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Der Schuß ohne Knall. Eine neue Erfindung und ihre Opfer. Vor mehreren Jahren überreichte der Erfinder Philipp Carter dem amerikanischen Kriegsministerium das Modell eines geräuschlos schießenden Revolvers Zwecks Einführung in die Bundesarmee. Dies Modell wurde auf dem Instan zenwege von Bureau zu Bureau gesandt, und nach langer Zeit erhielt der Erfinder die Mitteilung, daß die Waffe sich nicht zur Verwendung für das Heer eigne. Carter war we gen dieses ungünstigen Bescheids außerordentlich niederge drückt, machte sich jedoch ans Werk, um sein? Erfindung zu verbessern. Es gelang ihm aber nicht, sein Patent zu ver werten, und schließlich wurde er infolge der ständigen Miß erfolge tiefsinnig. Allgemein wurde er als harmloser Irrer angesehen, aber sein krankes Hirn ließ ihm keine Ruhe und trieb ihn auf die Bahn des Verbrechens. Eines Tages fand man in der Stadt Omaha die Leiche eines Kaufmanns, dem eine Kugel durchs Herz gegangen war. Kein Mensch hatte eine Detona tion gehört, und die tüchtigsten Detektive konnten die Spur des Täters nicht finden. Einige Tage nach dem Vorfall kamen auf gleiche Welse ein bekannter Zahnarzt und seine zwei Assistenten um. Auch diesmal gelang es nicht, die Mör der zu finden. Im Laufe der kommenden Woche wurde ein Polizist erschossen, und auch hier hatten die Nachforschungen nur ein negatives Resultat. Die Behörden seßten nunmehr «ine hohe Belohnung fest, und unmittelbar darauf meldete sich der unglückliche Erfinder des schallosen Revolvers, be kannte sich als Mörder und gab als Motiv seiner Taten an, daß er die Aufmerksamkeit der Behörden auf seine Erfindung habe lenken wollen. Wenige Tage darauf schlossen sich dke Pforten einer Irrenanstalt hinter dem Fanatiker feiner Er findung. Und in zwanzig Jahren kennt man vielleicht keine andere Schußwaffe mehr. Der Erfinder aber sitzt im Irrenhaus... war. Er schwitzte und suchte nach einem Ausweg; doch er fand keinen, obwohl er sonst in dieser Hinsicht so leicht nicht versagte. Da rief man ihm zu! „Na, bringen Sie nur den Hasen, Unteroffizier!" Geisenack brachte ihn. Er durfte ihn sogar behalten . . . Der Hauvtmann nahm ihn nur noch vor und sprach von grenzenloser Unverschämtheit, Blamage, Frechheit, von Ge fängnis, von Wilddieberei und derlei ärgerlichen Dingen. Aber auch das verwand Geisenack . . . und wenn er später davon erzählte, dann schmunzelte er immer und ahmte ge treulich die Rede des Hauptmanns nach. Um mit einem liebevollen Blick und einem bekümmerten Seufzer (der sei nem Alter galt) zu schließen: „Ja, mit dem Hasensell hat es fein gewisses Bewenden." Fenstersüllungen eines markierten Hauses spotteten trotz aller Knallerei den Anstrengungen der Gruppe. Der Oberst war bereits unwillig, da der hohe Herr neben ihm die Stirn zu runzeln begann. Da nahm Geisenack sem Gewehr; 450 Meter freihändig. Hier war er am sichersten. Er legte an, schoß. Bardautz! — Die erste Tonscheibe war zersprungen. Beim zweiten Schuß mußte die zweite daran glauben. Und so fort, jeder Schuß eine Leistung. „Donnerwetter!" erkannte der hohe Herr aus Erfurt an. Worauf der Oberst stolz erklärte: „Mein bester Schütze! Schießt jeden ersten Preis. Sicher wie noch nie ein . . Unteroffizier Geisenack lag mit hochrotem Kopf neben seiner Gruppe in Angrisfsstellung. Er vergaß über das Lob seine dienstliche Unbedeutendheit und „fühlte sich", wie die Kameraden hämisch für diesen Zustand gesagt haben würden. Dagegen sah er, daß da vorn, dicht an den Scheiben, wo von rechts Verstärkungen gemeldet waren, ein Häschen auf tauchte . . . Das stutzte und machte Männchen. In Geisenack erwachte im Nu der Jäger: ein Handeln von Sekunden . . . dann fuhr der Finger zum Abzug, drückte los, und der Hase machte einen