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388 Stahl und Eisen. Referate und kleinere Mittheilungen. 15. April 1898. manten. Allen unseren Colonien gemeinsam ist das bisher nicht bestätigte Vorkommen von Steinkohlen. Nur in Ostafrika, nordwestlich des Njassa, zwischen den Flüssen Songwe ur.d Kivira, ist das Vorkommen von Fettkohle sowie von fester, stückreicher Mager kohle in Flötzen bis zu 5 m Mächtigkeit festgestellt worden. Aber auch dieses Vorkommen wird wegen der hohen Transportkosten bis zu der weit entfernten Küste voraussichtlich nicht in Betracht kommen. Hiernach sind für den überseeischen Verkehr die Schiffe unserer Reichs- und Handelsmarine, soweit dieselben nicht vor dem Auslaufen aus den heimischen Häfen Kohlen eingenommen haben, auf ausländische Kohlenstationen und ausländische Kohlen, vorzugs weise englische, angewiesen. Welche Bedeutung diese Thatsache für unsere Marine hat, darüber haben uns die Vorgänge der neuesten Zeit eine ernste Belehrung gegeben. Als vor kurzem unser Kreuzer .Gefion“ von der Insel Sokotra nach Perim zurückkehren mufste, um: für das Flaggschiff des Prinzen Heinrich, den Kreuzer .Deutschland“, zwei Kohlendampfer nach dort zu bestellen, wies bereits die englische Presse darauf hin, wie leicht es sein würde, durch Schliefsung der britischen Kohlenstationen unserer Kreuzerflotte die gröfsten Schwierigkeiten zu bereiten. Wenn nun auch die britische Admiralität Bedenken getragen hat, so weit zu gehen, so hat sie doch einen anderen zwar nicht so auffallenden, für unsere Flotte aber nicht minder nachtheiligen Weg gewählt. Nach einer Meldung der .Daily News“ aus Singapore hat nämlich die englische Admiralität dort, wie in den chinesischen und japanischen Häfen, alle Kohlenvorräthe für die britische Flotte, natürlich nur zu dem Zweck auf gekauft, damit den fremden Geschwadern in Nord china die Kohlenbeschaffuug auf das äufserste er schwert wird, und dieselben dadurch gewissermafsen immobilisirt werden. Sind wir auch nicht in der Lage, in gleicher Weise wie England die Küsten aller Welttheile mit einem Netz von im ganzen 111 Kohlen stationen auszurüsten, so werden doch die erwähnten Vorgänge es zur gebieterischen Nothwendigkeit machen, einerseits die im Norden von Kiaotschau gelegenen Kohlenfelder Weihsien und Poschau so schleunig als möglich zu erschliefsen und dadurch einen sicheren Stützpunkt für den Kohlenbedarf der ostasiatischen Schiffahrt zu gewinnen, andererseits nach und nach mit der Anlage eigener Kohlenstationen vorzugehen. Durch gemeinsames Handeln unserer Kriegs- und Handelsmarine, insbesondere durch Einführung des 14tägigen Postdampferdienstes mit China, dürften sich die Schwierigkeiten bei der Anlage überseeischer Kohlenstationen wesentlich vermindern. Auch zweifeln wir nicht, dafs der heimische Bergbau ungeachtet der bisher mit der Anlage von überseeischen Kohlenstationen gemachten ungünstigen Erfahrungen, das vorerwähnte Unternehmen nach Kräften unterstützen wird. („Verkehrs-Correspondenz".) Congobahn. Wie wir der „Kölnischen Zeitung“ entnehmen, hielt am 7. März der Leiter des Congobahnunter nehmens, Major Thys, im grofsen Saale des Brüsseler Cercle artistique et litteraire einen Vortrag über die Congobahn und ihre civilisatorische Rolle im schwarzen Erdtheile. Der Redner überraschte seine Zuhörer mit der Mittheilung, dafs zur Stunde das grofse Werk der 388 km langen Bahn vollendet ist und die erste Loco- motive die den oberen Congo befahrenden Dampfer am Stanleypol mit fröhlichem Pfiffe begrülsen konnte. Die glückliche Fertigstellung dieses Unternehmens steht einzig da in der Geschichte, denn einerseits ist kaum je ein Werk so schwierig und gleichzeitig von so grofser civilisatorischer