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Der Sächsische Erzähler s- Vom Zungdeutfchen Orden. Durch den Austritt de, ehemaligen Großkomtur« v. Tschammer-Osten, sind in den letzten Wochen Gerüchte ent standen und in einem Teil der Presse verbreitet worden, die hier noch einmal kurz behandelt werden sollen. Es ent spricht keineswegs den Tatsachen, daß eine Spaltungin Sachsen entstanden ist oder daß ganze Ein heiten sich vom Orden getrennt hätten. Die in Löbau ohne Kenntnis der wahren Sachlage gefaßten Beschlüsse wurden auf dem Meisterkapitel in Bautzen, das am 12. September stattfand, aufgehoben und die Treue zum Hochmeister ausae- sprachen. Nicht eine einzige Bruderschaft hat sich vonELr- den getrennt, sondern es sind lediglich Austritte einzelner Brüder erfolgt, deren Zahl zwei bis drei Dutzend nicht über steigen dürfte. Es ist diesen natürlich Unbenommen, sich zu einem sogen. Jungdeutschen Bund zusammenzuschließen, über dessen Gründung in verschiedenen Pressemeldungen berich tet wurde. Derartige Bestrebungen einer kleinen Anzahl Unzufriedener sind früher auch an anderen Orten schon zu verzeichnen gewesen, sie sind infolge ihrer Bedeutungslosigkeit rasch wieder in sich zusammengebrochen. Der Jungdeutsche Orden vermeidet es streng, sich in irgendwelche Parteipolitik einzulassen, um nicht das Werk zeug von Parteien zu werden; selbstverständlich steht jedem Bruder persönlich die Tätigkeit innerhalb der Parteien frei. Aus dieser grundsätzlichen Stellungnahme entstand der offe ne Konflikt mit Tschammer, der übrigens, wie Mahraun auf der Jungdeutschen Tagung in Chemnitz den Pressevertretern gegenüber betonte, sich schon lange im Gegensatz zu den an deren Großkomturen befunden hat. Tschammex sei nie zu seinem Worte gestanden, er hat sehr oft gegen die Beschlüsse gehandelt, die er selbst mit gefaßt. Der Jungdeutsche Orden ist, so erklärte der Hochmeister, keineswegs gegen die Samm lung der staatserhaltenden Parteien. Aber der zweite, vom Jungdeutschen Orden in Sachsen ohne vorherige Verständi gung des Hochmeisters mitunterzeichnete Aufruf sei ein Ver stoß gegen die Bestimmungen des Ordens gewesen, weil in diesem Aufruf bestimmte Forderungen an die Par teien gestellt worden sind. Eine solch« Einmischung in Par- teiangelegenheiten dürfe der Orden nicht treiben. Der Jung deutsche Orden will mitten im Volke stehen, et könnt kein links und kein rechts. Er trägt die ehrwürdigen Farben schwarz-weih-rot an seinen Bannern, aber nicht als Partei farbe, und lehnt die Gemeinschaft mit solchen Vereinigungen, die die alten Reichsfarben nur als Deckschild für ihre Inte- ressenpolitik mißbrauchen, ab. Die nationale Bewegung in Sachsen, erklärte Hochmei ster Mahraun sei nach seinen Beobachtungen falsch geleitet. Sie sei zu bürgerlich betont, um eine große umfassende Volks bewegung sa-i sfen zu können. Die in Sachsen weit ausge prägtere klassenmäßige Einstellung, als sie selbst in Preußen zutage trete, erzeuge neue Gegensätze, und Thüringen habe die Zeit der Ordnungsregierung besser auszunutzen verstan den als Sachsen, Er glaube, daß Sachsen auf Grund der im sächsischen Bürgerblock liegenden Fehler noch schweres Lehrgeld werde zahlen müssen. I Ordnung, über die die national« Bewegung heut« vor Wird sie zeWrt, so verliert die national Lewei I Deutschlands ihren Halt. Sie würde sich in einem sol Falle in eine ohnmächtige, jeder Demagogie preis«« Masse auflösen. Weil ich in der heutigen Form des Zu menschlufses dieser Gefahr sehe, lehn« ich seine übereil« wirklichung ab. Bevor ein Zusammenschluß in iraendeiner Sonn HP» wogen werden kann, muß folgendes geklärt sein: 1. Welches ist das Ziel des durch den Zusammenschluß geschaffenen Faktors. 