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Kenntnis genommen. Bevor der Vertrag über die neuen La« rtfe für Licht und, «rastveLorgung mit der AS». abgeschlos sen werden kann, ist laut Mitwilung des WirtschaftSverbande» der Sächsischen Gemeinden erst eine Entscheidung de» Reichs minister» de» Innern ab-uwarten. Ein Nachtrag zur Haupt- jatzung über Ke Entschädigung de» Bürgermeister» und Kaf- senverwalter» ist vom Lanorat genehmigt worden. Der schwar ze Teich auf der Siedlung soll vom Bauunternehmer Käufer al» Feuerlöschteich auSgebaut werden. Sine Motorspritze, wie die vor kurzem in der Fabrik von Holtsch L Rtethmüller vor geführte, soll angeschafft werden. Im Gemeindegrundstück LS. 1t soll ein neuer Brunnen gebaut werden. Weiter wurde vom Bürgermeister noch der Rechnungsabschluß von 1938 zur Kenntni» .gebracht und erläutert. Steinigtwolmsdorf, 3. Juli. Morgen Dienstag zeigt die Gaufilmstelle im Erbgericht Steinigtwolmsdorf um ALS Uhr den Film „Heimat". Der Film ist nach dem gleichnamigen be rühmten Bühnenstück von Sudermann geschaffen worden und spielt in den Kreisen der sogenannten besseren Gesellschaft zur Zeit vor 1900. Der Film ist künstlerisch eine ungewöhnliche Leistung und wurde mit dem Staatspreis 1939 ausgezeichnet. Steinigtwolmsdorf, S. Juli. 81 Jahre alt wird heute Mon tag der Auszügler Ernst Richter in Steinigtwolmsdorf Nr. 255. Seinen Lebensabend verbringt er bet seiner Tochter. Er erfreut sich noch einer guten Gesundheit und nimmt regel mäßig an den Singstunden deS MGB. „Liedertafel" teil. Wir wünschen dem Hochvetagten noch weitere Jahre in Gesundheit und Rüstigkeit. Aus dem Meißner Hochland Sreliastadt, 3. Juli. Straßenbau. Die kurvenreiche Land straße H. Ordnung, die von Seeligstadt nach Fischbach führt, er fährt zur Zeit eine wesentliche Verbesserung. Wird doch die alS besonders lästig empfundene 8-Kurve unmittelbar hinter dem Dorfe am Wiesengrundstück Hantzsche beseitigt. Da hier die Straße sehr schmal ist, wie auch ihr baulicher Zustand viel zu wünschen übrig läßt, so wird diese Maßnahme allseitig begrüßt werden. Seeligstadt. 3. Juli. Die «ehr übt. Am 1. Juli fand eine Gesamtübung der hiesigen Freiw. Feuerlöschvolizei statt. Es war angenommen worden, infolge Blitzschlag sei die mit Erntevor räten gefüllte Scheune de» Bauerngutes Erwin Höfgen in Brand geraten. Mit Hilfe von Rauchpatronen war die Brandstelle ge kennzeichnet worden. Bereit» 8 Minuten nach dem Alarm konnte der erste Wasserflrahl gegeben werden, obwohl die Länge der An fahrt beträchtlich war und auch sonst kleine Schwierigkeiten über wunden werden mußten. Dieses rasche und umsichtige Handeln schuf die Gewähr, das Kuer auf seinen Entstehungsherd zu be schranken. Mit dieser rlevung hat die Wehr wieder einmal be wiesen, daß sie ihren Aufgaben voll und ganz gewachsen ist. eien» Die Leitmeritzer Zwillinge gestorben Leitwerk-, 3. Juli. In Hutzke bei Leitmeritz brachte be kanntlich die 26jährige Frau Hilde Schimetzke ein Mädchen zwillingspaar zur Welt, das mit Brust und Bauch zusammen gewachsen war und eine stärkere Verwachsung aufzeigte, als die Siamesischen Zwillinge. Die Kinder sind nun gestorben. Immer bereit sein! Richtlinien der Odergauführerin zum Ernteeinsatz der sächsischen Madel Di« Führerin Le» Obergaues hat im Anschluß an den Aufruf des Reichslugendführers an die deutsche Jugend nunmehr für die sächsi schen Madtl Richtlinien erlassen, die ihre Beteiligung an den Ernte- arbeite« während der Sommermonate regeln. Demnach wird allen BÜM- und JM.