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Heinrich den Fromme« «stiftet wurde und dessen Abbild trägt. Eine recht dehnbare und deshalb gerade be- achtenswerthe Verordnung ist kürzlich Men« der Amt-Hauptmannfchaft zu Oschatz erlassen worden. Die genannte Behörde giebt nämlich bekannt, daß ihr in letzter Zeit zahlreiche Klagen wegen Un gehorsams des Gesindes, sowie über Aufhetzereien der Dienstboten unter einander bekannt geworden seien, und im Anschlüsse hieran- wird verfügt, daß künftighin auf Antrag alle Dienstboten, welche sich der Widersetzlichkeit oder Aufreizung schuldig «macht haben, mit einer Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Hast bis zu 14 Tagen bestraft werden sollen. AuS Pietät gegen ihren kürzlich verstorbenen Hauptmann, Schaufuß, von dem sie bekanntlich ein reiches Vermächtniß empfangen, hat die Schützen gesellschaft zu Kirchberg einstimmig beschlossen, dieses Jahr vom Schützenfest und allen sonstigen Festlichkeiten abzusehen. Meerane, 7. Juni. Gestern Abend verschied unser langjähriger Mitbürger, Herr Bahnhofs- inspector Mißbach. Der Verstorbene war seit Eröffnung der Glauchau - Gößnitzer Strecke, 15. Nov. 1858, also fast 30 Jahre, hier stationirt und eS wurde ihm im vergangenen Sommer von dem König das Ritterkreuz 2. Classe vom Albrechtsorden verliehen. Eine recht eigenthümliche Petition reichten vor einigen Tagen 29 ansässige Bürger Gott leuba' s an den Stadtrath ein. Sie beantragten nämlich den Verkauf der städtischen Waldungen und wollten den Erlös theilen. Der Stadt gemeinderath dachte aber über solche Theilerei anders und beschloß in öffentlicher Rathssitzung gegen eine Stimme, die Herren „Dheelcr" abfällig zu bescheiden. Sollte man es im 19. Jahrhundert überhaupt noch für möglich halten, daß Peti tionen solcher Art gefertigt und unterzeichnet würden? Müßte eine Gemeinde nicht überhaupt froh sein, derartige unvergängliche Einnahmequellen zu besitzen? Das Mühlengebäude nebst Scheune und Schuppen des Mühlenbesitzers Heinrich Ferdinand Ullmann in Beiersdorf bei Neumark ist bis auf die Umfassungsmauern nicdergebrannt. Sämmtliches Mühlenzeug, sowie bedeutende Vor- räthe sind mit verbrannt. Böswillige Brand stiftung liegt vor. Rege Thätigkeit herrscht jetzt in den Wollen fabriken in Apolda. Mit nur wenig Ausnahmen sind wohl alle voll beschäftigt, und die Nachfrage nach Arbeitern und Arbeiterinnen ist noch immer groß, in den Werkstätten herrscht reges Leben; Rafchel-, Haspel- und Spülmaschinen wetteifern mit einander und können sich nicht genug drehen, auch auf Stuhlarbeit werden jetzt Arbeiter ge sucht, was lange nicht der Fall war. Auf Damen tücher, Herren- und Damenwestcn rc. sind in den letzten Tagen bedeutende Ordres eingegangen. Die diesjährigen Nntcrrichtscurse für mikros- copische Untersuchung von Fleisch auf das Vor handensein von Trichinen lind Finnen i» demselben, sowie die Prüfungen in der Befähigung zu solchen Untersuchungen finden bei der k. Thierarzuei- schule in Dresden während der Monate August und September und während der 14tägigen Weihnachtsferien statt. Anmeldungen hierzu sind bei der Direktion der Thierarzneischule schriftlich zu bewirken. Von dem bekannten und beliebten Ameisen - kaleiidcr erscheint in den nächsten Tage» eine 50jährige Jubelausgabe für das Jahr 1888 mit nicht weniger als vier Gratisbeilagen. Inhalt und Ausstattung des Kalenders