2. Welche Führ«r bestimmen hie politische Verwendung. S. Welche Sicherheiten sind gegeben, daß nicht irgendein« politische Machtgruppe, ohne öffentlich aufzutreten, die Verbindung der geschaffenen poli tischen Macht an sich reißt oder zu reißen versucht. Der Jungdeutsche Orden hat sich in bestimmten Auffasi sungen und Ideen entwickelt. Er kann nicht gegen dl« durch feine Entwicklung bedingten Kreise handeln. Darum kann er niemals Bundesgenosse auf einem Wege lein, dessen Lich tung ihm nicht in allem klar ist. Er wird daher allen Zusammenschlußbestrebungen abwartend gegenÄeS» stehen." Die Chemnitzer Tagung des Jungdeutschen Ordens wurde durch einen von etwa AHv jungdeutschen Brüdern besuchten Deutschen Abend im gro ßen Saale des Kaufmännischen Vereinshauses eingeleitet. Der Komtur der Ballei Äestsachsen, Bruder Burkhards, zeichnete in kurzen, klaren Zügen die Idee des Jung- deutschen Ordens, die sittlichen Pflichten eines jeden gegen über Volk und Vaterland, die Idee der großen untrenn baren Volkseinheit, um dann unter den immer wieder auf wühlenden Klängen des alten Kameradenliedes jener zwei Millionen Volksgenossen zu gedenken, die für Deutschlands Zukunft draußen auf blutdampfender Feindeserde gefallen. Weiter zeichnete er die Entwicklung de» Jyngdeutschep Ordens, dessen Gedanke im Fronterleben geboren, von Artur Mahraun ausgenommen, von 20 Männern hinaus^ tragen wurde und heute hunderttausend umfaßt — ein Ge danke, der mit dem Worte „Bruder" beginnt und mit HM Begriffe der Volksgemeinschaft endet, der den Kampf führt gegen allen Standesdünkel und bereit ist zu sterben für vi« große deutsche Volksgemeinschaft, damit Deutschland le« allewege, damit siegreich über alle Not hinaus da» jauch zende Feldgeschrei klinge: Deutschland! Den Höhepunkt des Abends aber bildete di« Fe st re dH 1. Beiblatt z« sraanaer 221 Hochmeister Mahraun mit nicht endenwollendem Beifall begrüßt, hielt- DO Befreiung der deutschen Nation vom Gifte de» KlassOl- kampfes und Klassenhasses zeichnete er als <as KamptziH, das es zuttüchst als ehrliche Deutsche zu erreichen gelt«, UM des man seit sieben Jahren unter dem flatternden Ordena- ritterzeichen des schwarzen Kreuzes auf weißem Schilds ringe. Als die Geschichte an das deutsche Volk appellier», einem neuen Zeitalter aus Sumpf und S Mde den Weg zu bahnen, da hätten sich die Ordensbrüder zu einem Kampfe der Abwehr geeint, den erschütterten Staat vor weiterer Zersetzung zu schirmen. Heute, nachdem sich unter Hsnden- Vlahraun über die Vorbedingung«»» de» Zusammenschlusses f Ordnung, über der vaterländischen Verbände. In einer längeren Unterredung mit dem Chemnitzer Vertreter der „Leipziger Neuesten Nachrichten" präzisierte Artur Mahraun seinen Standpunkt zur Frage der Zusam menfassung aller vaterländischen und Wehrverbände wörtlich wie folgt: „In der letzten Zeit haben namhafte nationale Per ön- lichkeiten und insbesondere auch die nationale Presse hre Ansicht über den Wert desZusammenschlus es aller vaterländischen und Wehrverbände zum Ausdruck gebracht. Sowie aber der Gedanke des Zu sammenschlusses praktisch durchgeführt werden soll, wird er zur Quelle gegenteiliger Wirkung, wie beabsichtigt. Der Wert guter nationaler Verbände besteht in ihrem organischen Aufbau. Dieser Aufbau ist die einzige Struktur klarer Der Reichspräsident im Manöverfelde. Der Reichspräsident von Hindenburg hat, wie gemeldet, an den Herbstmanövern der Reichswehr iH Süddeutschland teilgenommen. Der Reichspräsident hielt selbst nach dem ersten Manövertage eine Kritik ab und besichtigte am Sonn tag einige Truppenunterkünfte in Mergentheim und der Umgegend. Unser Bild zeigt den Reichspräsidenten von Hindenburg im Manövergelände bei der.Beobachtung der Truppenbewegungen. ^Käume und Menschenseelen, die tief und stark wurzeln vollen, müssen Stürme überwinden. Brigitta. Ein Roman aus den Bergen von Wolfgang Kemter. Copyright by Greiner und Camp-, Berlin W. (21. Forhetzung.) (Nachdruck verboten., „Heut morgen, so um drei herum, fängt der Tyros plötz- lich wie wild zu bellen, förmlich zu heulen an. A Weil hab i mi nit auskennt, so hat er rto nie getan, wie der Hund aber immer wilder worden ist — wir haben