-Lagem zur Pflicht gemacht, während der Sommer-Lagerzeit 1)L Tage Ernteeinsatz zu leisten, während sich di« Sroßsahrten- und Fahrkngruppen, f« nachdem «» di« Notwendigkeit «Kok tageweise den Bauern zur Verfügung stellen. In einem der lebten Führerinnenbeseble ordnete die vbergau« führerin für alle Einheiten, deren Mädel nicht an den Sommerlagern und Fahrten trilnehmen, an, daß sie 1 bis Tagesfahrten durchzu- führen habe». Dies« Wochrnendfahrtrn wrrdrn nunmehr Ernteein satzfahrten. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Stadtmädel freudig an di« Arbeit gehen werden. Außerdem werden in ein« groß«» Anzahl von Untergauen besonder» im Herbst Jungmädelfüh- r«inn«n und Mädel in Lagern zusammengefaßt, um an der Einbrin gung der Hackfruchternt« mitzuhelfen. E» ist selbstverständlich, daß bei all diesen Arbeiten nicht außer acht gelassen wird, daß ein Mädel aus der Stadt nicht leisten kann, was ein Üandmädel sei» Leben lang gewöhnt ist. Die Arbeit der Mädel wird sich dabei neben den allgemein«» Erntearbeit«» besonders auch auf die Entlastung der Bäuerin in Haus und Stall und auf die Betreuung der Kinder beziehen. Urlaub für jugendliche Hausgehilfen Die Urlaubsbestimmungen für Hausgehilfen und Hausangestellte sind, wie die Deutsche Arbeitsfront mitteilt, durch eine Neuregelung geändert worden, soweit es sich um Jugendlich« unter 18 Jahren bandelt. Demzufolge erhalten Jugendliche unter 16 Jahren einen jährlichen Erholungsurlaub von 15 Tagen, üb« 16 Jahre von 12 Tagen. Jugendliche, die nachweisbar 10 Tage an einem HI.» oder BDM.-Freizettlager oder einer »fahrt teilnehmen, erhalten in allen Fällen 18 Tags Urlaub. Neben der Weiterzahlung des Barentgelts beträgt die Entschädi gung bei Gewährung von Kost und Wohnung pro Urlaubstag NM. 1,80 und für TagesMädchen, die nur Kost erhalten, pro Tag RM. 1,—. Wenn eine Hausgehilfin, die noch Urlaubsanspruch hat, ihre Beschäftigung kündigt, so ist selbstverständlich die Kündigung so recht zeitig auszusprechrn, daß der Urlaub noch während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses genommen werben kann, d. h. also unge fähr 4 Wochen vorher. Es ist nicht zulässig, den Urlaub in Bargeld abzugellen, denn er dient der Erholung und kann nur durch die Gewährung von Freizeit erfüllt werden. Das wird jedoch in Frage gestellt, wenn die Haus gehilfin kurzfristig kündigt. Im übrigen würde das auch eine Unge hörigkeit der Hausfrau gegenüber darstellen, denn es kann ihr nicht zugemutet werden, von heute auf morgen ganz unvorbereitet plötzlich ohne Hilfskraft zu fein. Ein geordneter Arbeitsablauf ist dann nicht mehr möglich. Die heutige Zeit verlangt äußerste Pflichterfüllung von allen Volksgenossen, ganz gleich, an welchem Platz des Ärbeits- und Berufsleben sie stehen. Dieser selbstverständlichen Verpflichtung müssen auch die Hausgehilfinnen nachkommen. Lrekstt» Drei Jahre Zuchthaus für Lotfchlagsversuch Ei« eigenartiger Plan mißglückte — alle drei blieben am Leben Das Schwurgericht Chemnitz verurteilte den am 24. Ja nuar 1876 geborenen Emil Oswald Uhlmann aus Chemnitz wegen versuchten Totschlages zu drei Jahren Zuchthaus und vier Jahren Ehrverlust. In der Nacht vom 14. zum 15. Februar war Uhlmann wiederholt aufaestanden, da er keine Ruhe finden konnte. Er glaubte, daß dre im gleichen Hause wohnende Frau M., mit der er ein Verhältnis unterhalten hatte, mit anderen Männern Verkehrte. Gegen 4 Uhr morgens hatte er aus dem Waschhaus einen Wasserschlauch geholt, dann ein Loch durch die Borsaal tür der Wohnung der Frau M. gebohrt und schließlich von seiner Wohnung aus durch den Wasserschlauch Gas in die Wohnung der Frau M. gelassen. Die Frau hatte jedoch in der Nacht nicht geschlafen und sowohl das Bohren gehört wie auch den Gasgeruch