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2. Beiblatt zu Nummer 254. Der SSchjW LrMer. Sounabend, Oktober 1SL4. Verlustliste Rr. 45 der König!. SLchs. Armee. ausgegehen am 29. Oktober 1914. nachmittags 5 Uhr. (ÄUsjUg). 2. Grenadier-Regiment Nr. 101, Dresden. Pech, Martin, Grenadier der Res. aus Niederneukirch — leicht verw., Kopf. Urban, August, Grenadier aus Oberförstchen — schw. verw. Möbius, Walther, Grenadier d. Res. aus Bautzen — schwer verwundet^ rechtes Bein. 8. Infanterie-Regiment Nr. 107, Leipzig. Langhof, Otto Bruno, Soldat aus Arnsdorf — leicht verw. 16. Jnfanterir-Regiment Nr. 182, Freiberg und Barackenlager Königsbrück. Opitz, Oskar, Soldat aus Sohland — gefallen. Haufe, Robert, Soldat aus Rammenau — schw. verw., Brust. 2. Jager-Bataillon Nr. 13, Dresden. Kästner, Paul, Jäger aus Königsbrück — gefallen. Weber, Paul, Jäger aus Ringenhain — leicht verw., Kopf. Reserve-Jnfanterie-Regiment Nr. 31, Altona und Bremerhaven. Kluge, Oskar, Unteroffiz, aus Rammenau — schw. verw. Koch l, Arno, Res. gus Bretnig — schwer verwundet. Der letzte WUle unserer Toten. Die „Deutsche Ev. Korresp." entnimmt dem dritten Flugblatt des Stadtpfarrers Fikenscher-Nürnberg an seine Gemeinde folgende ergreifende Erlebnisse: „Im verdunkelten Zimmer liegt ein Schwerverwun deter auf dem Sterbelager. Die schöne, jugendkräftige, durch schossene Gestalt hingestreckt in Todesnot! Er betet mit nur in lauten Worten die alten Lieder aus dem 30jährigen Kriege, die uralten Kernsprüche aus HI. Schrift für die Not aller Zeiten. Sie haben an Kraft nicht eingebüßt. Wie ihm das alles gegenwärtig ist: „wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir" bis hin zu dem Friedenswort: „wer so stirbt, der stirbt wohl", wie ihm das heilige Bild des Hel fen und Retters von Golgatha zum Schilde wird im letzten Kampf! Dann sagt er mir seinen letzten Willen. Ich schreibe die schlichten, stoßweisen Worte auf: „Die Mei- nen sollen glauben ihr Leben lang, daß Gott uns nicht verläßt, darum sollen auch wir ihn nie verlas sen. Von den Schrecken des Krieges und meinen Leiden soll vor ihnen geschwiegen werden." Noch einmal ein Auf flackern der Kraft und dann ein Sinken in Gottes Arme, der unsere Zeit in seinen Händen hat!" Und ein zweiter : „Gedenke daran, daß, wenn dein Mann fällt, du eines Helden Weib gewesen bist", so las ich auf der Feldpostkartc eines Arbeiters an seine Frau. Er ist gefallen. Auch sein letzter Wille war: faßt unsernTod groß auf! Letz ten Willen soll man heilig halten. Ihrer Kraft zu sterben muß unserer Kraft zu leben entsprechen." LDer franzSfische Protestantismus. So bedauerlich es ist, daß viele englische Geistliche sich durch die derzeitige Regierung Englands, besonders deren « Führer Grey, zu der Annahme haben bestimmen lassen, als ob Deutschland und Österreich allein Schuld an dem furcht baren Kriege seien, der jetzt auch von uns so ungeheuere Opfer fordert, während doch schon urkundlich der Nachweis vorliegt, daß eigentlich England allein, und zwar aus Neid und Eifersucht diesen Krieg herauf beschworen hat, so ist es doch noch viel schmerzlicher, daß auch der französische Protestantismusin dieser Beziehung ganz auf Eng lands und Rußlands Seite tritt. Der Vorstand des Ver bandes der protestantischen Kirchen Frankreichs hat am 3. Oktober d. I. im „Temps", einer hochangesehenen französi schen Zeitung, im Namen des ganzen französischen Protestan tismus seinen tiefen Schmerz darüber ausgesprochen, daß er sehen müsse, wie nach so vielen Jahrhunderten des Chri- stentums 2 große Kaiserreiche, das deutsche und das öfter- reichische, systematisch die besten Ordnungen des Völkerrechts verletzen. Er ist mit der ganzen zivilisierten Menschheit em pört iiber die Zerstörung Lüttichs (!) und die Beschießung der Kathedrale von Reims. Dagegen ist schon