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daher nur dringend warnen, sich nicht durch un bedachte Zureden von der Beachtung der auf die Vor schriften der Werksleitung bezüglichen Bestimmungen der Arbeitsordnung abbringen zu lassen, da wir gezwungen sein würden, den Zuwiderhandelnden zu kündigen. Von allen besonnenen Bergleuten erwarten wir indessen, dafs sie in der Erkennung des Werthes eines guten Einvernehmens zwischen ihnen und dem Werke sich solchen Bestrebungen fern halten werden, welche nicht nur den Betrieb schädigen, sondern für sie selbst die Erhaltung der ihnen gebotenen Erwerbs gelegenheit in Frage stellen müfsten. Osnabrück, den 18. März 1898. Der Vorstand des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hütten-Vereins. A. Haarmann. Hiernach ist documentarisch festzustellen, dafs der Vorstand des Georgs-Marien-Vereins, nachdem der Bischof seinen Dispens für den Steinbruchs betrieb nachträglich ausgeschlossen und die Geist lichkeit die anfänglich von ihr selbst angeregte Einrichtung von Frühgottesdiensten abgelehnt hatte, allen billigen Anforderungen Rechnung trug, so dafs, wenn es den treibenden. Elementen wirklich um die Erhaltung des Friedens zu thun war, wirklich kein Grund mehr vorliegen konnte, diesen Frieden zu verhindern. Es wurde jedoch vor gezogen, in der entgegengesetzten Richtung zu wirken, ein Entschlufs, dessen Triebfedern einer seits wahlpolitische Interessen, andererseits die Absicht und Hoffnung Brusts, auf dem durch die Geistlichkeit so wohl vorbereiteten Osnabrücker Boden eine erfolgversprechende Kraftprobe anstellen zu können, gebildet haben mögen. In diesem Sinne wurde denn auch in der schon am 20. März auf dem Hofhause zu Osnabrück abgehaltenen Versammlung vor gegangen, in welcher Brust zunächst die Feier tagsarbeit auf dem Piesberge als gesetzwidrig hinstellte und sodann erklärte, er wolle Keinen von dem abhalten, was er zu thun für gut befinde; er stehe jedoch voll und ganz auf dem Stand punkte, dafs man die Ruhe des Arbeiters durch aus nicht weiter einschränken solle, dafs der Arbeiter vielmehr noch Tage zu wenig habe, an denen er seinen Körper ausruhen könne, und ganz besonders im Bergbau. Deshalb werde seitens des Gewerkvereins wegen der Feiertage auch bei der höheren Behörde vorgegangen werden. Diese Erklärungen waren begreiflicherweise von Brust in dem beabsichtigten Sinne durch umfassende Ausführungen erläutert, in denen schon damals die offene Drohung enthalten war, dafs man sich hüten solle, dem Gewerkverein die Spitze zu bieten, da der letztere diesen Kampf aufnehmen werde. Auch fehlte es an den übrigen Ausfällen gegen die Kapitalisten und Machthaber nicht, welche die Rechte der Arbeiter beschränken und beschneiden wollen. Was den Leuten nach diesen Ausführungen noch nicht verständlich gewesen sein mag, dürfte ihnen auf anderem Wege klar gemacht worden sein, und so konnte es nicht verwundern, dafs am 25. März 325 katholische und 8 evangelische Arbeiter von den 872 am Tage vorher im Gruben betrieb thätig gewesenen Leuten nicht zur Arbeit erschienen. Der in dem Erlasse des Werks vorstandes vom 18. März ausgesprochenen Warnung gemäfs mufste diesen 333 Leuten, welche die Arbeit verweigert hatten, gekündigt werden. Das geschah, und als man damit einsah, dafs der Georgs-Marien-Verein an seiner wohlerwogenen Mafs- nahme festzuhalten gewillt sei, ging man zum regelrechten Streik über. In einer am 30. März ds. Js. auf dem Hofhause zu Osnabrück abgehaltenen Arbeiterversammlung forderte Brust offen dazu auf, Mann für Mann zu kündigen und darüber zu entscheiden, ob man den Kampf aushalten oder beilegen wolle. Es wurde eine Erklärung beschlossen, welche den nachfolgenden Wortlaut hatte und im Saal sowie in den Neben räumen zur Unterzeichnung aufgelegt, alsbald 439 Unterschriften fand : Osnabrück, 31. März 1898. An die General-Direction des Georgs-Marien-Bergwerks- und Hütten-Vereins. Am 25. d. Mts., als am Festtage „Mariä Ver kündigung“, sind auf den Gruben „Haseschacht" und „Stüveschacht" eine Anzahl Arbeiter nicht angefahren, weil sie die ihnen gesetzlich zustehenden Feiertage behalten wollen. Infolge dieser Nichtanfahrt ist einem grofsen Theile der Arbeiter gekündigt worden. Die unterzeichneten Arbeiter . . . (betr. Abtheilung des Werkes) erklären sich mit ihren gekündigten Kameraden solidarisch und reichen hiermit eben falls ihre Kündigung ein. Gleichzeitig erklären wir, nach abgelaufener Kündigung nicht wieder weiter zu arbeiten, wenn nicht sämmtliche Arbeiter in ihrer bisherigen Beschäftigung belassen werden. Achtungsvoll! Unter den Kündigenden befanden sich 108 Berg leute und 331 Steinbruchsarbeiter, bezüglich welcher letzteren bekanntlich eine Verpflichtung zur Feier tagsarbeit seitens der Werksverwaltung nicht aus gesprochen war. Brust wufste, dafs diese, mit den Bestimmungen der Arbeitsordnung im Wider spruch stehende Massenkündigung nichts Anderes als einen Vertragsbruch bedeute. Er half sich über diesen Punkt jedoch mit der Bemerkung hinweg, dafs er unter den vorliegenden Umständen diese Form im gewissen Mafse für zu Recht bestehend erachte. Er ermahnte deshalb zum festen Zu sammenhalten , indem er gleichzeitig ankündigte, dafs fernere Versammlungen stattfinden würden, um die Arbeiterschaft in ihrem Widerstande zu bestärken und den Streikenden neuen Zuwachs zuzuführen. Brust hatte jetzt das Heft in Händen und war offenbar nicht gewillt, sich dasselbe wieder entwinden zu lassen. Das erhellt vor Allem aus der Thatsache, dafs ein von geist licher Seite (von dem katholischen Pastor zu Wallenhorst) durch den Königlichen Landrath zu Osnabrück dem Vorstände des Georgs-Marien-