wahrgenommen, ihre 17jährige Tochter hatte Farmer hielt seine eigene Grabrede In diesen Tagen ist auf einer Farm in der Nähe von In dianapolis, USA., im Alter von 90 Jahren ein Mann gestor ben, der zu den originellsten Käuzen der Welt zählte. Bereits vor zwei Jahren glaubte er, daß der Tod bereits unterwegs, sei, ihn von dieser Welt abzuberufen. Er ließ deshalb bekannt geben, daß er seine Totenfeier zu halten gedenke. Rund 5000 Menschen kamen zu diesem ungewöhnlichen Fest zusammen. Mister Millman bestieg darauf ein kleines Rednerpult, vor. dem ein von ihm selbst gezimmerter eichener Sarg aufgebahrt stand. In einer ausführlichen Rede gedachte er seiner eigenen Verdienste und schilderte in lustigen Anekdoten seinen Lebens lauf. Die etwas verfrühte Totenfeier begründete er damit, daß er sich vor einer Leichenrede fürchte, die von einem ihm völlig fremden Pfarrer gehalten werden könnte. Er bat die 5000 Zu hörer, dafür zu sorgen, daß er nach seinem Tode ohne ;ede Trauerfeier der Erde übergeben würde. Die Verwandten des Toten haben jedoch jetzt beschlossen, trotz dieses vor zwei Iah-: ren geäußerten letzten Willens die Tranerfeier in hergebrach ter Weise zu begehen. Napoleon-Elefant feierte 150. Geburtstag Im Budapester Tiergarten fand Lieser Tage eine unge wöhnliche Geburtstagsfeier statt. Sie galt dem Elefanten „Siam", der jetzt — wenn seine Geburtsurkunde stimmt — 150 Jahre alt wurde. Der Elefant ist im Laufe seines Lebens be reits mehrmals in der Geschichte an die Oeffentlichkeit getreten. Ein indischer Maharadscha schenkte ihn zu Beginn des vorigen Jahrhunderts Napoleon. Später, als der große Korse um die Hand der Prinzessin Marie-Luise anhielt, wurde „Siam" von Paris nach Wien gebracht. Dort lebte er bis zum Jahre 1896. Kaiser Franz Joseph schenkte ihn anläßlich der 1000-Jahr- Feier Ungarns dem Budapester Tiergarten, wo er bis auf den heutigen Tag geblieben ist. aber von dem Vorfall nicht» gemerkt. Uhlmann hatte inzM- schen versucht, durch Trinken von Lötwaffer au» dem Leben zu scheiden; aber auch dieser Plan war mißlungen. Weesenstein, 3. Juli. Zu dem Schadenfeuer in der Schuh, fabrik berichtet der „Pirnaer Anzeiger": Aus bisher noch nicht geklärter Ursache brach am Freitag gegen 22 Uhr in der Steppe rei der Schuhfabrik ein Brand aus, der glücklicherweise keine größere Ausdehnung nahm. Der Betrieb erleidet keine Stockung. Alle Gefolgfchaftsnutglieder konnten Sonnabend morgen ihre Arbeit aufnehmen. — Die Stepperei liegt im Obergeschoß des Hintergebäudes der Fabrik und ist erst im Oktober vorigen Jah res errichtet worden. Von seiner angrenzenden Wohnung aus bemerkte der Maschinenarbeiter und Hausmann Löffler ein ver dächtiges Geräusch. Er und Betriebsführer Lehmann bekämpf ten als erste den Brand, der in einer Ecke des großen Raumes ausgebrochen war. U. a. durchschlug Löffler das Dach seiner Wohnung, um so mit einer Schlauchleitung das Feuer bekämpfen zu können, das bereits das Dach ergriffen hatte und hier reiche Nahrung fand. Sonnabend früh gegen 3 Uhr war jede Gefahr beseitigt. Durch den Brand wurden das Dach sowie eine Reihe kleinerer Maschmen beschädigt. Ferner erlitten größere Mengen Schäfte Wasserschaden. Die Arbeit konnte auch in der Stepperei wieder ausgenommen werden. Seifhennersdorf, 3. Juli. Diamantene Hochzeit. Hier feierten der Rentner Karl Traugott Jähne und seine Frau Ernestine Luise geb. Hornaus, die beide im 81. Lebensjahre stehen, bei guter Gesundheit die diamantene Hochzeit. Chemnitz, 3. Juli. Zwölfjähriges Mädel tödlich derun- glückt. Auf der Königstraßc wurde ein zwölfjähriges Schul mädel beim Ueberschreiten der Fahrbahn von einem Radfah rer