werden vorzüg lich, letzterer auch in verschiedener Beziehung originell sein. Der bekannte Dichter Friedrich Hofmann hat zu der Jubelausgabc ein prächtiges Widmungsgedicht verfaßt. Unsere sächsischen Staatsforsten habe» im Jahre 1886 insgcfammt 780,875 Festmeter Derbholz oder 4,71 Festmcter pro Hectar des Holzbodens geschlagen. Gegen die Annahme im Staatshaushaltplane ist das ein Mindercrgebniß von 18,026 Festmcter. Der Verkauf belief sich auf 780,961 Festmeter (darunter 635 Fcstmeter Vorräthe aus 1885). Außerdem wurden noch 190,120 Festmeter Reißig und 169,754 Fcstmeter Stöcke versteigert. Die Einnahme ergab über haupt 11,026,637 M. Der Durchschnittspreis für den Fcstmeter, der im Etat mit 13,40 M. angenommen war, belief sich auf 13,75 M. (gegen 14,05 im Jahre 1885). Die Ausgabe erreichte eine Höhe von 3,778,363 M., das ist etwas mehr als 1885, weil inzwischen verschiedene Gehalte erhöht wurden. Es crgiebt sich sonach eine reine Einnahme von 7,248,274 M. oder 42,03 M. ans 1 Hectar der gesammten Waldfläche. Im Vorjahre hatte der Reinertrag 44,34 M. pro Hectar ergeben. — Au- den Angaben geht her vor, daß die finanziellen Ergebnisse de- Jahre- 1886 hinter denen der drei Vorjahre zurück geblieben sind.. Der Hauptgrund dafür ist darin zu suchen, daß die im Erzgebirge auf Wasserkraft angewiesenen Schneidemühlen während de- Sommer- in ihrem Betriebe durch Wassermangel sehr beeinträchtigt wurden. Wenn nun da- in Waldflächen angelegte StaatSvrrmögen auf 299,645,000 M. taxirt ist, so ergiebt sich eine Verzinsung desselben von 2,42 Proc. (gegen 2,61 Proc. im Jahre 1885). Die im Etat angenommene Reineinnahme aus den Staatswaldungen war um 16,151 M. höher veranschlagt, als das wirkliche Ergebniß geliefert hat. Die gesammte im Besitze des sächsischen ForstfiScus befindliche Fläche beträgt 172,451 Hectar, nämlich 165,859 Holzboden und 6592 Hectar Nichtholzboden. Auch viele im Besitze von Gemeinden, Stiftungen rc. befindlichen Waldungen werden vom Staate beaufsichtigt oder doch mit Pflanzen aus den Staatsforsten versehen. Ucber den Saatenstand im Königreiche Sachsen im Monat Mai wird vom Bureau des Königl. Sächs. Landesculturrathes folgende allgemeine Uebersicht gegeben: Die alte Bauern regel: „Mai kühl und naß, füllt Scheune und Faß" ist wenigstens in ihrer ersten Hälfte in diesem Jahre mehr als reichlich eingetroffen, ob aber dadurch sich die Schlußfolgerung bewahr heiten wird, scheint nach den Berichten mehr als zweifelhaft. Mit Ausnahme sehr weniger Tage wechselten Regen mit Gewitter und starken Niederschlägen, die in einem Theile der Lausitz und im Flußgebiet der Röder große Ueberschwcm- mungen und Verheerungen verursachten, ab mit sehr kühler Temperatur und theilweisen Nacht frösten in de» Höhenlagen. Winterweizcn und Winterroggcn sind am besten dabei weggekommen; deren Stand ist sogar in manchen Gegenden besser als im Vormonat, nur hat sich infolge der Niederschläge der Roggen vielfach gelagert. Raps hat sich dagegen verschlechtert, so daß vielfache Umackcrung erfolgen mußte; die Qua lität der Ernte wird außerdem durch das lang same, ungleiche Blühen sehr beeinträchtigt werden. Am meisten hatte die Frühjahrsbestellung durch die unbeständige nasse Witterung zu leiden; die selbe mußte zum Theil stark verspätet und unter den ungünstigsten Umständen ausgeführt werden. Die Sommersaaten sind infolge dessen nicht nur