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verwandte immer gröfsere und dünnwandigere Geschosse, um eine möglichst grofse Masse Spreng stoffe zur Wirkung zu bringen. Die Sprengladung wuchs so an Menge und Beschaffenheit, dafs man schliefslich bemerkte, leichte Panzer und Panzerdecks besser mit Spreng geschossen durchschlagen zu können, als mit den Panzerhartgufsgranaten. Dieser neuen Richtung folgend, construirte der Engländer Maxim seine Sprenggeschosse, denen er den Namen Lufttorpedos beilegte, da in der That das neue Geschofs sowohl wegen seines Ansehens als seiner Wirkung, als auch wegen der Art des Sprengstoffes und der Gonstruction des Geschofsmantels mehr einem Torpedo als einer modernen Granate gleicht, indessen wegen der grofsen Treffweite von 5 — 6000 m im Ver gleich zu der Lancirdistanz von 600 m unserer besten Torpedos mehr zu den Granaten zu rechnen ist. Die Idee, Geschosse mit grofser Sprengladung, bestehend aus Dynamit oder Schiffsbaumwolle, zu verschiefsen, ist nicht neu, denn schon seit 10 Jahren construiren die Amerikaner an ihren Dynamitkanonen, wobei es ihnen bei den neuesten Versuchen zu Sandy Hook bereits gelungen ist, Geschosse mit 435 kg Dynamit bis auf 2275 m zu verschiefsen. Wegen der grofsen Explosions gefahr des Dynamits im Geschützrohr selber konnte man indessen kein Schiefspulver als Antriebskraft verwenden und versuchte durch comprimirte Luft dem Geschofs die nöthige Anfangsgeschwindigkeit zu erteilen. Die zur Compression der Luft auf etwa 500 Atm. erforderlichen Hülfsmaschinen waren aber so subtiler Art und verursachten so viele Betriebsstörungen, dafs die Kanonen bis jetzt noch nie zur militärischen Zufriedenheit func- tionirten , wenn auch oft amerikanische Zeit schriften diese Erfindung nicht genug rühmen konnten. Hudson Maxim und ein Amerikaner von deutscher Herkunft, Namens Schüpphaus, haben aber in gemeinsamer Arbeit ein Pulver erfunden, bestehend aus 90 % Schiffsbaumwolle, 9 % Nitro glycerin und 1 % Harnstoff, welches derartig sanft verbrennt, dafs ein Geschofs, welches mit nasser Schiffsbaumwolle gefüllt ist, gefahrlos aus der Kanone verfeuert werden kann. Dieses Pulver gedenkt Maxim für seinen Luft torpedo anzuwenden. Er hat Geschosse con- struirt, die 1000 kg Schiefsbaumwolle enthalten, und denkt denselben eine Anfangsgeschwindigkeit von 550 m und eine Tragweite von 6000 m geben zu können. Wenn diese Angaben nicht nach amerikanischer Art stark übertrieben sind, so würde die Wirkung solchen Geschosses eine derartige sein, dafs jedes Panzerschiff davon zertrümmert würde, da die furchtbare Wirkung eines Unterwassertorpedos nur auf 90 kg Schiefsbaumwolle bei 45 cm Kaliber beruht. Ob das Geschofs von Maxim gegen eine Panzerplatte stöfst oder nicht, ist ganz gleich gültig für den Untergang, da selbst die mächtigste Panzerplatte bei der Explosion einer solchen Menge unseres gewaltigsten Sprengstoffes in Atome zerschellen müfste. Das erheblichste Hindernifs gegen die Ein führung der Maxim - Geschosse besteht aber in deren grofser Gefährlichkeit für das eigene Schiff. Denn so leicht wird keine Regierung ohne eingehendste Versuche über die Sicherheit des neuen Geschosses Schiff und Besatzung solchen Gefahren aussetzen. Die ganze Erfindung ist noch nicht aus dem Versuch herausgetrelen, sie regt aber wohl zum Nachdenken und giebt eventuell die Richtschnur an, auf welchem Wege man dem Panzer zukünftig zu Leibe gehen will. Zur Zeit und wohl noch für lange Zeit wird der Kruppsche Nickelstahlpanzer als unbesiegt dastehen. Ich möchte hiernach noch Ihre Aufmerksam keit auf das Brennmaterial für die Schiffs kessel, die Kohle, lenken und erst dazu vorher einen kurzen Rückblick auf die Entwicklung der Maschinen und Kesselsysteme werfen. Wenn ich von den Maschinen mit oscillirenden Cylindern, wie sie für Raddampfer üblich waren, absehe, weil der Raddampfer als Kriegs- und hochseegehendes Schiff nur eine ganz kurze Zeit in Anwendung kam, so hatte man für Schrauben schiffe in der ersten Entwicklung die liegenden Maschinen und zwar schon mit mehreren Cylindern, weil hier im Schiff durch die winklige Stellung der Kurbeln zu einander die Todtpunkte überwunden werden mufsten, die bei stationären Landmaschinen durch das Schwungrad über wunden werden konnten. Man traf bei diesen zweicylindrigen liegenden Schiffsmaschinen die Anordnung mit direct oder — wo es an Platz querschiffs gänzlich mangelte — auch mit rückwärts wirkender Pleuelstange. Eine noch gröfsere Platzersparnifs führte zum System der Trunkmaschine, bei der die Pleuelstange unter Vermeidung der Kolbenstange an den Kolben direct angriff und sich auf und nieder winkelnd in einem Cylinder bewegte, der am Kolben safs und am Gylinderdeckel Stopfbuchsen abdichtung hatte. Nach diesen Systemen, denen bereits Einspritz oder Oberflächencondensation beigegeben war, ging man zur liegenden Gompoundmaschine mit zwei Cylindern über. Die Tourenzahl der Maschinen mufsten grofser und grofser gemacht werden, und die bekannten Uebelstände aller liegenden Maschinen, wie einseitige Abnutzung der Kolben u.s.w., machten sich um so fühlbarer, als die bewegten Massen wegen der Gröfse der Maschinen bedeutende Ge wichte repräsentirten. Man entschlofs sich deshalb, zu den stehenden Compoundmaschinen, dem Hammersystem, über zugehen.