raschen Saltomortale durch die Lust. Die hohen Herren hatten den Vorgang in allen Einzel heiten gesehen. Der Brigadekommandeur tippte, bevor Gei senack losdrückte, dem Oberst auf die Schulter: „Da, sehen Eie. . ." Da trachte bereits der Schuß. Unteroffizier Geisenack war ganz blaß geworden. Er lag bewegungslos und ahmte den toten Hasen nach. Doch da der Oberst herantrat und sragt«: „Was war denn das, Geisenack?", konnte er sich nicht länger tatstcllen, sondern mußte irgend etwas antworten. „Ein Hase, Herr Oberst . . ." stammelte er aufspringend. „Em Hase? Der Hauptmann schwitzte. Der Oberst kaute am lang ausgezogenen Bart. Die anderen lachten hinter der Hand, der hohe Herr aus Erfurt besonders. — Der fragte endlich: „Na, Unteroffizier, was dachten Sic sich bei dem Schuß? Dachten wohl, daß es eine Scheibe war?" Unteroffizier Geisenack war auf die Sprünge geholfen. Der Hauptmann atmete hörbar auf und mochte ein weniger grimmiges Gesicht; der Oberst fragte rasch: „Sie dachten, daß cs eine Scheibe war?" „Jawohl, Herr Oberst! Eine Scheibe!" „So!? — Na, es war aber keine! Ein andermal besser Hinsehen! Verstanden!" „Jawohl, Herr Oberst!" „Unteroffizier", befahl sodann der hohe Herr, „holen Sie 'mal gefälligst selbst Ihre Scheibe und tragen Sie sie heim!" Geisenack stob davon, strich uni den Hasen herum und suchte die Scheibe, die ihm zu finden natürlich nicht möglich Au» dem Gerichtssaal. * „2m schwarzen Walfisch zu Askalon . . ." In einer köstlichen Zechgeschichte hat dieser Tage das Krcisgericht in Böh misch »>L e i p a das Schlußwort gesprochen. Seit der Einführung der Rentenmark in Deutschland siftd reichsdeutsche Gäste im säch sisch-böhmischen Grenzgebiet hochwillkommen. Die achtfache Ueber- legenheit der Mark über die Tschechenkrone flößt Respekt ein, und da die reichsdeutschen Besucher zumeist die eingewechselten Kronen leicht astsgeben und obendrein beim Weitergeben des deutschen Gel des an die Banken ein kleiner Balutagewinn resultiert, werden Käu fer und Gäste mit Markoaluta in Geschäften und Gasthäusern mit ausgesuchter Zuvorkommenheit behandelt. Diese Stimmung haben schon einigemale Schwindler auszunüßen verstanden, indem sie alte, längst für ungültig erklärte Marknoten in böhmischen Grenzorten dergestalt auszugeben verstanden, daß ihnen beim Wechseln der wertlosen Papierseßen auch noch ein ganz achtenswertes Sümmchen guten tschechischen Keldas übrig blieb. Der Trick gelang an der langen tschechisch-deutschen Grenze ungezählte Male. Als aber der 33 Jahre alte Bauarbeiter Emil Wende aus Hainewalde in Warnsdorf sein Glück probieren wollte, fiel er bös hinein. Und das kam so: Da saß er nun im Gasthaus ,Lum schwarzen Walfisch", be stellte und aß und trank, was gut und teuer war. Es wurde spät . und es wurde später, da stiegen dem Wirt doch einige Bedenken auf und er begehrte bescheiden Begleichung. Aber ein Hundertmark schein ließ keinen Zweife^darüber, daß der vornehme Gast in hohem Maße zahlungsfähig war und sich schon etwas leisten könne. Die Kneiperei ging weiter, der Gast wurde immer nobler und schließ lich tranken auch alle die Spießer auf seine Kosten mit, die zuvor noch die Schlemmerei bekrittelt hatten. Bis 4 Uhr früh hatte man sich Erhebliches geleistet. Der Polizeibericht meldet 10 Flaschen Sekt L 70 Kronen, 17 Flaschen Weip L 35 Kronen, Biere, Schnäpse und Rauchmaterial in schweren Mengen. Wende aber bezahlte alles, er warf neuerdings neun Zwanzigmarkscheine auf den Tisch, a, er hätte sich nachgerade einen „ehrenvollen Abgang" gesichert, wenn er die Zeche abgebrochen hätte und mit dem Frühzug zurück nach Sachsen gefahren wäre. Als man ihn aber unter .Hoch soll er leben, dreimal hoch" zum Bleiben aufforderte, da verließen ihn die letzten Hemmungen und er zechte fort bis zum anderen