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Das erklärt sich daraus, daß in ganz Mittel- und Nordeuropa in den älte sten Zeiten fast ausschließlich die überall vorkommenden, leicht redu zierbaren, aber stark phosphorhalti gen Raseneisenerze den Rohstoff für das Renneisen lieferten. Bei den Rennfeuerverfahren verschlackt bei der niedrigen Temperatur auch ein Teil des Phosphors der Erze. Die Bild 34. Phosphoranreicherung im prä historischen Eisenmeißel. V = 2 Höhe der Verschlackung ist abhängig von der Menge des Eisenoxydes in der Schlacke und von der Höhe der Temperatur. Es ist aber niemals ein so reines, hochwertiges Eisen zu gewinnen wie aus den von Natur aus fast phosphorfreien Eisenerzen, z. B. dem Rot- und Spateisenstein der Kärntner und Steirischen Lagerstätten (0,015 °/o P), des Siegerlandes (0,01—0,02 % P), und des Eisenglanzes von Elba (0,09 °/o P), welche im Altertum den Ruhm der dort erzeugten Eisenprodukte begründeten. Es sind zwar auch einige prä historische Eisenfunde aus Deutschland bekannt mit sehr geringen Phos phorgehalten. Dieses Eisen ist aber nicht aus Raseneisenerz, sondern aus einigen kleinen lokalen Vorkommen von Brauneisenerz, Spateisenstein, Eisenglanz (Thüringen, Harz, Siegerland) gewonnen. Die genaue Untersuchung des Dübels und des Eisenhakens aus dem Artemis-Tempel ist wohl bisher die einzige genauere Untersuchung so alter Eisenerzeugnisse, von denen sich das Alter feststellen läßt. Da der ge nannte Tempel einer der drei berühmtesten und kostbarsten des ganzen Altertums war, muß man annehmen, daß auch ganz ausgesuchtes Material zum Bau verwandt wurde und daß die Eisenstücke Höchstleistungen ihrer Zeit darstellen. Die Homogenität und die Schlackenfreiheit des Dübels ist bewundernswert, ebenso die Reinheit des Eisens. Letztere hängt zwar in der Hauptsache von der Reinheit des verwendeten Eisenerzes ab; es muß also für die untersuchten Stücke ein ganz reines, phosphorfreies Erzmaterial ausgesucht worden sein. Auch hierbei müssen wir die Erfahrungen der Eisenschmiede bewundern, die vor 2000 Jahren schon über solche Kennt nisse verfügten. Die Untersuchung des deutschen prähistorischen Meißels zeigt gerade umgekehrt, daß das in der ganzen nordeuropäischen Tiefebene benutzte Raseneisenerz ein so hochwertiges Erzeugnis gar nicht liefern konnte und daß nur an ganz wenigen Punkten, wo lokal phosphorarme Erze zufällig vorhanden waren, die Möglichkeit bestand, auch einmal besseres Material herzustellen.