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20 Menschenkunde. '' Bewegungen des Magens sind für die Verdauung von größter Wich tigkeit, weil sie die Mischung der Speisen im Magen und dadurch die Lösung derselben durch den Verdauungssaft des Magens wesentlich befördern. Damit nämlich das, was wir hinabgeschluckt haben, im Magen mit der Verdauungsflüssigkeit, welche die Magenwände ab sondern, in Berührung komme, muß jeder einzelne Teil dessen, was wir genossen haben, nach und nach an den Wänden hingelangen. Der Inhalt des Magens muß also umgerührt werden, und dies geschieht durch die Bewegung der Magenwände etwa so, wie wir in Ermange lung eines Rührlöffels oder Quirles den Brei in einem Topfe durch drehendes Schütteln bewegen. Nicht zu unterschätzen ist dabei der Anteil, welchen die im Magen >und im Bissen) befindliche Luft an der Umrührung des Magenin haltes hat. Indem nämlich die Magenwände auf dieselbe drücken, wird sie zum Ausweichen gezwungen und zwischen oder unter die Speisen gepreßt. Bei Erschlaffung der Magenwände quillt sie dann wieder empor und trägt so zur kräftigen Umrührung der Speisen bei. Da die Bewegungen des Magens durch die Nerven angeregt werden, so ist es erklärlich, daß dieselben durch mancherlei Reizmittel (Gewürze, Wein rc.) gefördert werden. Diesem Umstande verdanken diese Reizmittel ihre leider zu große Beliebtheit als Verdauungsbe förderer. Sie sind eben Reizmittel und deshalb höchstens für das Alter zu empfehlen- Auch das Salz wirkt erregend auf die Magen bewegung. Doch darf man die Stärke der Kraft, welche die Magen wände entwickeln, nicht überschätzen. In früherer Zeit glaubte man, daß durch die Muskelkräfte der Magenwände die Speisen zer rieben würden; man sah also den Magen gewissermaßen als Mörser an. Bei manchen Tieren (Hühnern, besonders Truthühnern, Enten, Gänsen, Tauben rc.) ist dies allerdings der Fall. Naturforscher (Reaumur, Spallanzani) haben Versuche in dieser Richtung angestellt und fanden, daß z. B. kleine Hohlkugeln aus starkem Glase, welche widerstandsfähig genug waren, daß man sie gewaltsam gegen den Boden werfen konnte, ohne daß sie zerbrachen, im Magen einer Henne binnen 3 Stunden in kleine Stücke mit stumpfen Ecken zer malmt wurden, ohne daß dies den Magenwänden den geringsten Nachteil gebracht hätte. Kleine bleierne Kugeln, aus denen 12 stäh lerne Nähnadeln 5 inin weit hervorragten, ließ man in ein Kartenblatt eingewickelt einen Truthahn verschlucken. Er behielt dieselben l?/z Tag bei sich, ohne daß man Zeichen von Übelbefinden an ihm bemerkt hätte; als man ihn darauf schlachtete, fand man in seinem Magen die Kugeln liegen, aber alle Nadeln waren kurz an denselben abge brochen, und nicht die geringste Verletzung ließ sich an den Magen wänden spüren. Einen ähnlichen Versuch machte man mit einem anderen Truthahn und einer Bleikugel mit 12 kleinen Messern, die