angefahren und auf die Straße geschleudert. In schwer verletztem Zustande wurde das Madel nach dem Krankenhaus gebracht, wo es kurz nach seiner Einlieferung verstarb. bringen. Es dauere nicht lang, und die Antwort könne nur ein Ja oder Nein sein. „Wie du willst! So sag' es bitte stehend!" entgegnete ich. „Ich war der Intelligenteste von euch allen", sagte er. „Ich war der, dem die stärkste Zukunft bevorstand. Es ist meine Schuld nicht, daß ich jetzt der Unglücklichste und der Elendste bin . . ." Das sprach er gelassen und schaute mich mit forschenden Augen an. „Ich habe nur noch eine Möglichkeit", sagte er, „aus dem Nichts wieder mporznkommcu. Du hältst sie in deiner Hand ver schlossen. Oeffnest du diese Haud nicht, so rutscht mir das Letzte weg. Und ich rutsche mit. Ich muß mich mit den äußersten Mit teln dagegen wehren. Hier an dieser Stelle, vor deinen Augen, nehme ich mir das Leben, wenn du mir die Möglichkeit entziehst, es in einer meinen Anlagen entsprechenden Form neu aufzu bauen." Damit nahm er eines dergroßen Pariser Apachenmesser aus der Tasche, die einen feststellbaren Griff haben, klappte es auf und hielt es hoch und gegen die Brust gezückt. Da sagte ich ihm: „Zeff, laß das! Wenn du unglücklich bist, so bin ich oder dieses Büro nicht schuld daran . . ." „Ihr alle!" rief er. „Es hilft dir nicht weiter, die Schuld auf ein Gebiet zu ver schieben, Las außerhalb deiner selbst liegt. Aber wenn du heute nicht gekommen wärst, hätte ich dich ausgesucht. Ich habe bereut, daß ich dich gestern gehen ließ, und war entschlossen, dir noch ein mal zu helfen und Litz bei mir anzustellcn." Da sah ich, wie er die Arme auseinandcrbrcitctc. Das Messer fiel von selber aus seiner Hand. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er warf sich vor mir auf die Füße und bettelte: „Oh, Verzeihung, Verzeihung! Ich schwöre dir, du wirst es nicht be reuen, wenn du mir über das . . . das weghilfst." Dabei schlug er mit der Faust auf seine Brust. „. . . Das!" rief er noch einmal, fast schreiend, „ich kann cs nicht sagen, das da drinnen ... du wirst es nicht bereuen." Nun, dann hab' ich ihn angestellt, und wie ich schon mit mir über den Fall einig war, dachte ich alles tun zu müssen und habe, als er zwei Wochen bei mir war, um sein Selbstvertrauen zu heben, ihn nach der Stadt geschickt mit 800 Mark, die er irgendwo einzahlen sollte. Er ist nicht zurückgekommen. Das Geld hat er nicht abaeliefert, und seitdem hat kein Mensch mehr etwas von ihm gehört. Und nun schau her, das ist doch seine Schrift, nicht?" Der Kaufmann legte mir einen Zettel hin. Auf den war mit den großen Buchstaben, bei deren gerader Steilheit ich mich ge nau an Zeffs Handschrift erinnerte, geschrieben: „Schlußkapitell" Ich schaute fragend zurück. Der andere erzählte: „Das hat mir die Polizei vor ein paar Tagen geschickt, die eS von der Behörde in Marseille bekam. Es war, an ein Kleider bündel angesteckt, auf einem Schiff gefunden worden, das nach Marseille fuhr. Der Besitzer der Kleider soll als blinder Passa gier mitgesahren und mitten auf dem Meer plötzlich verschwun den sein." Dieser Abschied von sich selbst war das letzte Zeichen, LaS öoik Zeff kam. Es sind fünfundzwanzig Jahre her. Er ist in meiner Erinnerung nicht erloschen, und so oft wir daheim zusannnen- kommen, forschen wir unter uns nach, was die Schuld an seiner unseligen Verwandlung gewesen sein mochte. Es war, als habe die unsichtbare Hand eines bösen, schrullenhaften Dämons immer wieder aus der Untiefe seines Wesens heraufgegriffen, unver söhnlich ihn immer wieder von sich selber fortgestoßen, ViS sie endgültig die Macht über seine