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360 Geologie und Philosophie. Wir müssen die Philosophie als Theorie der Wissenschaften durchaus von ihren Priestern, den Philosophen im deutschen Sinne, trennen. Die letzteren haben seit Kant’s Tode der Naturforschung vielleicht mehr geschadet als genützt; nicht eine einzige Entdeckung ist durch sie angebahnt worden, und nicht einmal die allgemeine Naturauffassung haben sie wesent lich gefördert. Dieser Umstand hat unter den deutschen Natur forschern die aprioristische Philosophie als solche in grossen Misscredit gebracht, und sicher haben viele Philosophen dazu Veranlassung gegeben. Die Philosophie im wahren Sinne kann aber auch der Naturforscher nicht entbehren; zunächst braucht er sie als Kritik der Erkenntnissquellen und Schlüsse, dann aber zur Verbindung seiner Resultate. Jeder Natur forscher treibt nothwendig Philosophie, sobald er sich Uber die blosse Beobachtung erhebt, und wie gross die Bedeutung der Philosophie im höheren Sinne für die Naturforschung sei, zeigt sich in den wenigen Fällen, in welchen echte Philosophen zugleich Naturforscher waren, oder wenigstens hinreichend ver traut mit den Fortschritten der Naturforschung, — so bei Fechner, Albert Lange und neuerlich bei Häckel. Eine Theiluug der Arbeit ist auch dann auf diesem Ge biete empfehlenswert!], wenn beiderlei Arbeiter sich gegenseitig verstehen; denn nothwendig werden die Philosophen von Pro fession durchschnittlich eine grössere Uebung in ihren geistigen Operationen erlangen können als die vorherrschend beobach tenden Naturforscher. Der Naturforscher als solcher hat sich um den Zwiespalt zwischen Materialismus und Idealismus nicht zu kümmern; er hat es zunächst nur mit materiellen Dingen zu thun, deren erste Ursache und deren eigenstes Wesen er nicht zu erkennen vermag, wie denn auch der aufrichtige Philosoph darüber nur mehr oder weniger wahrscheinliche Betrachtungen aufstellt, ohne auf diesem idealen Gebiet von Beweisen zu reden. Der Naturforscher begnügt sich, die Stoffe und ihre Wirkungen zu untersuchen, und Naturgesetze daraus abzuleiten. Fiir ihn sind Raum, Zeit und Stoff unbegrenzt (ewig), d. b. er kann