Tragweite gewesen. Die Bahn ist eigentlich eine Art Kanal des Riesenstroms und hat den Zweck, die Erzeugnisse aus dem Innern Afrikas von der' Stelle an, wo der Congo wegen der vielen Fälle unschiffbar wird, von Matadi nach dem Hafen von Boma zur Verladung nach Europa zu bringen. Der Gongostrom ist wegen seiner zahlreichen Fälle sehr schwer zu erforschen gewesen, aber nach dem Bau der Bahn ist dessen wirthschaftliche Aus beutung äufserst leicht geworden. Der Redner führte den Nachweis, dafs die Kritik gegen das Unternehmen stets unbegründet gewesen sei. In den öffentlichen Versammlungen und in der Kammer habe man sich über die geringe Schienenweite lustig gemacht, indem man einen 75 cm langen Papierstreifen vorzeigte mit den Worten: „Seht das Kinderspielzeug der Congo bahn!“ Es sei jedoch zu bemerken, dafs das Material äufserst fest ist und sich zu einer späteren Erweiterung der Bahn eignet. Die Querschwellen wiegen 37 kg und liegen nur 90 cm voneinander. Die Schienen sind vom Typus von 21 cm. Das laufende Meter der Congobahn wiegt 100 kg und die Locomotiven je 32 t. Die Begründer der Bahn sagten sich von Anfang an: die Bahn müsse schmal sein, weil sie möglichst billig angelegt sein und wenig kosten soll und weil sie mit Leichtigkeit den zahlreichen Hindernissen der Bodenbeschaffenheit trotzen mufs, aber auch stark, da sie eben dieselben Waaren befördern mufs, wie eine Normalbahn. Sie ist stark genug, um einen ganzen Erdtheil mit der gesitteten Welt zu verbinden. Hätte man eine breitspurige Bahn bauen wollen, so hätte man nie die erforderlichen Mittel auftreiben können. Diese Angaben wurden durch Verlesung von Auszügen eines Buches erhärtet, das der socialistische Senator Edmond Picard nach einer Congoreise veröffentlicht hat. Beim Beginn des Bahnbaues wurde beschlossen, so weit wie möglich mit den Locomotiven und Wagen auf der vorläufig beendigten Linie vorzudringen. Da her einige Unfälle, die von den Gegnern so ausgelegt wurden, als seien die Pläne mangelhaft gewesen. Redner behauptet aber, dafs die Linie so gebaut wer den mufste, schnell, um nicht zu langsam oder gar nicht zustande zu kommen, daher wohl „schlecht“, um allmählich gut zu werden. Die Kritik behauptete, die Pläne seien fehlerhaft gewesen, die Ingenieure seien Thoren, weil vor einem Jahre ein plötzlich an geschwollener Nebenflufs eine Brücke wegrifs. Ja, wenn man die Bahn in Belgien gebaut hätte, so hätten die Leute den Ingenieuren schon gesagt, dafs der Flufs im Jahre so und so viel ausgetreten und bis zu dem dicken Birnbaum da und da im Felde vor gedrungen sei. Aber an den Ufern des Congo fehlte jede Auskunft, und da man vor allem schnell arbeiten wollte, baute man die Brücke nach bestem Ermessen, den Gewittern und Regenzeiten es überlassend, die Voraussetzungen Lügen zu strafen. Wenn man be dächtig vorgegangen wäre, so wäre man heute kaum am 75. Kilometer angelangt. Die Zukunft der Congo bahn als finanziellen Unternehmens ist gesichert. Der Flufs ist nämlich auf einer Strecke von 18000 km schiffbar. Das giebt 36000 km Ufer. In absehbarer Zeit werden die Europäer sich am oberen Congo, in den Provinzen Manylma und Katanga, ansiedeln. Dann erst wird der Wunsch König Leopolds erfüllt sein, da er den Congo nicht nur zu einer Erwerbsquelle für Belgien, sondern auch zu einer Ansiedlungscolonie machen will. Die in der europäischen Presse gegen die Bahnverwaltung erhobenen Vorwürfe der Mifs- handlung der Eingeborenen erklärt der Major auf folgende Weise: Aller Anfang ist schwer. Wir ar beiteten am unteren Congo unter den allerungünstigsten Umständen, in einer furchtbaren Hitze. Die Neger, die wir zur Arbeit gedungen hatten, ergriffen die Flucht und erzählten in Boma, sie würden von den Weifsen