Tage 4 Uhr nachmittags. Genau 24 Stunden vorher hatte er sein Warns- dorfer Gastspiel begonnen. Als Wende bei der Kellnerin wiederum einen Fünfzigmarkschein in Wein und Bier umsetzen wollte, machte diese ein neu hinzugekommener Gast darauf aufmerksam, daß dieser Schein schon feit geraumer Zeit nicht mehr gültig sei . . . Diese er nüchternde Tatsache war leider auch bei allen anderen Markscheincn gegeben, die der Herr Wende im „Schwarzen Walfisch" verausgabt und restlos vertrunken hatte. Er wurde verhaftet und dieser Tage vom Kreisgericht zu sechs Wochen schweren Kerkers verurteilt. Reichsdeutsche Wandersleute wollen sich vorsehen, denn eit jenem Tage werden im „Schwarzen Walfisch zu Warnsdorf die Markscheine dreimal umgedreht, ehe man sie in Zahlung nimmt. Beschaffung der neuen Motorspritze „Kleine Siegerin- durch Göda gestellt waren, wurde genehmigt, soweit e» sich um Bolbritz handelt, «ährend der Antrag von Döbschke abge lehnt wurde. Das vrtsgesetz über den Wafserbezug der Stadtgemeinde Schirgiswalde soll genehmigt werden, fall» sich nicht bei einer noch vorzunehmenden eingehenden Prüfung erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Die Beschwerde de» Gemetndebürgers Borchmann in Arnsdorf gegen den Gemeindeverordnetenbeschluß über den Wasserleitungsbau wurde zurückgewiesen, ohne daß der Ausschuß sich sachlich mit der Materie beschäftigte. Di« Ergänzungswahl von Sachverständigen zur Ermitt lung der Entschädigung für getötete und gefallene Tiere wurde nach den gemachten Vorschlägen vollzogen. Bezüglich der Steuerausschußwahlen wurde beschlossen, tzen Finanzausschuß mit der Prüfung der Vorschläge zu be auftragen, die dann dem Bezirksausschuß zur endgültigen Entschließung zu unterbreiten sind. Der Finanzausschuß soll für jedes Mitglied einen Vertreter erhalten. Dem Ankauf eines Lichtbildavparates stimmte man zu. Die Beschwerde des Bäckermeisters Gustav Döcke in Do berschau über einen Gemeindeverordnetenbeschluß betr. das Backen von Brot für Erwerbslose wurde zurückgewiesen. Dem Nachtrag zum Ortsgesetz über die kostenlose Toten bestattung der Gemeinde Niesendorf (Aufhebung derselben) stimmte man zu. Die Einsetzung eines Ausschusses zur Verteilung der im Geschäftsjahr 1926/27 zu gewährenden Baudar lehen führte zu langen Erörterungen. Die Verteilung soll MUH einem besonderen Schlüssel erfolgen. Die Höhe der zu Wteilenden Baubeihilfen steht noch nicht fest; sie fließen aus dtzr Aufwertungssteuer, dem Ausgleichsstock usw. Der Aus schuß besteht in diesem Jahre aus den Herren Lagerhalter Wehle und Bürgermeister Kurzreiter, zu denen noch Bürgermeister Gerber-Milkel hinzutritt. Einige Vorlagen wurden in die geheime Sitzung ver wiesen. In Schank- usw. Konzessionsangelegen heiten fanden zustimmende Entschließung die Gesuche von August Werner-Sohland a. d. Spree (ohne Veranstaltung von Singspielen), von der Gastwirtin Agnes Friedrich in Niederputzkau, von Gastwirt Paul Schubert in Loga, von Gastwirt Gust. Küchler in Weiss (Erweiterung), vom Fabrikportier Paul Iänchen zum Kantinenschank in der Fabrikkantine der Firma Wunsches Erben in Schirgiswalde, von Frida Miersch in Wetro für die Fabrikkantine der Firma Ton- und Chamottewerk Rubland in Wetro, der Gastwirtin Hulda Weber in Hainitz (Verlängerung der Er laubnis), des Konsumvereins Wehrsdorf um Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein, wäbrend dagegen abge lehnt wurden das Gesuch von Edwin Heyder in Wehrs- dorf um Erlaubnis zum Kleinhandel mit Branntwein und das Gesuch Ernst Kurt Hübners, Geschäftsinhabers in Wil then (Neuerteilung). Gegen ^2 Uhr erreichte die öffentliche Sitzung ihr Ende. Nach einer Mittagspause folgte eine geheime Sitzung umfassimdr Stcherjeltsmatznahmen treffen können und blieb über« Derr brr Lage. Nur am