Volltext Seite (XML)
456 Harnsedimente. §. 84. dies ist jedoch wahrscheinlich, da Patient ziemlich rasch geheilt ward und sich von seiner Zeugungsfähigkeit zu überzeugen vermochte. Ausser von Hicguet seihst werden ähnliche Fälle, in welchen sich übrigens tlieilweise der Asperma tismus nur einem bestimmten Weibe (der Ehefrau) gegenüber zeigte, von Schulz (Wien. med. Wschr. 1862. p. 769) berichtet. Allerdings ist in diesem, wie in dem durch Blasensteine (!) complicirten Falle von Schmitt (Würzb. med. Ztschr. 1862. III. p. 362) auf die Beschaffenheit des Harnes gar keine Rücksicht genommen worden. Es scheint nun, als ob die Ursache aller dieser Fälle in übermässiger, beziehentlich zu geringer Erregbarkeit des Reflexcentrums im Rückenmarke, mit der Endwirkung eines ungeordneten, das Lumen der Samenleiter verschliessenden Krampfes oder andererseits einer die Fortbewegung des Samens hindernden Atonie des muskulösen Ejaculationsapparates gesucht werden müsse. Alle diese Zustände verschulden aber nur scheinbar denselben Effekt; in Betreff des Harnes sind zweierlei Verhältnisse zu unterscheiden. Nur bei den ebengenannten funktionellen Veränderungen gelangt Ejaculat auch nicht in die Harnröhre, dagegen tritt es bei den obgedachten organischen Veränderungen in diese, oder auch wohl gleich direkt in die Harnblase ein. Es ist durch seine Zumischung zum Harne nach dessen Entleerung nachweisbar, leichter oder schwieriger, je nachdem es Samen fäden enthält oder nicht. Samenfädenhaltiger Harn bei Aspermatismus spricht also ganz entschieden dafür, dass der Zutritt des Hodensecretes zu den Harnwegen offen steht, dass aber eines jener Hindernisse vorliegt, welche dasselbe beim Coitus nicht vor die Mündung der Harnröhre gelangen lassen. Etwas schwieriger ist die Entscheidung, wenn im Harne Samenfäden nicht aufzufinden sind. Die Ver anlassung hierzu kann die erwähnte nervöse Störung allein sein; da sie Heilung zulässt, so ist der Aspermatismus öfters nur ein temporärer. Es können aber noch ausserdem Veränderungen vorliegen, welche die Möglichkeit einer Zumischung von Spermatozoen aufheben und den Aspermatismus permanent machen: so die primäre oder Entzündungen consecutive Hodenatrophie, die Obliteration des Vas deferens, welche am, häufigsten durch Blennorrhoe, öfters, ohne 'dass die in der Regel betagten Kranken klagen, durch Prostatahypertrophie bewirkt wird, aber auch angeboren vorkommt u. s. w. (vgl. Gosselin, Canst. Jber. 1853. III. p. 328 und IV. p. 392; Velpeau, 1. c. 1855. III. p. 336; Royer, 1. c. 1858. III. p. 383). Darüber muss die Lokaluntersuchung der Genitalien entscheiden. Näheres s. bei Kocher, Pitha-Billr. Hdbch. d. Chir. 1874. III. 2. Abth. 7. Lief. p. 430 und Socin, Ibid. 1875. 8. Heft 2. Hlfte. p. 47. Bei der Entzündung der Samenblasen wird das schon normalerweise beträchtlich eiweisshaltige Secret dieser Drüsen noch reicher an Eiweiss durch Blut- und Eiterbeimischung, und es kommt zu häutigen Ejacula- tionen mit Entleerung eines, übrigens nicht vollkommen (Für bring er) charakteristischen röthlichbraunen Sperma. Auch ohne geschlechtliche Aufregung fliesst eine blutigeitrige Flüssigkeit durch die Harnröhre ab. Der Ham bekommt durch solche Beimischungen neben Eiweissgehalt eine blutige oder grünlichbräunliche Färbung und zeigt öfters Samenfäden und sonstige Samenbestandtheile. Ist auch die Samenblasenentzündung die häufigste Ursache von blutigen Sa- menentleerungen, so kommen dieselben doch auch auf andere Weise zu Stande. Demarquay (Canst. Jber. 1865. III. p. 309) führt ausser Excessen in coitu und Masturbation entzündliche Affektionen insbesondere der Zeugungstheile (akute und chronische Orchitis, Entzündungsreste nach Castration, Prostatitis), sowie Urethritis an. In zwei seiner Fälle scheint eigenthümlicherweise das tropische Klima die