längst mit Recht gesagt worden, daß Lüttich eine Festung ist und daß jede Stadt, die befestigt ist, in Gefahr steht, im Kriege, wenn die Festungswerke beschossen werden, mit zerschossen zu werden und wenn gar, wie in Reims geschehen, die Käthe- drale von französischen Truppen besetzt, ja sogar zum Beo- bachtungsposten benutzt wird, von dem aus die Besatzung Anweisung erhält, wohin sie ihre Angriffe richten soll, wenn also ein solches Kunstwerk selbst zu einem Stück Festung ge macht wird, wie die Franzosen zugestandener Maßen getan haben, man sich nicht Wundern darf, wenn der Feind sich auch gegen die Angriffe, die von da aus auf ihn geschehen, verteidigt und auch dieses Stück Festung mit beschießt und sich gegen die von dort geleiteten Angriffe verteidigt. Wenn der Vorstand des Verbandes der protestantischen Kirchen Frankreichs wagt, den Gebrauch frommer Redensarten, de ren sich bei Beginn der Feindseligkeiten die Kaiser von Deutschland und Österreich schuldig gemacht haben, zu miß billigen und mit Trauer feststellt, wie groß die Gefahr einer Bloßstellung der Religion durch diese Ausbeutung Gottes vor dem modernen Bewußtsein sei, so ist das eine solche Frechheit und eine solche Berücksichtigung des „modernen Be wußtseins", d. h. des allerdings in Frankreich weit verbrei teten Atheismus, d. i. Gottlosigkeit, daß von einem prote stantischen Bewußtsein ja von einer Spur von echtem Pro testantismus in dieser Erklärung des Vorstandes des Ver bandes der protestantischen Kirchen Frankreichs, keine Spur mehr zu finden ist. Ja, „wir Deutschen fürchten, wie Bis marck sagt, Gott und sonst Nichts in der Welt'." Das ist, Gott sei Dank, wieder das Bewußtsein des ganzen deutschen ^Volkes und daß die beiden Kaiser, der Kaiser Wilhelm ll. und der Kaiser Franz Josef, vor der ganzen Welt bei Be- ginn des großen Weltkrieges diese Erklärung abgegeben haben, ist die Freude und der Stolz, auch der Trost der bei den großen Völker, die sie regieren. Es tut uns leid, daß der Vorstand der protestantischen Kirchen Frankreichs diese Erklärung vor der ganzen Welt abgegeben hat, wir haben von jeher ein warmes Mitgefühl und Verständnis für diese protestantischen Kirchen Frank reichs, denn sie sind von Anbeginn wahre „Märtyrerkirchen" gewesen und die vielen französischen Namen in unserem deutschen Baterlande sind Zeugen davon, was sie einst für ihren Glauben erduldet haben. Wir hoffen daher, wenn erst der wahre Sachverhalt, der jetzt durch die französische Presse so vielfach entstellt ist, den Protestanten in Frankreich besser bekannt werden wird, auch das Urteil des Verbandes der protestantischen Kirchen Frankreichs über das deutsche Volk und die deutschen Fürsten ein anderes werden soll. DaS wäre aus vielerlei Gründen sehr erwünscht. vr. V. In Rußland maust jeder. Dem Tageblatt für Litauen wird geschrieben: Eine ganze Division Russen hatte eines Tages während der Invasion in und vor Skais girren Quartier ge- nommen und versorgte sich in den umliegenden Ortschaften mit Vieh, Getreide und anderen Lebensmitteln. So er schien auch abends eine Truppe von drei Unteroffizieren und sechs Mann auf dem Gute O., dessen Besitzer freiwillig Dienst tut, um Hafer zu kaufen. Als der Verwalter der zum Gute gehörigen Ziegelei telephonisch herbeigerufen wurde (der Privatanschluß war noch unversehrt), fand er die Sol- dateska schon beim Hafer beschäftigt. 