ihn in der Tenne eingsperrt ghabt — da bin i ausgestanden und hab den Hans wecken wollen. Der ist mir aber schon auf der Stieaen ent- gegenkommen. Er hat den Hund a ghört und ist nach schauen gegangen. Wie wir in di« Tenn komiyen sind, da rennt der Tyras wie rasend gegen die Tür, die ins Freie führt, und wie der Hans aufmacht, da ist er im Hip hinaus und in die Nacht hinaus verschwunden. Schon aber ruft der Hans: „Bäuerin, da brennts wo." Richtig, unter der Tennentür haben wirs schon gerochen. Der Hans rennt ums Haus herum, i hinterher, da sehen wir die Buscheln, die dort hinter dem Haus aufveigt waren, brennen." „Hol a Wasser, Bäuerin," schreit der Hans und beginnt mit einer Stauden die Buscheln herunterzureißen. Der Xaver! und der Franz sind mir gleich zu Hilf kommen, so haben wir nach einer Stund« das Feuer zum Löschen ge bracht. A Glück, daß di« Buscheln no nit ganz dürr waren, sonst hätten wir wohl nir mehr ausarichtet. Bald darauf ist der Tyras wieder zurückkommen, aber immer no winselnd, mit der Ras' am Boden, um» Hau» herumgstrichen. Wies dann hell worden ist, da hat der Han» a paar Meter in der Wiesen draußen a leeres Zündbolzschachtele gesunden. Wir haben gleich denkt, daß di« Büscheln anzündet worden sind, jetzt aber war koan Zweifel mehr, Bartl, dös ist gwiß der. „Der Gruber Pepi gewesen," fiel Bartl in» Wort, „koan anderer. Der «lende Schuft, der niederträchtig«." „Bartl, i hab» allw«il «sagt: D«r Bursche haßt uns und bringt uns no in« Unglück, all« zusammen. Mein Gott, wenn das Windegg abbrennt wär, heut könnt man nit mehr bauen, dös vermocht koa Mensch. Di« Versicherung ist nit hoch, grad Bettler wären wir awesen. Und wer weiß, ob der grundschlechte Kerl nit wiederholt, was ihm heut nit glückt ist." „Glaub» kaum, amal nit so schnell," meinte Bartl sin nend und schritt, von den andern gefolgt, um» -au» herum. „Er muß doch annehmen, daß a Zeitlang gwacht wird, aber für alle Fälle laßt den Tyras über di, Nacht heraußen in der Hütte und bindet ihn nit an. Denn der Bursche no amal kommt, zerreißt ihn der Hund." Sie hatten die Stelle erreicht, wo da» in Hine Bündel Tannenreistg — in dieser Gegend Buscheln gjlnaNnt — zu Durcheinander auf dem Boden herum. „Da schau, Bartl," ries Brigitta und zeigte auf die Hauswand, deren Bretter schon stark geschwärzt waren. „Mel hält nimmer gfehlt, und du hättest heut statt dem Wind egg nur mehr an Schutthaufen gefunden." „Der höllische Schuft, i krieg ihn da," rief Bartl und stampfte mit dem Fuße auf den Boden. „Wenn i nu meinen Waldmann no hätt, nachher hält i den Burschen scho lang beim Frack. Dös war a Hund, a Spürnasen, wies koa zweite mehr gibt." „Ist er eingegangen?" „Im vorigen Jahr. Er war scho ziemlich alt, fast fünf zehn Jahr. I hab scho überall hingschrieben, a Hund muß wieder her, aber bis heut hab i no nix Passendes gefunden. Zum an jungen aufziehn, fehlt mir augenblicklich die Zeit, und an alten, der was die Eigenschaften hat, die i möcht, den hab i no nit zum Kaufen kriegt/ Wieder waren die Bewohner des Windeggs zur Ruhe gegangen, Bartl ging noch einmal um das Haus herum, ver gewisserte sich, daß Tür und Tor geschlossen waren und trat dann zu dem Hunde, der vor seiner Hütte lag, sich jetzt er hob und schweifwedelnd auf ihn zukam. Bartl streichelte das schöne, treue Tier. „Sei brav, Tyrassel, gib sein acht, acht geben." Als ob ihn das Tier verstanden hätte, mit so sprechen den Augen sah es ihn an. Und als Bartl Nun befahl: „Leg di, Tyras," da gehorchte der kluge Hund sofort, streckte sich vor der Hütte aus den Boden und legte den mächtigen Kopf zwischen di« Dordersüße. / Bartl aber holte von der Bank Gewehr und Rucksack und schritt gleich darauf in di« Nacht hinaus. Es war einige Tage nach dem glücklicherweise vergeb lichen Versuche, das Windegg in Brand zu stecken. Bartl hatte eben wieder eine große Streife hinter sich und war, als es gegen Mittag ging, zu jenem Teile des Reviers gekom- men, wo der