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1. September 1900. Neue Gesichtspunkte und Erfahrungen im Walzwerksbetriebe. Stahl und Eisen. 871 von auswärts zu der Ueberzeugung gelangen müssen, dafs auf die Hamburger Arbeiterschaft kein Verlafs ist. Ein erfreulicher Fortschritt * ist darin zu sehen, dafs das Bürgerthum des Kleinhandels anfängt, sich gegen die Ausbeutung und den * Auch darin liegt unserer Meinung nach ein Fort schritt , dafs das Kleingewerbe Hamburgs aus diesem Arbeiterausstande die nöthigen Lehren zu ziehen scheint und zu der Ansicht gelangt, dafs es mit dem Uebermuth der Arbeitnehmer nicht mehr so fortgehen kann wie bisher. Bezeichnend ist in dieser Beziehung die Zuschrift eines Mechanikers an das „Hamburger Fremdenblatt“ (Nr. 194), in der der Einsender, nach dem er sich gegen den Vorwurf der Intoleranz ver wahrt hat, u. a. wörtlich sagt: „Meine Toleranz ist mir allerdings oft genug übel bekommen, und bezüglich unserer Gesetzes - Schnell- fabrication in Arbeiterschutz-, Gewerbe - Unordnung- und Handwerks-„Organisation“ hat mein Verständnifs öfter versagen wollen. Jetzt setze ich meine Hoffnung darauf, dafs unser hoher Reichstag noch ein Gesetz fertig bringt, mittels dessen wirthschaftlich schwach gewordenen Arbeitgebern ein ruhiger Lebensabend im Siechenhause staatsseitig gewährleistet wird; es wäre doch wenigstens ein kleiner Trost dafür, dafs man sein Leben lang sämmtliche Unfallrente, 1/2 Invaliditäts- und 1/3 Krankenkassenbeiträge für seine Herren Arbeit nehmer bezahlen durfte. Wie der Artikel des Herrn vom Verbände der Eisenindustriellen (s. „Fr. Bl.“ Nr. 193) nämlich beweist, ist es ja bald so weit, dafs man im eigenen Hause nichts mehr zu sagen hat, denn was in jener Ab handlung behauptet wird, ist leider nur zu wahr. Ein Glück nur, dafs es noch Leute giebt, die sich nicht scheuen, endlich einmal Front zu machen gegen die Anmafsung, die von unseren Arbeiterkreisen infolge socialistischer Hetzerei Besitz ergriffen Werden diese Verhältnisse sich noch einmal ändern? Das Verhalten der Eisenindustriellen, das Erwachen der beim Hafenarbeiterstreik hineingelegten Gewerbe treibenden läfst es erhoffen. Wirklich anders wird es aber erst werden, wenn socialdemokratische Hetzerei und Anmafsung so unerträglich geworden, dafs alle Arbeitgeber gezwungen sind, zusammenzustehen. Weit davon sind wir nicht mehr entfernt!“ Wir können darin dem Einsender nur durchaus beipflichten. bie Kedaetion. Terrorismus der Socialdemokratie zu wehren, und sich weigert, fernerhin Vorschüsse zu geben. Die Arbeiter müssen lernen, sich ebenfalls gegen diesen Terrorismus aufzulehnen. Von 100 Arbeitswilligen er reichen jetzt kaum 5 unbelästigt die Werften. Durch Streikposten in der Stadt und bei den Fähren werden sie abgefangen, und die 5, die dann anfangen, werden von den noch in Arbeit befindlichen Holzarbeitern mit Schrauben und Holzstücken u. s. w. beworfen. Auf dem Wege von und zur Arbeit müssen sie Spiefsruthen laufen durch die Schar der Streikenden, so dafs auch sie die Arbeit wieder aufgeben müssen. Für diese Fälle versagt die Gesetz gebung vollständig, der Einzelne ist wehrlos und so eingeschüchtert, dafs die Schuldigen niemals zur Anzeige gebracht werden. Die Arbeitswilligen sollten sich aber zur Abwehr zusammenthun, um dann eine kräftige Ueber- macht zu bilden. Würden die Arbeitgeber jetzt unterliegen, und würde die Socialdemokratie, wie sie dieses beabsichtigt, die Arbeitszeit und Arbeitsweise einseitig feststellen können, so würde sie auch in nicht langer Zeit die Qualität der Arbeit, mit der sich der Arbeitgeber zufrieden zu geben hätte, vorschreiben, und würde so eine fernere Entwicklung der Industrie ausgeschlossen sein. Deshalb heifst' es fest stehen. Diese Festigkeit hat der Verband der Eisen industrie Hamburgs bis heute in erfreulicher Weise bewiesen. Wir können ihm die Ver sicherung geben, dafs sich die gesammte deutsche Eisen- und Stahlindustrie mit ihm in diesem Kampfe solidarisch fühlt; denn auch in ihr lebt die Ueberzeugung, dafs es sich hier lediglich um eine Machtfrage handelt und dafs die Gesammtheit der Industrie eine Pflicht hat, dafür zu sorgen, dafs der Industrielle den durch eine wüste Agitation verhetzten Massen gegenüber Herr in seinem Hause bleibt. — Neue Gesichtspunkte und Erfahrungen im Walzwerksbetriebe. Die neue Walzwerkstechnik sucht mit Recht den Giefsblock in einer Hitze auf sehr grofse | Längen auszuwalzen. Dazu ist die Schwungrad- Walzenzugmaschine wenig geeignet, weil sie im besten Falle mit gleichmäfsiger Geschwindigkeit umläuft und diese Geschwindigkeit eine gewisse Grenze nicht überschreiten darf, da sonst im Augenblicke des Einsteckens das Walzgut nicht gepackt wird. Meistens laufen diese Schwungrad maschinen auch rasch, solange das Walzgut kurz und dick ist, und lassen in der Geschwindig ¬ keit allmählich nach in dem Mafse, als das Walzgut lang gestreckt wird und zum Auswalzen mehr Kraft bedarf. Das ist aber gerade der umgekehrte Gang, wie er sein sollte: Solange das Walzgut kurz ist, sollte die Maschine lang samer laufen und ihre Geschwindigkeit allmählich steigern, bis zu den letzten Stichen. Um mit sehr grofsen Geschwindigkeiten zu arbeiten, mufs sogar bei jedem einzelnen Stich mit mäfsiger I Geschwindigkeit angefahren werden, bis die Walze ; gepackt hat. Dann kann man die Walzgeschwindig-