Friedrichsplatz kam es zu MlsW Zusammenstößen, da die Demonstranten, die zum großen Teil mit Gummiknüppeln und Stahlruten ausge rüstet fvaren, auf die Beamten eindrangen. Die Polizisten aasen eine Anzahl Schreckschüsse ab und konnten di« demon strierenden Kommunisten schließlich auch zurückdrängen. Einzelne Beamte, die besonders stark bedrängt wurden, mußten von ihren Gummiknüppeln Gebrauch machen Ernst« Verletzungen sind jedoch nicht gemeldet worden. In den Abendstunden lösten sich die Demonstrationszüge wieder aus. Aye» 24. März. Gestorben ist hier im Alter von 76 Iah ren der Inhaber der Kircheiswerke, Kommerzienrat Wilhelm Röll, esne in weiten Kreisen bekannte und geschätzte Persön lichkeit. Plauen i. V., 24. März. Lin Heiratsschwindler betrog eine hiesige Kassiererin um Bargeld und Schmucksachen im Werte von etwa 1000 Mark. Als nichts mehr zu erbeuten war, verschwand der Betrüger, ein 22jähriger Reisender aus Nürnberg. Er wird bereits wegen anderer Schwindeleien verfolgt. Regelung überhaupt nicht vorhanden sein. Mit einer Ver abschiedung de» neuen Gesetzes ist auch in den nächsten Wo chen nichf zu rechne», da der Landtag ach 28. März bis Mitte April in die Ferien geht. Au» diesem Grunde kündigte heute am Schluss« der Ausschußsitzung der Finanzminister Dr. Dehne an, daß die Regierung gezwungen sein wird, in Er wägungen zu treten, in anderer Weise die Mietzinssteuer frage zu regeln. Aus diesen Aeußerungen kann nun geschluß- folgert werden, daß demnächst eine neue Regelung der Miet- ztnssteuer auf dem Wege der Notverordnung durch das Ka binett erfolgen wird. Riesa, 24. März. Da» Eisenbahnunglück am Bahnhof Wülknitz auf der Strecke Riesa—Elsterwerda, bei dem be kanntlich drei Personen getötet und elf verletzt wur den, ist nach den Feststellungen der Eisenbahnbehorde von dem Weichensteller Braune in fahrlässiger Weise durch falsche Weichenstehungen verursacht worden. Braune wurde auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft verhaftet. Den in den Krankenhäusern Untergebrachten geht es den Verhältnissen entsprechend gut, mit Ausnahme eines Verun glückten, dessen Zustand sich verschlimmert hat. Dem Arbei ter Lesiowitsch aus Leipzig mußte der Arm abgenommen werden. Die Unglücksstätte bildete ein wüstes Trümmerfeld. Der Materialschaden ist nicht unerheblich. Die Aufräu mungsarbeiten sind Dienstag beendet worden. Ein Teil der Mitfahrenden des Riesaer Zuges konnte sich durch rasches Herausspringen retten. Döbeln, 24. März. Giftige Dämpfe entströmten in der chemischen Fabrik der Byk-Gulden-Werke zu Grünroda am Sonnabend dem offenstehenden Hahn eines Kochkessels bei der Herstellung von Blausäure, wodurch ein Arbeiter eine schwere und mehrere andere leichtere Vergiftungen erlitten. Die Verunglückten wurden durch schnelle Wiederbelebungs versuch« gerettet. Freiberg, 24. März. Au dem Raubmord au dem Guls- besiher Bubfchbeck in Rübenau wird von der Kriminalabtei lung Freiberg mitgeteilt, daß der als Täter oder Mittäter verdächtigte Arbeiter Heinr. Michl vor einigen Tagen in der Gegend von Pilsen festgenommen worden ist. Zur Ver nehmung des Michl haben sich hiesige Kriminalbeamte nach Böhmen begeben. Flöha, 24. März. Kommerzienrat Robert wilisch in Plaue, der Seniorchef der Chromo-, Glace- und Buntpapier fabrik Robert Wilisch, feiert am 24. März seinen 80. Ge burtstag. Der Jubilar hat die im Jahre 1878 von ihm ge gründete Chromo-, GlacS- und Buntpapierfabrik durch seine unermüdliche Schaffenskraft und seinen rastlosen Fleiß, ge paart mit kaufmännischem Weitblick, aus kleinen Anfängen heraus zu einem Werke entwickelt, das heute als eines der bedeutendsten und leistungsfähigsten dieser Branche anzu sehen ist. Kommerzienrat Wilisch hat trotz seiner 80 Jahre auch heute noch die geschäftliche Leitung