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268 Stabt und Eisen. Besprechung des Vortrags. 15. März 1898. Vorsitzender: Ich eröffne die Discussion über den Vortag und bitte diejenigen Herren, welche sich an derselben betheiligen wollen, sich zum Worte zu melden. Hr. Generaldirector Tull hat das Wort. Hr. Generaldirector Tull-Hörde: Ich habe nicht die Absicht, auf den Vortrag des Hrn. Lürmann näher einzugehen, ich wollte nur einen Irrthum richtigstellen. Hr. Lürmann erzählt von einem französischen Ingenieur, der sich öfter nach Hörde gewendet haben soll, um Auskunft zu erlangen über die Leistungen der Gasmotoren, und dafs ihm geschrieben worden sei, sie gingen sehr gut oder sie gingen sehr schlecht. Ich kann nur constatiren, dafs dieser französische Berichterstatter noch keine ordentlichen Berichte bekommen hat, denn der erste Motor ist noch nicht montirt, er hat also auch nicht gehen oder stillstehen können. (Heiterkeit.) Was den Schlufs des Vortrags betrifft, so möchte ich Ihnen auch den Rath geben: Gehen Sie langsam in der Sache vor, damit der Hörder Verein noch lange an der Spitze bleibt. (Bravo!) Vorsitzender: Wir dürfen dann wohl die Hoffnung hegen, dafs, wenn in Hörde der erste Motor in Betrieb sein wird, Hr. Tull nicht säumen wird, uns über die Resultate eingehenden Bericht zu erstatten. (Bravo!) Hr. Director Schumm-Deutz: Ich mufs bekennen, dafs ich mit den Schlufsworten des Hrn. Lürmann insofern einverstanden bin, als die Schwierigkeiten der Reinigung des Gases nur in wenigen Fällen gehoben sind. Wir stehen ja erst am Anfang der Sache, aber wir haben als Gasmotoren bauer die Ueberzeugung, dafs wir die bestehenden Schwierigkeiten überwinden werden, nachdem wir ganz anderer Schwierigkeiten in der Entwicklung des Gasmotors Herr geworden sind. Es ist von Hrn. Lürmann eine Hochofengas-Motorenanlage angezogen worden, welche die Gasmotorenfabrik Deutz in Auftrag hat. Die Versuche, die vor Ertheilung dieses Auftrages mit einer kleineren Maschine und ihrem Gasreiniger gemacht worden sind, lassen erkennen, dafs die Reinigung der Gase auch für den gröfseren Betrieb vollkommen gelingen wird. Die Ergebnisse dieser Reinigungsversuche haben auch gezeigt, dafs das besonders unreine Gas nach seiner Reinigung auch nicht annähernd so starke Beimengungen von Staub besafs, wie sie Hr. Lürmann eben hervorgehoben hat. Ich möchte noch bezüglich des heutigen Standes der Gasmaschinenindustrie darauf aufmerksam machen, dafs die Maschine erst allmählich dem Bedarf entsprechend in ihren Gröfsenverhältnissen entwickelt worden ist. Die Gasmaschinenindustrie ist noch sehr jung; es sind wenig über 20 Jahre, dafs die erste Ottosche Viertactmaschine in Betrieb gekommen ist. In der ersten Zeit war sie vor nehmlich für den Kleinbetrieb mit Leuchtgas in Gebrauch. Die Ausbildung der Maschine für grofse Kräfte ist erst gekommen, als sich billigeres Gas als Leuchtgas (namentlich das Generatorgas) für einen wirthschaftlich vortheilhaften Betrieb der grofsen Motoren dargeboten hat. Die Dimensionen der Maschinen sind jedenfalls nicht, wie Hr. Lürmann angegeben hat, mit 150 Pferdekraft begrenzt; schon heute können Eincylindermaschinen bis 300 Pferdekraft hergestellt werden, und es hat z. B. die Firma Crossley Brothers in Manchester eine solche Maschine bereits in Bau. Ich möchte mich noch gegen einen Punkt in dem Bericht wenden. Hr. Lürmann führt an, dafs die Gasmotorenfabrik Deutz nur 10 000 Pferdekräfte im Jahre herstellen kann, während er den Kraftbedarf der deutschen Hüttenwerke auf 375 000 Pferde veranschlagt. Wenn die Lösung der Aufgabe, Hochofengase im Gasmotor im grofsen nutzbar zu machen, den Erfolg hat, der zu erwarten ist, so wird gewifs die Dampfmaschinenindustrie gern bereit sein, auch den Gasmaschinenbau in ihr Arbeitsgebiet hineinzuziehen, und es wird dann nicht schwer sein, dem Bedarf an solchen Maschinen zu genügen. Hr. Director 0. Helmholtz: Ich hatte nicht die Absicht, mich an der Discussion zu betheiligen, obwohl ich mich für die Sache interessirte. Ich habe ja nichts gebaut und kann Ihnen also nichts Positives erzählen. Da wir aber einen Gonstructeur von Gasmotoren unter uns haben, der sich auch bereit gezeigt hat, zu sprechen, so fühle ich mich doch veranlafst, den Schmerzen etwas Ausdruck zu geben, die mich bei dieser Sache drücken. Die Reinigung der Gase ist mir auf eine Art und Weise gut gelungen. Ich habe die Gase einfach stehen lassen, dabei lagern sich erst verschiedene undurchsichtige Schichten ab, schliefslich haben Sie das völlig reine Gas. Solange die Gase in Bewegung sind, reinigen sie sich nur von gröberen Theilchen, auch bei horizontalen Wegen über 500 m nicht; sobald sie ruhig stehen, reinigten sich wenigstens unsere Gichtgase überraschend schnell und vollständig. Solange ich glaubte, dafs der Consum an Gas pro Stunde - Pferdekraft sich zu dem bei Leuchtgas ungefähr verhielte, wie die calorischen Werthe der Gase, glaubte ich auf diesem Wege vorwärts zu können, als ich aber den Aufsatz des Hrn. Hubert über die in Seraing erreichten Resultate gelesen habe, wonach pro Stunde-Pferdekraft 5,3 bis 4,3 cbm eines recht guten Gichtgases von fast 1000 Galorien gebraucht werden, ist mir der Muth völlig gesunken. Bei gröfseren Leuchtgasmaschinen und gutem Gase wird die Stundenpferdekraft mit 0,4 cbm Leuchtgas geleistet. Auf das Gas kommt es natürlich an; aus der Literatur sind mir specifische