guten und hohen Geistcseiacn- schaften durchgcsctzt hatte und ihn in sein Schicksal stürzte. Sein Wille war schwächer als sein Geist gewesen. Das Schlußkapitel Erzählung von Norbert JacqueS (Nachdruck verboten) Manchmal erleben wir an Menschen, daß sie aus einer gerade und stark scheinenden Bahn, die ihr Leben genommen, ohne er sichtliche Ursache abgeraten. Mit einer unheimlichen Plötzlichkeit andern sie aus einer höllischen Untiefe heraus ihr Wesen. Es geschieht wie in einem Absturz, in dem sie sich selber verloren geben. Eines der erschreckendsten Beispiele bot mein früherer Freund und Mitschüler ZephvrinuS M. Wir nannten ihn Zeff und spotteten oft über seinen Taufnamen, den nie jemand vorher gehört hatte und der uns darüber hinaus vpn einer anmaßenden Komik erschien. Er nahm den Spott überlegen hin und meinte, Johann und Peter als Taufnamen zu haben weise immer aus eine Phantasielosigkeit der Familie hin und auf die Tatsache, daß die Eltern von ihrem Sprotzlina nichts anderes erwarteten, als daß er eben in die Legion der Johann und Peter eintrete, aus der sich die Masse der Mittelmäßigkeit zusammensetze. Ob wir vielleicht schon etwas von einem Zusammenhang zwischen Namen und Persönlichkeit gehört hätten? Bon dem Einfluß deS NamenS auf die Entwicklung, von der Verpflichtung, die em Name zum Beispiel dem Ehrgeiz auferlegen könne? Bei Namensaufrufen pflegte er mit einem geradezu strahlen den Bewußtsein laut und deutlich Zephtzrinus herauszusingen, während er seinen etwas gewöhnlichen Familiennamen gerade noch hörbar im Schatten Les Taufnamens erscheinen ließ. Er war für unS das Vorbild eines scharfen, zur Führerschaft vorbestimmten Geistes, dessen Frühreife den Rahmen der Schul materie sprengte, von den Lehrern aber auS Ohnmacht geduldet wurde. Seine Zeugnisse entzogen ihn übrigens ihrem Eingriff, und er erlangte diese in allen Fächern gleichmäßigen Zeugnisse einfach, als ob er sie nur so nebenbei zu sich heranwinkte. Wäh rend wir andern mit Mond und Mai, Wanderungen und Strei chen zu tun hatten, in der französischen Revolution ein Axiom und in Darwin und Haeckel die endgültige Lösung der mensch lichen Problematik sahen, schimpfte er uns Gimpel und Einfalts pinsel und baute die Welt auf ganz anderen Theorien auf, die uns bestachen, ja blendeten, und denen wir betreten gläubig unterlagen. Nach der Reifeprüfung ging er auf die Hochschule nach Char- lottenburg. Minenkunde zu studieren, zu der er aus dem Geist seiner Heimat — denn er stammte aus dem Erzbecken — sich be sonders hingezogen fühlte. Wir feierten Abschied. Ich kam nach Bonn, geriet dann nach Uebersee und hörte vier Jahre nichts mehr von ihm. Bei einem Besuch in meiner Heimat ging ich eines Tages durch seine Vater stadt. Sie war das Zentrum des Jndustriebez,rks und in einer unruhigen Entwicklung begriffen. Ich erkannte sie kaum wieder, fand ein bestimmtes Gasthaus nicht mehr und schaute nach einem Menschen aus, der mir darüber Auskunft geben konnte. Ein Grubenarbeiter kam auf mich zu. Er trug die breiten Saminet- tzosen, die man an den italienischen Kumpeln gewohnt war; die Jacke saß auf dem bloßen Oberkörper, eine Grubenlampe hing im Ausschnitt. Ich schaute, zögernd, ob er der geeignete Mensch sei, mir Auskunft zu geben, zu ihm hin. Da blieb er stehen und erwiderte meinen Blick. Ich hielt unwillkürlich und ein wenig erschrocken an. Er sah mir mit fragenden, traurigen Augen inS Gesicht. „Schau mich an! Du kennst mich nicht mehr, wie?" sagte der Arbeiter auf einmal. Es war der Zeff. „Was ist mit dir geschehen?" fragte ich. „Ja, schau mich nur an!" bestand er,,Hann siebst du. was auS einem werden