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18 Hoffnung, Ausdauer und heiliger Ernst! Bis zum Ausgang dieses Zahrs — aber dann auch keinen Tag länger — werde ich nun noch hier bleiben — und ich bleibe gern, wirkend in Dank und Liebe — mich stärkend und täglich rüstend für meinen Beruf. M Geliebte, einen Würdigen sollst Du in mir besitzen — einen Mann, der in seinem innern Werth und in seinem amtlichen Wirken und Einfluß Deine vollste, innigste Liebe verdient. Wie ist doch der Blick in die Zukunft so erfreuend und labend ... G Du deutsches Mädchen, Du wirst ein deutsches Weib! Wie bin ich glücklich in Dir, wie bin ich stolz auf Deinen Besitz — wie sollst Du in Deinem Blochmann einen Deutschen, im schönen, hohen Sinn des Worts be sitzen!*) ... — Noch stehen uns einige Jahre des Kampfes und des Ningens nach solchem Glücke bevor — noch sind wir nicht am Ziele, aber Gott wird uns zu ihm führen, so wir nur die seinigen bleiben und immer mehr werden. Dir, Geliebte, wird vielleicht noch manche bittre, schmerz liche Stunde des Rampfes in Deinen Verhältnissen nahen, Dein guter Vater wird vor allen Dich mir nicht ins ferne Vaterland geben wollen, und doch — könnt' ich den Kampf, mich ihm wegen der Liebe zu entziehen, nicht bestehen, denn: Gott — Vaterland — Liebe — so folgt das Heiligste in meinem Herzen!" Die „bittern, schmerzlichen Stunden des Kampfes» kamen für die Ge liebte nur zu bald. Ihr Vater hatte zwar während der zwei Wochen, die Blochmann im vergangenen Herbst (1813) in Lindau in seinem Hause ver bracht hatte, alle Achtung für seinen künftigen Schwiegersohn gewonnen, doch wollte er durchaus nicht zugeben, daß Renate ihm in das ferne Sachsen folge. Blochmann hatte deswegen schon die verlockenden Anträge des Kanzlers Herr mann in Bautzen, die Direktorstelle in Görlitz an der neuzubegründenden Bürgerschule anznnehmen, abgelehnt, er wollte wenigstens für etliche Jahre in der Nähe Lindaus, in der Schweiz oder in Württemberg, einen Wirkungs kreis sich schaffen, damit Renate dem Vater noch länger nahe bleiben könne. Da erfuhr dieser, daß Blochmann in Jferten Schulden habe — er hatte seine Mutter unterstützt und zu den Kosten ihres Begräbnisses beigetragen, auch hatte er sich auf der Rückreise von Lindau beim Abstiege vom Ganterisch einen Fuß verletzt und über eine Woche im nächsten Gasthofe liegen bleiben müssen — und daß Renate dafür gut gesagt hatte. Das genügte dem Ge schäftsmann, der für eine zahlreiche Familie zu sorgen hatte und dem ein un geratener Sohn viel Kummer machte, seiner ältesten, vielumworbenen Tochter aufs härteste zuzusetzen, von dem fremden, mittellosen Kandidaten abzulasfen, der sich erst eine Existenz gründen wollte und der im besten Falle erst nach Jahren für sich und Renaten ein bescheidenes Auskommen haben konnte. Eben hatte wieder ein behäbiger junger Mann, ein Apotheker aus Friedrichs hafen, sich um sie beworben. »Ich wollte dich lieber im Grabe sehen, als in Blochmanns Händen, dann wüßte ich dich doch versorgt« — mußte Re nate von dem Vater hören! Sie gab dem Vater, der verlangte, daß sie ihre Beziehungen zu Blochmann abbrechen solle, so weit nach, daß sie ihre Not nicht diesem, sondern ihrer Freundin Emilie Stephani klagte, an Blochmann aber schrieb sie das unglückliche Wort: »Blochmann, Du wirst edel und groß genug denken, um nicht Dich und mich unglücklich zu machen", das wie ein >) Einige Stellen aus Jahns deutschem Volkstum, zwei volle Quartseiten, liegen dem Briefe bei. Sein Freund Ackermann stand unter Jahn im Felde.