in Händen. Chemnitz, 24. März Lin Ehrenmal für die gefallenen Polizeibeamten wurde mit einer schlichten Feier im Stadt haus am Beckerplatz eingeweiht. Die mit Rochlitzer Por phyr-Einfassung versehene Bronzegedenktafel trägt die Namen von 44 im Weltkriege gefallenen hiesigen Polizeibe amten. Die Weiherede hielt Polizeipräsident Schwammkrug. Chemnitz, 24. März. Vollständig niedergebrannk ist in Siegmar während der Nacht eine am Bahnhof gelegene Fahrrad- und Autoreparaturanstalt. Die Ursache des Bran des ist unbekannt. Chemnitz, 24. März. Die Kommunisten veranstalteten Das Hasenfell. Von Karl Lütge. Mir dem Hasenfell, das bet meinem Hauswirt neben einer alten Militärmütze und einem Paar Achselklappen im Zimmer hängt, hatte es sein „gewisses Bewenden, w>e Papa Geisenack immer im gedehnten Thüringisch zu sagen pflegte. „Das stammt nämlich noch aus meiner Unteroffi ziers-Laufbahn und hat mich ekligen Schweiß gekostet . . Papa Geisenack, dem man das heute nicht im entfernte- sten ansieht, war ein großer Jäger vor dem Herrn und in seiner Dienstzeit der beste Schütze im Regiment. Als Rekrut beim ersten Schießen schoß er bereits besser als alle Unter offiziere, was ihm außer dem Lob des Hauptmanns einmüti gen Groll seiner Kameraden eintrug. Sein Unteroffizier machte diesem Luft mit den Worten: „Na, da haste bloß reinaemuckt, Kerl! Bild' Dir bloß nischt ein! Dusel haste gehabt! Ganz ausverschämten Dusel!" Rekrut Geisenack erwiderte vorschriftsmäßig: „Jawohl" und unterließ es, von dem väterlichen Gut und der großen Jagd, unten an der bayerischen Grenz«, wo er als bester Jäger galt, zu sprechen. Im übrigen blieb er sich gleich im Schießen, d. h. er „muckre" weiter rein und hatte ewigen „Dusel"! Als er Unteroffizier war, schoß er den anderen bei allen Preisschießen die besten Preise weg. Das fand man nicht schön, aber da er nicht nur der Stolz der „Sechsten", sondern das Schiebwunder des ganzen Regiments war, ging cs ihm trotz aller Neider gut. Der Hauptmann drückte manchmal beide Augen und noch mehr zu, wenn sein Liebling etwas ausgcsressen hatte. So einmal bei einem großen Schießen, wo Geisenack als Schießunteroffizier fungierte; da sand der Kompogniechef (eine Viertelstunde nach Schießbeginn) weder die Scheiben aufgebaut, noch die Schiebabteilung am Stand. Der Herr Schieb-Unteroffizier mußt« erst aus der Kantine geholt werden. Als der Hauptmann Meldung verlangte, meldete er mit eiserner Stirn, daß „alles in Ordnung" sei Der Hauptmann deutete nach vorn: „Cs sind ja nicht einmal die Scheiben eingebaut!" „Jawohl, Herr Hauptmann, di« Scheiben nock nicht!" Es war überhaupt noch nichts erfolgt, und wurde schleunigst nachgeholt. Strafe war Geisenack sicher; doch da er wieder wie ein junger Gott schoß, zerschmolz des Haupt mann« Zorn, und Geisenack wurde die Strafe geschenkt . . . Böser wurde es kurz darauf aus dem Truppenübungs platz, beim Gruppenschießen, dem der Brigadekommandeur aus Erfurt beiwohnte. Da wäre es ihm beinahe doch schlimm ergangen. Geisenack war Gruppenführer, und selbstverständlich hatte der Hauptmann den Oberst und dieser den Hohen Herrn bestimmt, hinter Gruppe Geisenack Ausstellung zu nehmen. Aber di« Leut« schossen herzlich schlecht. Di« Scheiben in den Aus Sachsen. Mietzinssteuer. Dresden, 23. März. Der dem Landtag vorliegende Ge setzentwurf über Neuregelung der Mietzinssteuer hat heute zum zweiten Male den Rechtsausschuß beschäftigt. Die Be- , . ratungen konnten nicht zu Ende geführt werden. Da be- am Dienstag nachmittag in der inneren Stadt wieder große kanntlich das alte Mietzinssteuergesetz am 31. März abläuft, Skraßendemonstrationen, bei denen es zu verschiedenen würde für die kommende Zeit eine entsprechende gesetzliche Zwischenfällen kam. Die Polizei hatte jedoch noch rechtzeitig