70 Scheffel wollten sie davon haben, als aber 19 eingemessen waren, schien ihnen die Arbeit zu schwer zu fallen und sie fingen an, lebhaft rus sisch zu disputieren. Auf die Frage, weshalb denn nicht weiter gesackt wird, lachte der einzige deutsch sprechende Sol dat und erklärte: „Keiner will arbeiten und sie besprechen sich, ob Sie nicht möchten für mehr schreiben, als wir Hafer nehmen." „Kerls, ich schreibe euch soviel ihr wollt, wenn ihr an diesen 19 Scheffeln euch begnügt." Und richtig, sie bezahlten für die entnommenen 19 Scheffel und erhielten auf ihren Wunsch eine Quittung über 25^ Scheffel. Die Differenz von 19 zu 25i/<>. Scheffel wurde auf der Stelle von dem zahlenden Unteroffizier verteilt, die Unteroffiziers erhielten mehr, die Gemeinen weniger, mit dem übrigen Hafer konnten aber die einige Tage später eingerücktsn Deutschen versorgt werden. Doch um ettva 11 Uhr wurde der Verwalter wiederum vom Gute angerufen, es wären mehrere Russen da, die ihn sprechen wollten. Wohl oder übel mußte er im Finstern die zwei Kilometer nach dem Gute hin, wo er dieselben drei Unteroffiziere und den deutsch sprechenden Soldaten fand. Der Rittmeister habe sie zurückgeschickt, 12 Rubel für zu ! teuer bezahlten Hafer zurückzubringen. „Wissen Sie", sagt: der deutsch sprechende, „der Kommandeur hat über den Preis nichts gesagt, aber der Rittmeister will die Rubel für sich haben und wir müssen in der Nacht so weit zurückreiten, wo wir schon drei Nächte nicht geschlafen haben." „Na, Kin der, wenn das bei euch immer so geht, einen Teil nehmt ihr. l den andern der Rittmeister, dann seid ihr ja bald zu Ende." > „Ach, Herr", sagte der deutsch sprechende, „dieses ist nur eins I Kleinigkeit, wenn Sie wüßten, wie es bei uns sonst zugeht, I Sie würden staunen." — Handel und Volkswirtschaft. Kurzer Getreide-Wochenbericht der Preisberichtsstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats vom 20. bis 26. Oktober 1914. Auch in der abgelaufenen Berichtswoche war dis Marktlage von der bevorstehenden Einführung von Höchst preisen beeinflußt. Wie verlautet, hat der Bundesrat am letzten Freitag und Sonnabend über diese Maßnahmen be- raten, doch hat eine Beschlußfassung noch nicht stattgefundsn. Es soll nunmehr eine Vorlage über die im Interesse de: » Sinnspruch. Nichts bricht Herz, Mut und Kraft geschwinder » » als die Lüge ; die Lüge ist das teuflischste, weil » ? feigste Laster E. M. Arndt. I ' M » Gedenktage: LO. Oktober 1864: Wiener Fiiede. Christian IX. von Dänemark veizichtet auf Schleswig-Hollstein und Lauen burg. 1888: Unterzeichnung der Suezkanal-Konvention, wonach der Kanal neutrales Gebiet fein fall. 31. Oktober 1687: Aufhebung des Wahlkönigtums in Ungarn. Ungarn wird Erbland der Habsburger. 1810: Einziehung der geistlichen Güter in Preußen. 1905: Zar Nikolaus ll. gewährt durch Manifest Rußland eine Verfassung. 1. November 1539: Kurfürst Joachim II. von Branden burg tritt zum Protestantismus über. 1858 : Ostindien gelangt unter britische Herrschaft. 1894 : Zar Alexan- , der ll. von Rußland gestorben. Nikolaus II. besteigt den Thron. Astronomischer Kalender. 31. Oktober: Sonnrnaufg. 6 Uhr 51 Min.! Mondaufg 3 Uhr 27 Min. Sonnrnunterg. 4 Uhr 36 Min. Mondunterg. 4 Uhr 4 Min. Los vom Joch. Roman aus der Zeit der Befreiungskriege. Vdn E. v. Winterfeld-Warnow. (11. Fortsetzung). (Nachdruck verboten.) „I ja! DaS sollte ich ja wohl können!" „Na, wart! Ick h-l ihr raus!" Er zog ein zerknittertes Blatt heraus. Es war die Schlesische Zeitung, die damals noch im kleinen viereckigen Format erschien, nicht größer wie heute He Schulhefte der Kinder sind. Schlesische privilegierte Zeitung hieß sie und trug den preußischen, gekrönten Adlet; an ihrer Spitze. Es war die Nummer, vom 29. März, die in fetten Let tern am Kopf der Zeitung die Meldung brachte: „Se. Maje stät der König haben mit Sr. Majestät dem Kaiser aller Reußen ein Off- und Tefensiv-Bündnis abgeschlossen." Anna zitterte vor Aufregung und hätte fast laut aui- geschrien. „Ja, es packt Ihr doch mächtig, Mamsellchen", sagte gutniütig der Postillon. „Nu merk ich's, daß sie doch einen Liebsten dabei hat, der mit in den Krieg muß! Na, tröste Sie sich, es wird ja nicht jeder totgeschossen! Will Sie mir nicht die Geschichte noch einmal