Holland auf „ Belgien » rund „ Sachsen » » Italien » » Deutschland auf „ Preufsen aber erst 5 039Einw. und 10 000 „ 12 238 , 13156 , 28 813 , 1'40 107 , rund auf 36' 50 57 125 315 465, kommen, während die Dichtigkeit des preufsischen Eisenbahnnetzes im übrigen im Verhältnifs zur Bevölkerung die des italienischen, holländischen sächsischen und belgischen Netzes übertrifft, der des gesammtdeutschen Netzes nur unbedeutend nach steht; im Verhältnifs zur Bodenfläche hat Belgien das dichteste Netz, dem Sachsen, Holland, Gesammt- deutschland, Preufsen, zuletzt Italien folgen. Nachdem v. M. die Vorzüge der Klein bahnen in Bezug auf Billigkeit der Anlage und des Betriebes, Anschmiegungsfähigkeit an die Boden- und Verkehrsverhältnisse näher entwickelt hat, schätzt er die vorläufig erreichbare Aus dehnungsgrenze der Kleinbahnen in Preufsen gleich der Länge des jetzigen Haupt- und Neben bahnnetzes auf etwa 25 000 km, welche im Laufe von 10 Jahren zu erbauen sein und bei Annahme der Herstellungskosten zu durchschnittlich 25 000 •6 für 1 km eine Summe von 625Millionen Mark erfordern würden. Die durch diese Anlage entstehende Ersparnifs an Güterbeförderungskosten wird auf 100 Millionen Mark jährlich geschätzt. Diese 100 Millionen würden aber nur einen kleinen Theil der dem Lande durch den Ausbau eines Kleinbahnnetzes entstehenden wirthschaft- lichen Vortheile ausdrücken. Die Hauptbedeutung liege in der verkehrsweckenden und belebenden Kraft der Eisenbahnen. Der Löwenantheil dieser Vortheile werde der ländlichen Bevölkerung und den ländlichen Erwerbszweigen zufallen. Die 25 000 km neuer Bahnen würden ein Gebiet den Segnungen des Eisenbahnverkehrs erschliefsen, welches auf mindestens 100 000 qkrn geschätzt werden könne. Komme dessen Bevölkerungs dichtigkeit auch nur der Pommerns gleich, so würden auf ihm 5 Millionen Menschen mit vor wiegend landwirthschaftlicher Berufsthätigkeit leben, es werde die Zahl der jetzt mit der Eisen bahn in unmittelbarer Berührung stehenden Land bewohner fast verdreifacht werden. An der Hand der Betriebsergebnisse der bekannten Klein bahn Flensburg-Kappeln glaubt v. M. für die Zukunft Bahnen unter ähnlichen Verhältnissen eine Ertragsrente von mehr als 4% in Aussicht stellen zu können, wenn das Anlagekapital nicht mehr als 25 000 •6 durchschnittlich betrage. Aber so sehr wir das Bedürfnifs für die Erweiterung unseres Eisenbahnnetzes und zwar insbesondere durch Anlage von Kleinbahnen an erkennen, so halten wir es doch weder für noth wendig noch auch für erreichbar, wenn in dem vorerwähnten Aufsatz für jedes Dorf, für jedes Gut, für jeden Hof, der die Bahn berührt, eine Halte- und Ladestelle verlangt wird, wenn darauf hin die vorläufig erreichbare Ausdehnungsgrenze der Kleinbahnen in Preufsen gleich der Länge des jetzigen Haupt- und Nebenbahnnetzes auf etwa 25 000 km geschätzt, und wenn schliefslich angenommen wird, dafs dieses ungeheure Eisen bahnnetz bei durchschnittlich 25 000 6 für 1 km Herstellungskosten mit einem Aufwande von 625 Millionen Mark im Laufe von 10 Jahren herzustellen sein würde. Es ist allerdings richtig, dafs nach dem von dem Unterzeichneten im Jahre 1878 aufgestellten und veröffentlichten „Entwurf eines Eisen bahnplanes für das Königreich Preufsen mit besonderer Berücksichtigung der Eisenbahnen untergeordneter Bedeutung“ die Ausführung von rund 6340 km Eisenbahnen mit einem Kostenaufwande von rund 504 Millionen Mark fast genau in der von mir auf 10 Jahre geschätzten Baufrist erfolgt ist. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dafs die Verwirklichung dieses Eisenbahnplanes nur durch die umfassende Thätigkeit der Staatseisenbahn-Verwaltung erreicht werden konnte, während für die Folge auf die Bewilligung von Staatsmitteln zur Erweiterung des Eisenbahnnetzes nur in erheblich geringerem Mafse zu rechnen sein wird. Wie dem aber auch sein mag, ebenso wie der Unterzeichnete durch seine auf Veranlassung des damaligen Handelsministers Grafen von Itzenplitz 1865 veröffentlichte Schrift „Ueber Anlage secundärer Eisenbahnen in Preufsen“ zuerst in Preufsen auf das Bedürfnifs der Anlage von Secundärbahnen hingewiesen, und diese Bestrebungen durch' Gründung des Vereins für Secundärbahnen noch weiter zu unterstützen gesucht hat, so gebührt jedenfalls Herrn von Mühlenfels das Verdienst, auf das Bedürfnifs zur Anlage von Kleinbahnen hinge wiesen und die öffentliche Aufmerksamkeit hin gelenkt zu haben.