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Lcße Aeilage zu Ar. 102 des sächsischen Lrzähters. Bischofswerda, den ». September 1S04. Die Festung Königstein wird, wir berichtet, om 1. Oktober auihören, al» militärische Festung zu bestehen. Die Garnison deS bisher dort stationierten Festungsbataillons der 177er wird sortan Dresden sein, und nur ein 60 Mann starkes Wachkommando wird auf der Festung verbleiben. Nun, mit dem Nimbus der früher sür unrin» vehmbar gehaltenen Festung Königstein, heißt es in einer Plauderet im „B. B. C ", war eS seit dem Jahre 1866 ohnedies vorbei. Wir groß der Ruf der Festung Königstein aber in der Tat war, geht daraus hervor, daß die Festung während ihrer beinahe halbtaulrndjährigen Geschichte niemals belagert worden ist. Ursprünglich war dort oben ein Kloster. Dann wurde im Jahre 1439 der Königstein zur Festung bestimmt, und wie gelürchtrt sie als solche war, beweist ihre Neutralitätserklärung während des siebenjährigen Krieges. Trotz ihrer Unetnnehmbarkeit aber sah die Festung doch einmal fremdes Militär in ihren Mauern, im Jahre 1813, wo sie französische Besatzung erhielt. Und ihre letzte politische Bedeutung hatte sie, als tm Jahre 1849 der König von Sachsen mit seinem ganzen Hosstaat und den Ministern vor der revolutionären Bewegung aus den Königstein flüchtete. Eine größere geschichtliche Bedeutung hat die Festung Königstein als StaatsgrsängniS. Die Zahl be deutender und berühmter Männer, die hier oben tm Gefängnis als Opfer der Politik oder ihrer religiösen Üeberzeugung schmachteten, ist ungemein groß, und wir finden manchrn bekannten Namen unter ihnen, bis in unsere Tage hinein. Der eiste bekanntere Staatsgefangene, der dort hinausgebracht wurde, war der unglückliche Kanzler N kolous Crell, der 1591 dorthin kam und zehn Jahre lang dort bis zu seiner in Dresden erfolgten Ent hauptung schmachtete. Noch heute trägt ein Turm auf dem Königstein nach ihm den Namen Crellen- burg. Auch der E-finder des Porzellans, Böttcher, soll im Jahre 1706 am dem Königstein gesessen haben, doch ist dies nicht ganz sicher; der be treffende Gefangene, dec mit drei Dienern auf dem Königstein saß und sür Böttcher geholten wurde, wird von anderer Seite als rin königlicher Leib arzt bezeichnet. Zur selben Zeit (1706 bis 1707) war auch der berühmte Patkul Gefangener des Königsteins, der von Gutzkow in einer Tragödie verherrlichte unglückliche livländische Politiker. Der bekannte Alchimist Baron Klitten berg darf in der Reihe berühmter Gefangener deS Königsteins nicht ungenannt bleiben. Im 19. Jahrhundert nahm dann die Zahl der Staatsgefangenen auf dem Königstein sehr ab; die Verhältnisse wurden geordneter, die Verweisung auf die Festung war nicht mehr der Entschließung der Fürsten allein überlassen. Ja, Sachsen erfreut sich sogar in dieser Beziehung einer sehr freundlichen Regierung eines Fürsten, der nicht mit Unrecht Friedrich August der Gerechte heißt. Der einzige Staatsgefangene aus den Regirrungsjahren jenes edlen Fürsten war der polnische General Kniazrwitz, ein Kampfgenosse Kos^uSzko», dessen Auslieferung die russische Regierung vergeblich verlangte, und den die milde Festungshaft, die der König von Sachsen über ihn verhängte, vor dem Tode rettete. Bon den Staatsgefangenen, welche die Mai-Auf stände des Jahres 1849 dem Königstein