ungleich aufgegangen, sondern deren Weitereut- wickelung läßt auch fast allenthalben viel zu wünschen übrig; außerdem hat sich stellenweise der Drahtwurm in Gerste und Hafer eingestellt. Noch mehr aber wurde das Kartoffclbestellen hiervon betroffen, so daß dieselbe Ende des Monats noch nicht allenthalben beendet war. In schweren, nassen Böden hat die Kartoffelsaat zu faulen begonnen, so daß mehrfach eine zweite Saat unlcrgebracht werden mußte, und wenn nicht bald trockene, warme Witterung cintritt, die Kartoffelernte in vielen Theilen des Landes sehr gefährdet erscheint. Um nicht viel besser steht es mit der Zuckcrrübcnsaat. Einen Gegensatz zn all' dein bilden mit sehr wenig Ausnahme die Kleefelder und Wiesen, deren Stand vielfach ein sehr üppiger zu neunen ist und, baldiger Eintritt wärmerer Witterung vorausgesetzt, reichliche Ernte verspricht. Für den ganzen Saatenstand aber gilt nur der eine Wunsch als Losung: „Warme, beständige Witterung." Ueber die Ursache der Erkältung des Kaisers verlautet aus zuverlässiger Quelle: Bei der Canalfeier in Kiel entblößte der Kaiser trotz des sehr scharfen Nordoststurmcs wiederholt das Haupt. Bei der Fahrt auf der „Pvmmerania" hatte diese sehr hohen Seegang zu überwinden und die Wogen spritzten mehrfach über Deck, auf den, der Kaiser während der ganzen Dauer der Fahrt stand. Der Zustand des Kaisers ist keineswegs irgend wie gefährlich. Sc. Majestät muß nur auf Aurathen seiner Leibärzte das Zimmer hüten, ist aber nicht bettlägerig. Berlin, 8. Jnni. Reichstag. Zweite Be- rathung der Anträge Hitze für die Arbeiterschutz- gcsctzgebung. . Abg. Hitze begründet seine Anträge und hebt hervor, Deutschland dürfe hinter anderen Culturländern, welche dem Arbeitcrschutz erhöhte Aufmerksamkeit znwcnden, nicht zurückbleibcn. Abg. Schmidt ist gegen die Petitionen des Central verbandes deutscher Industrieller, der die in den Anträgen liegenden humanen Bestrebungen zu vereiteln suche. Abg. Merbach hält das gänz liche Verbot der Kinderarbeit für bedenklich. Abg. Niethammer bekämpft die Beschlüsse der Com mission als nicht fachgemäß. Nach weiterer wenig erheblicher Debatte, woran die Abg. Niethammer, Kleinm, Cegielski, Meister, Kleist-Retzow, Baum bach, Windthorsttheilnahmen, würde der erst^ Artikel (Beschäftigung von Kindern unter 14Jahren)- unter Ablehnung aller Abänderung-anträge in der Fassung der Commission angenommen. Deutscher Reichstag. In zweiter Lesung" wurden die auf die Arbeiterschutzgesetzgebung be züglichen Anträge berathen. Die Commission beantragt: Vom 1. April 1890 ab sollen nur Kinder über 13 Jahre in Fabriken beschäftigt werden dürfen; ferner da- Verbot der Frauen lind Nachtarbeit in Hüttenwerken rc., sowie, daß Frauen und Kinder an Abenden vvr Festtagen nur bis 6 Uhr Abends arbeiten dürfen. Frauen^ die einen eigenen Hausstand zu besorgen haben, dürfen nicht länger als 10 Stunden pro Tag in Fabriken beschäftigt werden. Nach langer Debatte wurden dieselben, soweit sie Kinderarbeit betreffen, angenommen. Fast alle Parteien, außer dem Centrum, stimmen gespalten. Die Brandweinsteurr-Commission beschloß am. 8. d. das Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oct.. 1887 nebst 30 M. pro Hcctoliter Nachverstcuerung und Erhöhung der Maischraumsteuer von der Publikation des Gesetzes bis 1. October auf das Dreifache des bisherigen Satzes (sie betrug bis jetzt 30 Pfg. pro 