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44 gute, liebe pfyffer gestorben ist. Du kannst Dir vorstellen, wie wir alle darüber bestürzt waren. Um sO Uhr, nach vielen allmähligen Vor bereitungen theilte die Kasthofer der guten Schwester diese niederschlagende Nachricht mit — sie soll wie vernichtet gewesen sein und hat sich den ganzen Tag auf ihr Zimmer eingeschlossen. Das arme liebe Mädchen! ach wie geht mir ihr Schmerz zu Kerzen, wie fühle ich so tief, was sie leiden muß. Tinen so geliebten Bruder, auf den sie als Freund und Be schirmer in künftigen Zähren so sicher zählen durfte, der so große Hoff nungen der Welt gab, der ein so reines kindliches Herz hatte, zu ver lieren — ach und so fern von sich, an einem Mrte, wo sie nimmer sein Grab besuchen wird — wie schmerzvoll, wie hart. Schon vor der Ankunft von Baumgartner und Schneider (S. 37) war er gestorben, und Hof mann hatte die Nachricht nur verzögert, um allmählig darauf vorzube reiten. Die Ursachen zu seinem Tode waren theils das Uebel, das er hier schon mehrmal hatte, das fallende Weh, dann hatte er sich außer ordentlich angestrengt und war fast beispiellos fleißig — oft in die tiefe Nacht hinein, dabei war er sehr reizbar, ärgerte sich oft und leicht und hatte einmal die große Unvorsichtigkeit begangen, ziemlich erhitzt und inner lich bewegt sich in das Meer zu werfen und zu baden. Er hatte alle mögliche Hülfe und Liebe genoßen, allein die Krankheit wirkte zu zer störend auf ihn. — Der Vater benutzte das heutige Abendgebet zur Er innerung an ihn, er stellte uns die Vorzüge und Tugenden des lieben edlen Zünglings dar, bat uns sein Beispiel zur Nachahmung in zartem Dankgefühl, Gottvertrauen und pflichttreue zu nehmen und schloß mit den Worten: sein Andenken wird mir ewig theuer sein! — Du wirst es glauben, daß wir alle innig gerührt waren. — Baumgartner und Schneider befinden sich gottlob sehr wohl und haben viel Herrliches von den Schönheiten der Kunst und der Natur in Rom und Neapel geschrieben; sie fühlen sich sehr glücklich, dort zu sein — sie können es nicht genug ausdrücken, wie der ganze innre Mensch, wie seine Lebenserfahrung, Weltansicht und wie vor allen sein Herz durch die großen Werke der Kunst und Natur gewinne und sich hebe H. . . . Sonntag 9- August. .... Unser heutiger Gottesdienst war sehr feierlich und rührend, es war eine Art von Todtenfeier zur Erinnerung an den so früh verstor benen Pfyffer. Dreist hielt eine kurze aber vortreffliche Rede zu seinem Andenken, die ich Dir abschreiben und schicken will; am Schluß der selben sangen ich, Schacht, Ackermann und Hientsch die schauervolle Baßarie: Rasch tritt der Tod den Menschen an; Ls ist ihm keine Frist gegeben, Lr stürzt ihn mitten in der Bahn, Er reißt ihn fort vom vollen Leben. Bereitet, oder nicht, zn gehn, Lr muß vor seinem Richter stehn. 9 Über die Anstalt Hofmanns in Neapel vergl. Mors, Eine Pestalozzische Anstalt in Neapel 1811—1816. Ein längerer Brief von Baumgartner und Schneider an Bloch mann vom 17. September 1812 läßt jedoch die dortigen Verhältnisse nicht gerade in rosigem Lichte erscheinen.