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nicht begreif Dt>. bist überspannt, Dagmar, solche Partien »seist man t Zurück!" bemerkte Frau Odenberg in scharfem Ton, „ eiflsch von dir, so aus Laune -u handeln. Graf Willstetten ist ein vornehmer Mann, und gerade du bist die richtige: Fran für ihn. Er. ist außerdem rasend in dich verliebt. Hoffentlich ist. es nicht zu. spät, diesen Fehler wieder gut -n machen.^ / „O doch, Mamal Fch wnn morgen nicht zu ihm gehen; und ihm sagen:Lch habe EM Sache anders Überlegt. Da« ent scheidende Wort ist upwiderxuflich gefallensagte sie ruhig. Erregt ging hie Präsidentin im Zimmer auf und ab und W die Schleppe ihres Gesellschaftskleides aü» Chiffon und SpitzSü achtlos hinter sich her schleifeyi EeS an ihr Sog pye AufregmG Dagmar saß in einem Sessel, die Hände, im Nacken verschlungen, und ihre Augen blickten so gelassen und ruhig, als verh<mdle MÄ» über etwas ihrem Interesse gar» Fernliegendes. Nut eiy; leise« Zucken des schöngeschnittenen Mundes verriet, daß die An der Mutter sie irritierte. Sie wünschte keine Einmischung irr ihre Angelegenheiten, noch weniger ertrug sie eine Bevormundung; diese Sache ging lie ganz allein an. ' ' Frau Odenbem beendete ihre Promenade durch das Zimmer. Sie blieb vor der Tochter stehen und sah sie mit durchbohrenden Blicken an. „Dagmar, deine Launen sind unbegreiflich. Man muß wirk lich an deinem gesunden Menschenverstand zweifeln!" sagte,sie grollend. „Tue es nicht, Mamas Nie war ich so klar bes Besinnung wie heptel Ich weiß, was ich will. Ich will endlich einmal glücklich sein!" Spöttisch zuckte es in Frau OdenbergS Gesicht. „Und bist du das bis jetzt nicht gewesen, mein teures Kind?" fragte sie mit beißendem Hohn, „dein Aussehen läßt nicht darauf schließen, daß du dich unglücklich fühlst!" „Das tue ich auch nicht. Ich bin aber jetzt zu der Erkenntnis gekom men . daß ein Leben, wie ,ch es geführt habe, mich auf die Dauer un möglich glücklich machen und befriedigen kann." „Und wie auf einmal ist das gekommen? Seit wann diese weltschmerz lichen Anwandlungen?' „Das kann ich dir nicht sagen, Mama. Nur das eine, daß ich einen Ekel vor meiner Ver gnügungssucht bekommen habe. Ich bin des Treibens so müde geworden. Ich sehne mich nach Ruhe vor der lärmenden Welt! Jedem kommt wohl einmal die Stunde, früher oder später, wo er die Summe seines Lebens zieht. Wohl dem, dem sie früh genug kommt, daß er sich noch ändern kann!" sagte Dagmar leise und schaute sinnend vor sich hin. Frau Odenberg trat zu ihrer Tochter und faßte sie hart an die Schultern. „Dagmar, komm zu dir, besinne dich auf dich selbst! Welche unbegreiflichen, krankhaften Anwandlungen!" redete sie in be schwörendem Ton. Sie verstand die Tochter nicht, und beinahe wie Angst erfüllte es sie, daß diese Plötzlich krank geworden. „Dag mar, was werden die Leute sagen! Man hat eure Verlobung erwartet — man sprach schon ganz öffentlich davon. Du, ich — wir. sind kompromittiert. Und denke an Ernesta, wie wird sie über dich triumphieren, sie ahnt doch den Zusammenhang nicht!" Wie einem kranken Kinde sprach sie ihr zu, hoffend, sie auf diese Weise zur Vernunft zu bringen: „Bedenke doch, was du in törichtem Leichtsinn aufgeben willst — was für ein glänzendes Leben, was für ein Glück! Und das alles wird Ernesta nun zu fallen, wenn du dich nicht besinnst!" Ein seltsames Lächeln flog über ihr Gesicht. „Ich gönne es ihr! Mag sie mit Arnulf Willstetten glücklich werden — ich bin ja nicht tue Verschmähte! — Und was die Leute sagen, das hat mir von jeher nichts gegolten. Können die mir ein Glück geben, nach