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nach den Ideen, welche den einzelnen Gesetzen zu Grunde gelegen haben, nicht nothwendig ist. Die Lage der Industrie im allgemeinen ist nicht eine solche, dafs sie noch mehr Opfer auf sich nehmen könnte, als durchaus nothwendig sind. Sie würde es vielleicht in guten Zeiten können, aber auch da sollte das Gefühl für Gerechtigkeit es verhindern, dafs ihr solche Opfer auferlegt werden. Wir hoffen deshalb, dafs die Reform der Unfallversicherung wenigstens in den be sprochenen Punkten von der unfallversicherungs pflichtigen Industrie die ungerechtfertigten Be lastungen entfernt. R. Krause. Deutschland und das Ausland im innerdeutschen Handel und Wandel. „Für den Export arbeiten, und exportiren zu können, ist der sehnlichste Wunsch des Fabri canten“. Diese Aeufserung ist nur zu wahr. Es wird so viel von Ueberproduction und Unter- consumtion gesprochen und geschrieben, dafs man allgemein daran glaubt, und daher jeder Fabricant und Geschäftsmann möglichst sein Heil im Export sucht. Man vergifst dabei, dafs wir einen Markt für uns gewinnen können, der uns näher liegt, der aufnahmefähiger und zahlungs kräftiger ist, als die meisten Exportstaaten, das ist der inländische Markt, der für viele Artikel, in denen unsere vaterländische Gewerbethätigkeit entweder schon concurrenzfähig ist oder doch mit verhältnifsmäfsig geringem Aufwand concurrenz fähig gemacht werden kann, leider jetzt dem Aus lande gehört und von der ausländischenConeurrenz versorgt wird. Wenn man bedenkt, welche aufser- ordentliche Consumfähigkeit ein hochcivilisirtes Land von 50 Millionen Einwohnern, wie Deutsch land es ist, besitzt, wie grofse Mühen und Kosten aber noch aufgewendet werden müssen, um der Gesammtbevölkerung uncivilisirter oder halbcivili- sirter Länder, — deren grofse Bevölkerungsziffer oder Landesflächen jetzt manches oberflächliche Auge über die zu befriedigenden Bedürfnisse und die Aufnahmefähigkeit für unsere zu exportirenden Producte täuscht, — erst die Bedürfnisse und das Be gehren nach deren Befriedigung durch europäische Producte anzugewöhnen, so würde man sicherlich in vielen Fällen sich an den vielgerühmten „Export“ nicht stören und lieber Absatz im Vaterlande suchen, wo ein in stetem Steigen begriffener Volks wohlstand, geordnete Verhältnisse u. s. w., dem Geschäftsmann die Garantie einer reichen Ernte für die zu säende Saat gewähren! Energisch und nachhaltig sollte Jedermann, durch solche Er wägungen bestimmt, Front machen gegen die lächerliche Fremdsucht, der er jetzt selbst, viel leicht unbewufst, bei Deckung seiner Bedürfnisse in vielen Fällen fröhnt, es müfste Jeder ein eifriger Verfechter der Anwendung der Monroedoctrin für unser Vaterland werden und fortgesetzt die Forderung derselben: „Der deutsche Markt soll möglichst ausschliefslich den deutschen Erzeugnissen gehören 1“ als das Alpha und Omega seiner Wirthschaftspolitik vertreten! Jeder, der stolz darauf ist, ein Deutscher zu sein, sollte sich einmal klar machen, welche wirth- schaftlichen Rücksichten er seinem deutschen Vaterlande und seinen Mitbürgern schuldig ist! Was ist der Staat? Der Staat ist nach unserer Auffassung nichts Anderes, als eine Vereinigung einer grofsen Gesellschaft, die den Zweck hat, das Wohl ihrer sämmtlichen unter sich gleichberechtig ten Mitglieder nach allen Seiten hin zu vertreten und zu fördern. Die Unterscheidung zwischen Regierung und Regierten (Unterthanen) als zweier verschiedener Rangklassen, einer bevorzugten und einer bedrückten, ist durchaus falsch, sondern die Regierung ist eine zum Gedeihen des Ganzen noth wendige Verwaltungseinrichtung. Hätte man diesen Grundbegriff stets festzu halten gewufst, wäre man bei Bildung der politi schen Parteien mehr von praktischen und wirth- schaftlichen Rücksichten ausgegangen, als von ideal sein wollenden Rechtsbegriffen und anderen Ideen, von denen doch Niemand satt werden kann, so würde die parteiliche Zerklüftung eine weniger grofse sein und der Zweck, vor Allem in erster Linie auch die wirthschaftlichen Interessen der Staatsbürger zu fördern, würde auch der Masse des Volkes näherliegen und mehr begriffen und angewandt werden. Es wäre dann unmöglich, dafs man bei Bestellungen und Aufträgen die An gehörigen der grofsen Staatsfamilie unberück sichtigt läfst und Ausländer vorzieht und dadurch Glieder des Staates und im weiteren Sinne den Staat und sich selbst direct schädigt! Es ist leider Thatsache, dafs durch den oft erfolgten Bezug von Schienen, Kohlen u. s. w. aus dem Auslande sogar die Staatsbehörden in dieser Hinsicht mit einem schlechten Beispiel vorange leuchtet haben; hoffentlich werden für die Zukunft derartige Schädigungen des Volkswohls von jener Seite sorgfältig vermieden werden! Durch unsere vorjährigen Ausführungen glauben wir vor der etwaigen irrthümlichen Auf fassung, als wollten wir die auswärtigen Handels beziehungen, sowohl Import als Export, nicht gelten lassen, geschützt zu sein. Im Gegentheil wissen wir deren Bedeutung, besonders diejenige des Imports von uns im Inlande fehlenden, aber nothwendigen Naturproducten, Halbfabricaten