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derselben dienen einer großen Anzahl von Menschen znr alleinigen geistigen Nahrung und müssen in Folge dessen in Rücksicht auf solche wenig Belesene Leichtverständliches in populärem Stile bringen. Doch es ist ein Unterschied zwischen leicht verständlich und leicht fertig, zwischen Populü r nnd plebejisch. Es muß daher einen höchst nicderschlagcnden Eindruck auf jeden Wohlge sinnten machen, wenn er sieht, wie dieser Unterschied gegenwärtig gar selten in der Presse beobachtet wird, und zwar gerade in Be zug auf einen Gegenstand, wie die Religion, die am wenigsten einen leichtfertigen Ton vertrügt. — Es ist zur wahrhaften Manie geworden, über die Kirche, religiöse Gebräuche und Geistliche die schonungsloseste Kritik zu üben. Soweit die deutsche Zunge klingt, ist auch das religiöse Raisonuement zu hören und Jeder steht in Gefahr, für einen schlechten Patrioten, für einen Reichsfeind, einen Schwachkopf zu gelten, der nicht wenigstens einige liberale Phra sen über Glaubenssachen sich angeeignet hat nnd dann und wann einen mehr oder weniger glücklichen Gebrauch von ihnen macht. Beinahe keine Zeitung kann man zur Hand nehmen bis zu dem kleinsten Winkelblatt hinab, in der nicht, wie zum Beweis, daß sie auf der Höhe der Zeit steht, zuweilen längere oder kür zere Auslassungen über kirchliche Dinge mit Seitenhieben auf „Je suiten'' nnd „Orthodoxe" sich fänden, oder doch einige Randglos sen und scheinbar unparteische Berichte über kirchliche Gebräuche und Beamte. Bald steht unter den Neuigkeiten der Stadt und Umgegend auch eine mit Nachdruck vorgetragene Erzählung von der besonderen Geldgier, die irgend ein Pastor an den Tag gelegt haben soll bei Einforderung von Gebühren. Bald wieder wird unter der Form einer bescheidenen Anfrage eine religiöse Sitte in dreister Weise dem Spotte des Publikums preisgcgeben. Ob der Geistliche, den man an den Pranger zu stellen bemüht ist, vielleicht nur wegen seines schmalen Einkommens, bewegt von der Sorge um seine Familie, endlich nach langem Warten zur For-