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49 -angreifend. G Gott, wie habe ich nach Dir geschmachtet, wir war ich voll von Dir, wie war kein Blutstropfen in meinem Herzen, der nicht nach Dir sich bewegte! Meinem lieben Landsmann H. Bornemann, mit dem ich längere Zeit im Mondscheine in der Allee nach Tleinthy auf und abging, erzählte ich meine Liebe, und er nahm recht lebendigen Antheil dran — Du kannst Dir leicht vorstellen, daß ich Dich ihm geschildert habe wie waren meine Lippen da beredt, wie stoßen die Worte aus meinem Munde — oder vielmehr aus dem Herzen. Er liebt nicht selbst, da er das gesuchte Wesen noch nicht gefunden; ist aber doch der reinsten, wärmsten Liebe fähig, und solchen Menschen theilt man gern sein Herz mit. Nach dem Nachtessen bekamen wir alle Lust, auf den See zu fahren, fast alle Lehrer und ein großer Theil von den Fremden, über 20 Per sonen, bestiegen H Kähne, H. Beck und Heusi nahmen die Waldhörner mit, patzig die Trompete, Kawerau und peyrek die Flöten und H. Egger die Klarinette, und so fuhren wir auf den spiegelglatten See hinaus. G meine Renate, das waren wonnevolle Stunden, zu deren vollendetem Glücke Du allein mir noch fehltest. In der Gegend von Lleinthv hielten wir an; da ist ein himmlisches Echo — die Hörner bließen sanfte Lieder, und wie eine heilige Lngelstimme antwortete das Echo, das von unserm o! und ach! unterbrochen wurde. Das Echo war so groß, daß es eine ganze Zeile eines Verses deutlich wiedergab. Ich deklamirte mehrere Verse, die rein und voll aus der Ferne wieder hallten; z. B. Das Leben ist der Güter höchstes nicht, Der Uebel größtes aber ist die Schuld! Darauf die Stelle aus Schillers Wallenstein: Ls ist ein schöner, freundlicher Gedanke, Daß über uns, in jenen lichten Höh'n Der Liebe Kranz aus sunkelnden Gestirnen, LH wir noch wurden, schon geflochten ward. Endlich aus den drei Worten des Glaubens : Lin Gott ist, ein lebendiger Wille lebt, So sehr auch der menschliche wanke, Hoch über der Zeit und dem Raume schwebt Lebendig der höchste Gedanke. Und was kein verstand der verständigen sieht, Das übet in Linfalt ein kindlich Gemüth. Wir waren ganz selig — nur die Rohheit einiger wenig gefühlvollen und gemächlichen störte bisweilen die Harmonie der Seele mit der Außen welt. In solchen Augenblicken sind alle Saiten des Herzens so gestimmt, daß auch der geringste Mißton zerstörend einwirkt. Ein rohes Schreien, ein gemeiner Ausdruck (so wie z. B. Egger dem Echo zurief: Du Hunds fott, Du Sau pp.) reißt gewaltsam aus dem Himmel der sanften verklärten Gefühle heraus. Da fühlt man recht den Abstand des Ldlern und Ge- meinern und wie sie ihrer Natur nach nie im Leben harmoniren können. Denn Einklang, Harmonie geben nur die gleich oder verwandt gestimmten Saiten; — diese aber bilden dann den vollen herrlichen Akkord des Lebens! — Mit Dir, mit Dir, Du Einklang und Harmonie meines Wesens, hätte ich diesen Abend auf dem See bei den fernen Tönen der Hörner feiern sollen, und ich wäre selig gewesen — Renate! .... Uebrigens waren gestern 2 sehr bedeutende Männer ans Italien hier, um mit dein Institute bekannt zu werden. Israel, Pestalo,,!. 4