Volltext Seite (XML)
26 tümliche Idee Pestalozzis ein. Joses Schmid verleiteten seine Erfolge zu einer immer mehr sich steigernden Überhebung, die dadurch noch mehr Nahrung fand, daß v. Türk, v. Räumers) Fröbel und Przystanowski ihm beistimmten und Pestalozzi zu bewegen suchten, dem Institut eine ganz andre Gestalt zu geben, nur Knaben von 10 bis 14 Jahren aufzunehmen, alle Fran zosen zu entfernen und den Hauptnachdruck auf den Unterricht zu legen. Da auch v. Muralt dem Rufe nach Petersburg folgte, Hofmann nach Neapel und Mi eg nach vierjähriger treuer Mitarbeit nach Frankfurt a. M. zurück ging, Josef Schmid aber, der zu Niederer und fast allen Lehrern, auch zu Pestalozzi, in den schroffsten Gegensatz gekommen war und unfreiwillig abgehen mußte (am 6. Juli 1810), über das Pestalozzische Institut eine absprechende Schrift veröffentlichte (Erfahrungen und Ansichten über Erziehung, Institute und Schulen. Heidelberg 1810), in deren Vorrede es heißt: »Dies ist mein erster Blick im Dastehen der Mündigkeit. S o finde und sehe ich, aus meiner Unmündigkeit geweckt, unser Thun und Treiben, und das Thun und Treiben der Welt» —'so war Pestalozzi in großer Sorge und in Bekümmernis. Er schüttet sein Herz aus in einem Briefe an Nikolovius vom 11. Sep tember 1810, den Morf nur unvollständig (IV, 249) mitteilt. Die Abschrift in Blochmanns Papieren lautet vollständig': Lieber, Treuer! Ich schwieg lange. Ich durchlebte drückende Tage. Ihre Gewalt war unbeschreiblich. Ich mußte schweigen. Lin Mann, dem Gott hohe Kraft gab, der an meiner Seite, aber freilich einseitig, mehr war, als wir alle, sprach mir Hohn und spricht uns noch Hohn, wie Goliath den Israe liten. Lr zerriß mein Herz, er war mein Benjamin. Ich stieß seine älteren Brüder vor den Kopf um seinetwillen. Ich ward ihm Vater, wie ich keinem meiner Söhne Vater war; aber ich ahnte nicht, daß eine arme Taube unrecht hat, wenn sie denkt, ein junger Adler, mit dem sie ihren Bissen theilt, werde sie als ihren Vater kennen. Ich hatte groß Unrecht, auf die Mitwirkung einer ganz heterogenen Kraft zu zählen; aber ich zählte darauf, und als ich sah, daß ich mich irrte, ward mein Herz auf eine Weise beklemmt, daß ich fast meine Sinne verlor. M Freund, welche Tage habe ich durchlebt. Ich bin froh, daß Braun zu Dir kommt und mit Dir redet. Mein Leben ist bis an mein Grab schwer; aber das, was ich suche, greift immer weiter und bewahrt sich immer wahrer. Selbst der Kampf des Hauses, der mich fast tödtet, wirkt mächtig auf die Wahr- H Der Regierungsrat v. Raumer in Potsdam hatte gebeten, seinen Bruder Karl unter die preußischen Eleven aufzunehmen, er habe Mineralogie studiert und sich „in der Überzeu gung von der hohen Wichtigkeit der Pestalozzischen Methode und insbesondere auch von der großen Anwendbarkeit derselben aus Mineralogie und Geognosie schon aus den Weg zu Pesta lozzi begeben, um dort zu lernen und zu gleicher Zeit zu lehren". Die Aufnahme Karl v. Räumers unter die preußischen Eleven müßte, da sein Ziel nicht ein rein pädagogisches war, abgelehnt werden (Pest.-Stud. II, 167/168), aber er kam, hauptsächlich durch Fichtes Reden bewogen, mit seinem 8 jährigen Schwager Fritz Reichardt im November 1809 nach Jferten. Er blieb nur 9 Monate. „Statt in Jferten als Lehrer zeitlebens zu bleiben, kam ich nach kurzer Zeit ganz abgekühlt und verzweifelt zurück." Das Nähere bei Morf IV, S06—2II- Räumers eigener Bericht in seiner Geschichte der Pädagogik II, 420 — 444. Stuttgart 18573. Henning berichtet an Süvern (Pest.-Stud. IV, 68): Seit v. Raumer sich hier auf hielt, nahm Schmid Plötzlich eine andre Richtung und wollte alles umstürzen und das In stitut allein dirigieren mit Raumer. Es gab einige harte Auftritte, und Raumer verließ uns endlich und soll jetzt in einem einsamen Schweizerthale leben.