kann. Ich arbeite in der Grube." -j „Studierst du nicht mehr?" „Dreck! Kannst du mir helfen? Ich krepier' vor Scham und Würdelosigkeit. Wozu soll ich noch studieren? .. Ich tat mich mit Freunden zusammen, und er wurde im Büro einer Eisenhütte angestellt. Er nahm einen raschen, ge sunden Aufschwung. Sein Chef meinte, ersei über den Berg und werde gewiß mit seiner Intelligenz und Wendigkeit die Karriere einholen, die er durch die Aufgabe seines Studiums in Char- lottenburg, über die er unS aber keine Aufklärung gegeben. Lei- seitegestoßen hatte. Drei Monate arbeitete er fleißig und strebsam. Dann blieb er ohne Angabe eines Grundes aus. Seine Mutter kam zu mei nem Bruder, der ebenfalls mit ihm befreundet gewesen, und brachte eine Zusammenkunft der beiden zustande. ..Redet ihm zu!" sagte sie. „Ich bin ohnmächtig. Ich weiß nicht, was ge schehen ist." Als mein Bruder mit ihm sprach, begann er gleich zu weinen. „Mir ist nicht zu helfen", klagte. „Ich habe nun einmal den Bo den unter den Füßen verloren. Ich wär'dir so dankbar, wenn du mir aus dieser Lage heraushelfen würdest. Ich ertrag' sie kaum mehr. Ich komme mir als ein Kujon por, als ein Äusge- spiener." Nun kam er in die Büros eines Zementwerkes, an dem mein Vater beteiligt war. Wieder war sein Vorgesetzter voll Lob und Zuversicht. Dann starb Zeffs Mutter. Er verschwand mit dem selben Tag aus dem Werk und mit dem Erbe auS dem Land. Man hörte und sah nichts von ihm. Jemand soll einmal eine Ansichts karte aus Lissabon von ihm bekommen haben. Aber zwei Jahre später traf ihn ein gemeinsamer Miffchüler auf der Straße. Zeff ging wieder in die Grube arbeiten, flennte und flehte, man möge ihn aus diesem unwürdigen Dasein erretten, ihm eine Möglich keit schaffen, sich wieder emporzuarbeiten, bevor er endgültig vor die Hunde gehe. Der Angeredete, der Kaufmann geworden war und ein be deutendes Geschäft mit GruVenmaterialien hatte, war ein etwas harter Mann. Er wußte, waS vorausgegangen war, saß auch fest auf seinem Geld und mochte schon deswegen nicht ein Gehalt an einen überzähligen Angestellten bezahlen, der dazu noch ein unsicherer Kantonist war. Er widerstand und hielt ihm vor, wie unverständlich und un dankbar er sich in den Fällen benommen, wo man hatte helfen wollen. ES sei vorauszusehen, daß die Erfahrung, die man bisher gemacht habe, sich einfach wiederholen würde. Zeff knickte mit dem Kopf ein, begann lautlos zu weinen und ging dann plötzlich seines Weges, ohne noch ein Work gesagt oder einen weiteren Versuch gemacht zu haben. „Es tat mir leid'', erzählte der Kaufmann mir später, als er von den Folgen berichtete, die dieses Zusammentreffen nach sich zog, „daß ich ihn hatte gehen lassen. Ich wandte mich um nach ihm. An der Ecke blieb er stehen und schaute nun auch her zu mir, und seine Blicke waren so vorwurfsvoll traurig, daß ich entschlossen war, ihn zurückzurufen. Doch bevor ich dies tun konnte, war er um die Ecke weitergegangen. Ich nahm mir vor, seine Wohnung ausfindig zu machen und ihn aufzusuchen, um ihm zu sagen, ich wollte es doch versuchen. Am nächsten Morgen, noch bevor ich etwas getan hatte, um meine Absicht zu verwirk lichen, kam er in mein Büro. ,Hann ich dich allein sprechen?" bat er. Er war noch abge- fctzter gekleidet als gestern. Ein Hemd hatte er überhaupt nicht an, auch keine Socken, er trug nur eine mit einem roten Tuchgür- tel festgehaltene Arbeiterhose und ein durchlöchertes, schmutziges, rotweiß gestreiftes Trikot, wie inan sie an den ausländischen Ar beitern gewohnt war. Als wir allein waren, bat ich ibn, Platz zu nehmen. WaS er mir zu sagen habe, erwiderte er, könne er ebenso stehend vor