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62 mir der boui-Zon ein äußerst liebes Geschenk von meinem ältesten Bruder Sigismund in Benedict-Beuern, H nämlich ein herrliches perspsotik, das wenigstens 3 Louisdor werth ist. Es ist gar prächtig gearbeitet und ver größert so sehr, daß ich vom Garten aus nicht nur alle Häuser in Bület und St. Lroix sehen, sondern sogar die Fenster jedes Hauses zählen kann. Beinahe 2 Stunden lang ward ich gar nicht fertig, alle Rinder und Er wachsene durchsehen zu lassen. Ich habe außerordentliche Freude darüber und werde es künftig bei allen Bergreisen, vorzüglich aber zu Jahr, wem: ich zu meinem Engel reise, mitnehmen, wo Du dann auch recht oft durch sehen und Dich freuen sollst. Nach >0 Uhr ging Alles in die Stadtkirche, es ist heute Tommunion- tag. Erst wollte ich diese Zeit im Andenken an Dich vollbringen und mit Deinen Briefen zu jenem lieben Plätzchen im Pappelwäldchen am Eanal gehen, dann aber wurde mirs ums Herz als wollt und müßt ich mit communiciren, und da ging ich denn und lebte in Gott und in Dir und hatte Gott und Dich recht lebendig im Herzen, als ich vor den Altar trat; auch las ich in der Zwischenzeit, wo das Geld gesammelt wird, Deinen letzten Brief, was mir so wohl that. — Meine liebe Renate, schreibe mir doch künftig immer voraus, wenn Du mit Deiner lieben Fa milie zum h. Abendmahl gehen wirst, ich will dann hier allemal auch gehen. O es wäre so erhebend, wenn wir diese schöne, heilige Hand lung, diese Feier der höchsten Liebe, gemeinsam, an einem Morgen be gingen! Ich bitte Dich, vergiß es nicht, mir zu schreiben. Kawerau commnnicirte mit seiner Julie auch das letztemal in dem lieben Iferten. Er kommt mir heute ganz eigen vor in einem neuen blauen Fracke; modern, mit schönen gelben Knöpfen gemacht. — Emilie, Lisette, Elise und viele andre Töchter communicirten auch. — Nach Tische ging ich in den Garten der Tächter und zeigte diesen das liebe Geschenk meines Bru ders. Sie hatten alle außerordentliche Freude, durch das Perspectiv zu sehen, und konnten gar nicht genug haben; wir gingen aufs Hügelchen und sahen bald nach Büllet, bald nach Floreire, und bald nach Grbe u. s. w. Die liebe Elise meinte, ach wenn ich doch mit diesem Perspektiv nach Lindau sehen könnte, nicht wahr, Sie möchten es auch? Ja, er widerte ich ihr, wenn es diese Kraft hätte, mir, so oft ich hinein schaue, das liebe Lindau zu zeigen, ich glaube, ich brächte es den ganzen Tag nicht von den Augen und säh noch des Nachts bei Licht herein! Ja so ein Perspektiv sollte mir mein Bruder noch schicken, wo ich Lindau und das Liblersche Haus, Renatens Stübchen ach — und endlich sie selbst, wie sie leibt und lebt — den guten, wonnigen Engel selbst sehen könnte — o ich wüßte nicht, was ich anfing vor Entzücken, aber ach — dann würde ich noch heftiger zu Dir wollen, dann ließ es mir vollends keinen Augen blick Ruhe — nein da ist es doch wohl so noch besser — denn Dich immer in der Ferne sehen können und nicht zu Dir dürfen, nicht an Dein Herz, an Deine Lippen, das wäre ja eine Höllenpein. — Jetzt ist's Nachmittags um H Uhr; ich will nun den lieben Ackermann besuchen, der seit gestern das Bette hütet und so ein Schnupfenfieber hat, dann will ich die lieben Dreist und Henning aufsuchen und wahrscheinlich mit ihnen und den Töchtern noch etwas spazieren gehen. Adieu unterdeß, mein Engel, Du liebe, liebe Renate! — i) Bergt. S. 4. Sigismund war dort im Frauenhoserschen Institute.