Wald aufhörte und die Steinwildnis des Wil len Mannes begann. Bartls Magen knurrte, seit dem frühen Morgen hatte er nicht» gegessen. Also ließ er sich im Schatten einer knor rigen, vom Sturme, der auf diesen Höhen oft recht tüchtig hauste, zerzausten Fichte nieder, um zu rasten und einen klei nen Imbiß zu verzehren. Nachdem dies geschehen war, zündet« er sich sein kleines Pfeifchen an und erwog, mit dem Rücken an die Tanne ge lehnt, den nächsten Feldzugsplan gegen den Gruber Mwi, denn der Herr Forstmeister hatte ihm nun «inen GehNstn für di« nächste Zeit versprochen. Bartl hatte die wilden, Lrklüfteten und zerrissenen Wände und Kare des Wilden Mannes gerade vor sich. Plötzlich wurde das scharfe Auge des Jäger» auf «in« win- rüge Bewegung da oben in den Felsen, die tausend anderen Augen nicht sichtbar gewesen wär«, ausmerksam gemacht. E» war etwas oben, nur Bartl konnte nicht erkennen was. einem hohen Haufen an der Stadelwand aufgeschichtet ge-lEr richtete sich aus seiner bequemen Stellung auf und wollte' wesen war. Nun lagen die Bucheln halb verkohlt im wirren eben nach einem Glase greifen, da — krachte da oben ein ISchuß. Vielfältig gaben Wald und Felsen da» Echo wi^ur. Pfeifend kam die Kugel und fuhr handhoch über Bartl» Kops in den Stamm der Fichte. Bartl verlor seine Geistesgenwart nicht «in« Sekunde, er schnellte in die Höhe, machte eine Wendung mit dem Kör per und hatte sich im nächsten Augenblick hinter der Ta»»» platt auf den Boden geworfen. „Teufel," knirschte er, „dös hat mir gegolten. „W-A Bursche, die Frechheit sollst du büßen- Heut oder nie. Hast mei Lebenslicht ausblasen wollen. Wird di reuen." Vorsichtig richtete er nun das Glas auf jene Stelle de» Kars, wo er vorhin di« Bewegung wahrgenommen hatte- Es war aber nichts zu sehen. Alles war füll und ruhig. Bartl prägte sich den Gegenstand genau ein, überlegte kurz, packte dann sein Gewehr, Rucksack und Bergstock ließ er liegen, und kroch nun etwa hundert Schritte bergab, bi« «r eine Mulde erreichte, in der er dann den langsamen, vor sichtigen Aufstieg ins Kar begann. Bartl kannte das Kar wie seine eigene Tasche. So viele Male schon hatte er die Schroffen und Felsen des Wilden Mannes durchklettert und durchwandert. Er wußte, dDß er, wenn er in der Felsrinne, in der er sich gut oerdecken konnte, noch einige Schritte aufwärts kroch, einen Komm er, reichte, von dem sich ihm einstweilen Rundsicht böte. Dieser sattelartige Kamm war endlich erreicht, Dgrsi konnte, ohne selbst gesehen zu werden, zwischen zwei Fel«, blöcken hindurch ein ziemlich weites Gebiet überblicken. Er vergewisserte sich, daß sein Plan richtig und er sich bereit«, der Höhe nach über der Stelle befand, von der der Schuß gegen ihn abgefeuert worden war. Er brachte nun sein vor treffliches Glas an die Augen und ließ es langsam durch die Felsenwüste gleiten, da — hätte er beinahe einen Jauchzer ausgestoßen, er unterdrückte ihn im letzten Augenblick«, und seinem Munde entrang sich nur ein halblauter Ruf der Be friedigung. Da drüben, etwa tausend Schritte von ihm entfernt, «r war durch die Kletterei zum Kamme ein weit«, Stück Nach rechtd gekommen, lag ebenfalls, hinter einem Felsen aedeckt, «in Mann platt auf dem Boden, das Gewehr vor sich ist» Anschlag und äugte scharf zum Walde hinab, zu der für einen guten Schützen noch in Schußweite befindlichen Stelle, wo Bartl gerastet hatte. Der Mann dacht«*sich offenbar, daß sein Gegner ebenfalls auf der Lauer lieg« und aufpafst, bis er sich bewege. Schärfer sah Bartl durch das Glas, es war ihm aber nicht möglich, da« Gesicht seine« Feind«, zu erblicken, ja, er wurde für den Augenblick ganz irre an sich und seinem sich«? ren Glauben, nur den «inen Menschen, dem sein Vinnen Tag und Nacht galt, vor sich zu haben, denn weder an Er stakt noch Kleidung schien ihm da« da drüben der Grub Pepi zu sein. Aber dann machte der Mann mit dem eine Bewegung, und Bartl sah gerade in» Gesicht. Eortsetzung'-folgt.)