dem ich mich so unbeschreiblich sehne?' entgegnete Dagmar, und in unwillkürlicher Gebärde streckte sie die Arme weit aus. „Gehe zu Bett, Dagmar, ich sehe, du bist krank, du sprichst ' gerettet. Der Abglanz Kieses schönen Gefühl» lag noch auf ihrem Gesicht, als sie ihre Mutter aufsuchte. überrascht blickte diese auf die Tochter. „Was ist dir, Kind?' „Nichts, Mama! Aber eine Bitte: Laß un- gehen!" ,Ast dir nicht wohl, Dagmar?' Sie war sehr erstaunt, diesen Wunsch zu hören, denn sonst war die Tochter unermüdlich im Genießen; „O doch, Mama! Nur — ich habe keine Lust mehr, zu bleiben; ich möchte nach Hause!" „Dagmar, dir ist etwas geschehen sage eS mir! Ich habe dich längere Zeit nicht gesehen — und Willstetten ist auch vermißt !"' setzte sie etwas zögernd, wie fragend hinzu. Ungeduldig schlug Dagmar mit dem Fächer in die Handfläche. „Bitte, Mama, frage nicht weiter. Nach diesem Tanz gehen wir unbedingt; richte dich danach ein!" Der Ton war wenig kindlich ; in jedem anderen Falle würde ihn die Präsidentin zurückgewiesen haben; jetzt hielt sie ihn der Erregung zugute, in der sich die Tochter augenscheinlich befand. Denn zwischen ihr und dem Grafen mußte sich etwas ereignet haben. Sie hatte keine Ruhe, ehe sie daS nicht erfahren. In ihrem Hotelzimmer hielt sie Dagmar zurück, als diese ihr gute Nacht wünschte und ihr Lager aufsuchen wollte. Sie fragte. „Gut denn, Mama, wenn du es durchaus wissen willst, — Will stetten hat um mich an gehalten!" — Dagmar mußte sprechen, um die Mutter vor möglichen Indiskretionen zu be wahren. „Ah, dacht' ich mir's doch!" Ein tiefer Atem zug hob die Brust der stolzen, noch immer schö nen Frau. Sie schloß die Tochter in die Arme: „Mein liebes Kind!" Dagmar entwand sich ihr; diese so seltene Ge- fühlsregung der kühlen Mutter verursachte ihr beinahe Unbehagen. Und wie gern hatte sie die Liebkosungen der Pfar rerin hin genommen, die ihr die Wangen streichel te, die Hände drückte, die so oft an ihrem Bette gesessen und sie in müt terlicher Weise betreut D"a war^esab/rauch der SrmySsische Kol-ntaltnchp«, tu Ve« Veutfche» «eMsentMger in vhrdrnf i. LH. Ausfluß eines echten, Ph°t. Sr-n» »ei._ warmen Gefühls gewesen, und hier! Dagmar hatte ein feines Empfinden für das Gemachte, Komödienhafte in pem Benehmen der Mutter, der sie noch vor wenig Jahren eine unwillkommene Rivalin in der Gesellschaft gewesen war; bis sich die Präsidentin darein gefunden hatte, eine erwachsene Tochter neben sich zu haben, die ihr den Rang als erste streitig machte, hatte lange gedauert. Ein herzliches Verhältnis bestand auch nicht zwischen den beiden. „Verzeihe, Mama, daß ich dir eine Enttäuschung, eine sehr große vielleicht, bereiten muß: ich habe nämlich seinen Antrag abgelehnt!" Dagmar sagte das so, als ob sie von der gleich gültigsten Sache der Welt spräche, als ob sie das gar nichts an ginge. Die Präsidentin fuhr auf; sie glaubte nicht recht gehört zu haben. „Dagmar, bist du von Sinnen?' „Nein, Mama, durchaus nicht!" lautete ihre gelassene Er widerung. „Aber warum denn in aller Welt?' „Ich liebe ihn nicht." Frau Odenberg zuckte die Achseln. „Das ist kein genügender Grund!" „Für mich doch, Mama!" „Wirklich? Für so lächerlich sentimental hätte ich dich doch nicht gehalten! Ich begreife dich nicht. Was stört dich auf einmal an ihm? Du hast doch früher zugegeben, daß er dir sympathisch ist, und um seinetwillen bist du doch hierher gekommen!" „Das gebe ich gern zu. Es war auch mein fester Entschluß, mir den Grafen zu erringen — und nun ich vor dem Ziel stand, konnte ich nicht ja sagen, und wenn es mein Leben gekostet hätte!"