20 Quart) bei entsprechender Erhöhung der Ausfuhr-Vergütung. Im Haus bedarf sollen 10 Liier frei von Nachsteuer sein^ statt fünf Liter der Vorlage. — Die Commission nahm das ganze Branntweinstellergesetz gegen 5 Stimmen an, wovon 3 dem Centrum und 2 den Freisinnigen angehören. — Die Zuckersteuer- Commission nahm am 8. d. unverändert sämmt- liche grundlegenden Paragraphen der Vorlage an. Die wesentlichsten Bestimmungen sind: Eine Consumsteuer von 10 M. pro Doppclcentner, daneben Rübensteuer von 1 M. pro Doppcl centner, Berechnung der Ausfuhrvergütung im Reudementsvcrhältniß von 10 : 1. Es liegt ein neues Anzeichen dafür vor, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland eine günstigere Wendung genommen, haben. Wie man der „Köln.Ztg." aus Peters burg meldet, sollen der ehemalige russische Bot schafter in Berlin, v. Saburoff, und der ehemalige Attache der russischen Botschaft in Wien, Tatit- scheff, wegen der gegen Deutschland gerichteten Veröffentlichung geheimer diplomatischer Akten stücke aus dem Staatsdienst scheiden. Katkoff habe einen strengen Verweis erhalten, weil er die Enthüllungen in seiner Moskauer Zeitung veröffentlicht habe, und soll bei seiner letzten An wesenheit nicht in Gatschina empfangen worden sein. Die Verabschiedung des Generals Bogda nowitsch ist ausschließlich auf dessen eigenmächtige politische Thätigkeit in Paris zurttckzuführen.. Die französische Krisis, welche die Haltlosigkeit der französischen Zustände an's Licht brachte, hat in den Petersburger leitenden Kreisen den übelsten Nachgeschmack hinterlassen. — Das wäre eine ganze Reihe so eklatanter Genugthuungen für Deutschland, wie man sie dem Reichskanzler kaum besser wünschen könnte. Aus Licgnitz wird berichet: Zur Feier des 70jährigcn Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers als Chef des Königs-Grenadier-Regiments Nr. 7 fand heute Vormittag auf dem Haag eine Parade des Regiments statt. Nach dem der commandirendc General des 5. Armeekorps von Meerscheidt-Hüllessem die Front des Regiments abgcschritteu, erfolgte der Parademarsch in Compagniefront. Nach demselben bildete das Regiment ein Viereck, in dessen Mitte der Generaladjutant Sr. Majestät, General von Stcinäckcr, mit dem Commandeur Oberst von Buch trat. Nachdem General von Steinäcker das Bedauern Sr. Majestät ausgesprochen hatte, am Erscheinen verhindert zu sein, wurde eine Cabiuetsordrc deS Kaisers . verlesen; dieselbe lautet: „Als ich vor zehn Jahren mit Meinem Regiment? den Tag feierte, an welchem Mein in Gott ruhender Vater Mich vor 60 Jahren zum Chef desselben ernannte', ist Mein Denken und Hoffen nicht so weit gegangen, daß Mir auch, noch die Feier Meines 70jährigcn Chefjubiläums vergönnt sein könnte. Des allmächtigen Gottes Gnade reicht aber weiter als das Denken des Menschen, und so stehe Ich auch heute noch an der Spitze Meines Regiments, voll des tiefsten Dankes für die göttlichen Fügungen und mit der alten, im Herzen tief feftgewachsenen Liebe und Anerkennung für Mein Regiment. Der Rückblick auf die jetzt vorflossenen zehn Jahre zeigt nicht die sturmbcwegte Zeit und nicht die glorreichen Kämpfe, von denen Ich dem Regiment bei Meinem 60 jährigen Jubiläum mit hoch gehobener Empfindung sprechen konnte. ES ist eine Zeit treuer und rechtschaffener Friedens arbeit gewesen. — Aber auch diese gewährt dem. Soldaten hohe Ehre, denn in ihr alW MMMW