zusührten, sind besonders erwähnenswert der als internatio naler, wenig sympathischer Aufwiegler bekannte Bakunin, der tm Jahre 1850 an Oesterreich ousgeliefert wurde, und der unglückliche Otto Leonhard Heubner, der durch seine geistige Be deutung und durch seinen durchaus ehrenhaften Charakter allgemeine Teilnahme erregte. Nachdem er zum Tode verurteilt, aber zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt worden, schmachtete der Unglückliche zehn Jahre im Zuchthaus zu Wald- heim und wurde dann dem Leben durch eine Amnestie wirdergegeben. Er starb hochgeachtet als Stadtrot in Dresden. Auf dem Königstein und tm Zuchthaus beschäftigte er sich literarisch, und seine Gedichte „Klänge aus dem Zuchthaus" erregten einst wehmütiges Aufsehen. Am 26. April 1750 ist zwei Gefangenen, den Porzellan- malern Johann Georg Heinze und Johann Sott- lob Mehlhorn, die gefährliche Flucht au» der Festung gelungen, indem sie sich an den Felswänden hrrunterließen, und am 31. März 1848 ist die Festung auch einmal (von dem Schornsteinfeger Abratzky) an den Felswänden erklettert worden. Beide» muß dem Besucher de» Königstein» al» eine Unmöglichkeit erscheinen. Auch einen berühmten man erwähnen, den witzigen Freiherrn v. Kyaw, der sich durch leine witzigen Einfälle vom gemeinen Soldaten in kurbrondenburgischen Diensten zum General und Günstling August de» Starken emporzuschwtngen wußte. Er e> hielt in seinem Alter das Kommando über den Königstein al» Ruhrposten und starb da oben. Sachsen. Bischofswerda, om 2. September 1904. uo. — „Arbeit macht da» Leben süß" lautet ein altes Wort und in der Arbeit liegt tatsächlich der höchste Segen unteres Lebens! Die Arbeit ist fruchtbringend, gewährt Glück dem Einzelnen, und vermehrt den Reichtum der Staaten. Sie ist die Grundlage alles Wohlstandes. Ihre Erzeug- Nisse liefern vielfache Tauschmittcl und befördern den wohltätigen Verkehr zwischen den Nationen. Man kann daher nicht genug dahin streben, die Menschen arbeitsam zu machen, aber diese schaffende Tätigkeit muß verständig sein; alles muß zur rechten Zeit und In gehöriger Ordnung geschehen. , So vorteilhaft jedoch eine zweckmäßige Arbeitsam keit sür alle ist, so hat doch der Mensch nicht viel Lust dazu, weil er von Natur zur Trägheit geneigt ist, die Ruhe liebt und sich im Nichtstun glücklich preist. Jener Bettler, dem man seine Faulheit vorwarf, erwiderte: „Ach mein Herr! wüßten Sie, wie glücklich man ist, wenn man nicht arbeitet, so würden Sie Ihre Vorwürfe sparen und mir eine reichliche Gabe spenden." Da nun der Mensch von Natur einen Hang zur Faulheit hat, so muß man diesen auSzurotten suchen und ihn vertilgen, weil er der Bestimmung des Menschen widerspricht, die in der Selbsttätigkelt nach vernünftigen Zwecken besteht. Bon früher Jugend muß man den Menschen an Arbeitsamkeit gewöhnen; denn der Fleiß ist eine Gewohnheit, die man sich durch lange U bung zu eigen macht, durch die man viel gewinnt, weil sie ehrt und nährt. Man gewöhne daher von den frühesten Jahren an die Kinder an zweckmäßige Tätigkeit, bilde ihren Verstand au», und lehre sie etwas erwerben; der Vorteil, selbst wenn er gering ist, ist ein großes Reizmittel zum Arbeiten. Der Gewinn, den man selbst macht, spornt die Tätigkeit, und der Knabe und das Mädchen freuen sich, wenn sie etwas verdienen körnen. Aber diese Tätigkeit sei