vorlesen! Ick lasse die Schinder dann ein büschen langsamer traben! Hier geht's ohnehin bergauf!" Anna nahm die Zeitung von neuem und die Publika tion des Königs: An mein Volk! Sie las die Worte, die damals alle deutschen Herzen höher schlagen ließen, in heiliger Begeisterung. Tie Worte, die ein Volk zusammenriefen, das bisher in Uneinigkeit und Zersplitterung gelebt hatte. „So wenig für mein treues Volk als für Deutsche, be darf es einer Rechenschaft, über die Ursachen des Krieges, welcher jetzt beginnt. Klar liegen sie deni unverblendeten Europa vor Augen. Wir erlagen unter der Uebermacht Frankreichs." Und dann las sie den Aufruf an alle, wo es ferner lau tet: „Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pominern, Lit- thauer! Ihr wißt, was Ihr seit fast sieben Jahren erduldet habt, Ihr wißt, was Euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kämpf nicht ehrenvoll enden. Erinnert Euch an die Vorzeit, an den großen Kurfürsten, den großen Fried rich. Bleibt eingedenk der Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Gewissensfreiheit, Ehre, Un abhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissenschaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der Russen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Selbst klei nere Völker sind für gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den Sieg errungen. Er- innert Euch an die heldenmütigen Schweizer und Nied, länder. Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden: denn unser Beginnen ist groß, und nicht geringe die Zahl und die Mittel unserer Feinde ... Aber welche Opfer auch von einzelnen gefordert wer den mögen, sie wiegen die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für hie wir streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unseren Wohl stand; keinen anderen Ausweg gibt es, als einen ehrenvol len Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch die sem würdet Ihr getrost entgegengehen, um der Ehre willen, weil ehrlos der Preuße und Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen: Gott und unser fester Willen werden unserer gerechten Sache den Sieg ver leihen, mit ihm einen sicheren glorreichen Frieden und die Wiederkehr einer glücklichen Zeit. Breslau, den 17. März. Friedrich Wilhel m." Sie las den Aufruf: „An mein Krieges-Heer." Dann die Urkunde über die Stiftung des Eisernen Kreuzes, von der ihr Buchhändler Lampe schon erzählt hatte. Sie las die Bestimmungen, die über die Behandlung des Feindes aufgestellt waren: „jeder, der dem Feinde er- weislich Fourage oder Mundbedürfnisse zuführt, ohne an ders als durch überwiegende, durch Gewalt nicht abzutrei bende Militärmacht dazu gezwungen zu sein, soll vor ein Kriegsgericht gestellt und hingerichtet werden." Endlich las sie das „Publikandum" betreff der Samm lung von Gaben für das Vaterland, für die eine besondere aus dem Herrn Stadtrat Biebrach und den beiden Stadtver ordneten Herrn Friedrich Wilhelm Kuh und Herrn Lucius bestehenden Kommission ernannt war, welche Beiträge zu dem gedachten Zweck, sie bestehen in Geld, in Kleidern und Armaturstücken, annehmen. Es lautet ferner: Mr machen solches hierdurch zu jedermanns Wissen schaft bekannt, mit der Bemerkung: daß, wenn auch nach dem 25. dieses Monats noch jemand ein Opfer aus den Altar des Vaterlandes niederlegen will, wir jederzeit bereit sein v" - den, solches anzunehmen und für die weitere Befördcr. desselben nach der Intention des Gebers zu sorgen. Breslau, den 9. März 1813. Dann erzählte die Zeitung von der Aufnahme, die Kai- ser Alexander von Rußland in Breslau gefunden habe, von dein Empfang, der ihm durch zwölf der vornehmsten Mäd chen der Stadt bereitet worden sei, von dem Hurra und den« Jubel, der ihn begrüßte, als er unter Glockengeläuts in die Stadt eingezogen war. (Fortsetzung folgt.)