mit Verstand verbunden; sie habe einen Zw ck, der löblich und gut ist. Wer.sich Kenntnisse eiwiibt, der erweitert seine An- und Aussichten und seine Macht, ver schafft sich Mittel zu seinem Glücke und überwindet leicht Schwierigkeiten und Gefahren, die sich ihm in den Weg werfen. Frühzeitiger Fleiß gibt eben so viel Mut als Stärke, und erwirbt nicht bloß Liebe, sondern gewährt auch Ansehen. Man be fördere die Tätigkeit des Geistes und Körpers in den Knaben und Mädchen auf die naturgemäße Art. Man fange mit dem Leichten an, gehe zum Schwereren fort, und endlich löst man jede noch so schwierige Aufgabe glücklich. Was der Mensch ost wiederholt, das wird ihm leicht. Durch die Gewohnheit sührt man das auS, waS man kaum für glaublich hält. Aller Anfang ist schwer, alle Kräfte sind zuerst schwach, aber die Uebung stärkt sie und die Beharrlichkeit erregt Lust, welche stet- zu neuer Tätigleit anipornt. Man liebt seine Kinder nicht, wenn man sie nicht frühzeitig an Tätigkeit gewöhnt; man verscherzt ihr Glück, wenn man ihren Geist und Körper nicht zeitig auSbtldrt, beider Kräfte stärkt, und ihnen dadurch Selbst vertrauen und Mut rinflößt. Der Mensch ist nicht zum Müßiggänge auf dieser Erde; er soll stark, mutig, entschlossen und verständig werden, um den großen Kampf mit den Menschen und dem Schicksale zu beginnen, und endlich glücklich den Sieg über alles Unvernünftige, Unsittliche und Irreligiöse zu erringen. — Aenderung der Formulare zu Post paketadressen. Zur Gewinnung eines größeren Raumes sür dir Ausgabe- und Nachnahmrzrttel auf den Postpakctadressen Ist von der Reichspost- Verwaltung der Ausdruck auf den Adressen geän dert worden. Die von der Privatindustrte nach dem bisherigen Muster hergrstelltrn Paketadreffen sollen von den Postanstaltrn zwar bis auf weiteres nicht beanstandet werden. Mit Rücksicht darauf, daß nach ß 12 der Postordnung den Paketen eine Paketodrrffe in der von der Postverwaltung vor geschriebenen Form brtgegrben sein muß und daß ferner die nicht von der Post bezogenen Formulare zu Postpakrtadrrffen in Größe, Farbe und Stärk« de» Papier», sowie im Vordruck mit den von der Post grlttsttten Formulare« überetnstimmrirmüffrn, ist indessen dem Publikum zu raten, sich bei der Herstellung neuer Postpakrtadnssrn noch der Aenderung der amtlichen Formulare zu richten. — (Eine Reform der Schwesterntracht.) Die Macht der Gewohnheit hat die „Schwestern- tracht" bisher al» etwas Gegebene», Unveränder liches hingeuommen. Frau Minna Bahnson hat nun in einem Beitrage über „Krankenpflegerinnen und die Resormkleidung" im „Zrntralblatt sür allgemeine Gesundheitspflege" die Forderung aus gestellt, mit der altherkömmlichen, aber ganz un hygienischen Kleidung der Pflegerinnen zu brechen, da gerade der Berus dieser Frauen anstrengende körperliche Leistungen erfordere und einen größeren Spielraum, freiere Bewegung deS Körpers voraus- setze. Form, Farbe und Sonderheiten der Schwesterntracht verlangen eine Umwandlung. Frau Bahnson sührt u. a. aus: „Wir soll denn die unterleibsletdende Frau, das magenkranke Mädchen begreifen, daß ihre Kleidung einen großen, wenn nicht gar den größten Teil der Schuld an ihrem Leiden trägt, wenn sie selbst im Krankenhaus» nichts anderes sicht als „dünne Taillen" und „prallsttzrnde Kleider"? Sähe sie dagegen täglich alle sie pflegenden und bedienenden Personen „ohne Korsett", so würde sie ganz von selbst zum Nachdenken und Nachmachen kommen. Wie kleidsam und ordentlich sieht dagegen die neue Schwestern-Reformtracht auS! Der fußkreie Rock ist, samt den andern Unterkleidern, an rin Mieder geknöpft, bissen Taillenweite tm Liegen, nicht im Stehen zu missen ist, da sich hierbei stets eine Differenz von acht bis zehn Zentimeter wenigstens ergibt; die blusenartige Taille endet in einem weichen, etwas angckrausten Schoß, der den Rockbund verdeckt und jeden Gürtel überflüssig macht. Diese Tracht hat sich schon in einigen größeren Sanatorien als besonders praktisch erwiesen. Selbstverständlich können an ihre Stelle auch die so rasch beliebt gewordenen „Hänger mit Bluse" oder „in eins gearbeitete" einfache Kleider treten. Reformschürzen, große weiße Schürzen, die von zwei über die Schultern laufenden, tm Rücken sich kreuzenden Achsrlbändern gehalten werden, sind schon in ollen größeren Geschäften erhältlich. Bor allem müßte auch eine andere Wahl in bezug auf die Farbe der Kleiderstoffe getroffen werden. Das traditionelle Schwarz und dunkelstes Blau müßten in Acht und Bann erklärt werden. Die schwarzen Kleider machen erwiesenermaßen besonders heiß, und da die festen Taillen gefüttert werden müssen, sind sie auch noch gänzlich undurchlässig und daher besonders unhyzienisch; eine Helle freundliche Tracht würde auch zweifellos auf die Kranken angenehmer wirken, als dir düstere schwarze." Die Verfasserin wendet sich ferner gegen die Hauben unserer Diakonissinnen und führt auS: „Man muß auch hier wohl die Macht der Gewohnheit als Milderungsgrund gelten lassen, sonst kann man eS wirklich kaum verstehen, daß sich da» Auge unserer Hygiene predigenden Aerzte nicht beleidigt abwendet von der gänzlich unzweckmäßigen, ja geradezu schädlichen Kopf bedeckung unserer Dtakonlssentracht. Ist eS denn nicht einfach widersinnig, daß diejenigen, die beständig mit leise redenden Kranken zu tun, die aus da» leiseste Geräusch zu achten haben, die selbst möglichst geräuschlos hantieren sollen, tagetn, tagaus die ohrenverdeckende Hauben tragen müssen, sich dadurch verweichlichen, die Feinheit ihre» Gehör» schwächen, nur allzu häufig sich Ohren leiden dadurch zuziehen?" Frau Bahnson empfiehlt zum Schluß eine allgemeine Reform der Kranken- pflegertnnrntracht und fordert eine „hygienische Kleidung"! Bom ärztlichen Standpunkte wäre noch zu betonen, daß für Schwestern, zumal in gefüllten Hospitälern, schwarze, besonder» wollene Kleidungsstücke höchst unzweckmäßig sind, während hellfarbige, aus Leinwand oder Baumwolle der Trägerin selbst wie den Gesunden, mit denen sie in Berührung kommt, weniger Gefahr bringen. Weiße Stoffe haben nicht allein den Vorteil, daß sie zur größtmöglichen Reinhaltung nötigen, sondern sie bieten auch den Infektion-stoffen «ine am wenigsten empfängliche EingangSfläche. — (Internationale Ballonfahrt.) Am Donnerstag, den 1. September, fand in den Morgenstunden eine internationale wisseuschaftltche Ballonfahrt statt. E» stiegen Drachen, bemannte und unbemannte Ballon» auf in: Crinan-Harbour, Trappe», Jtteville, Guadalajara, Rom, Zürich, Straßburg, München, Barmen, Hamburg Berlin, Wie«, Petersburg, Kasan Blue-HM (Vereinigte Staaten) u. f. w. Der Finder eine» jeden uiwe- maantrn Ballons erhält eine Belohnung, wenn er