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15 sind sie im tiefsten Herzen beglückt. Es kann nur für den ersten Augenblick auffallen, daß Krüsi, Ramsauer, Schacht, Henning, Kawerau und Burkhardt Mädchen aus dem Peftalozzischen Töchterinstitut als Gattinnen heimgeführt und mit ihnen ihr Lebensglück gefunden haben. Der naheliegende Gedanke, den Volkhausen ausspricht, indem er an den Freund und Gönner Pestalozzis, Lejeune in Frankfurt a. M., im Juli 1811 über die Zustände im Institut berichtete, „daß schwer anzunehmen sei, daß die gefesselten Lehrer nicht dadurch gestört werden sollten" (Morf IV, 295), trifft doch nicht zu. Aus Blochmanns Tagebuch wenigstens erhellt, daß er gerade in seiner Liebe einen Antrieb gefunden hat, mit aller Kraft sich Pestalozzi und dem Institute hin zugeben, damit er einst für das Ziel, das ihm vorschwebt, völlig gerüstet sei: näm lich ein Erziehungsinstitut in seiner Heimat zu gründen und darin, vereinigt mit seiner geliebten Renate und in Verbindung mit der verwaisten Emilie Stephanie, ihrer liebsten Freundin, die Ideen Pestalozzis zu verwirklichen. Da will es wenig besagen, daß er nach Renatens Abreise aus dem Institut am 29. Juli 1812 allerdings einige Tage außer stände war, zu unterrichten, daß er ohne Plan hinauf auf die Höhen und in die Thäler des Jura rannte, um die Wogen in seiner Brust zu besänftigen und die jagenden Pulse erst wieder zu beruhigen. Auf der einsamen Petersinsel, in Roüsseaus Stübchen, hat er damals das Tagebuch für die nun in ihre Heimat zurückkehrende Geliebte am 1. August 1812 mit einer klaren und ernsten Darlegung seines Lebens- und Studienplanes begonnen, insbesondere was er in den nächsten drei Jahren, bevor er die Geliebte heimführen könne, für seine Tüchtigmachung zu thun gedenke. Viele Blätter dieses herrlichen Tagebuchs sind während der zweiten Nachtwache geschrieben (die Lehrer hielten zur Sicherheit für die in dem alten, feuergefährlichen Schlosse Schlafenden nächtlich von II bis 2 und 2 bis 5 Uhr abwechselnd Wache) und geben ein farbenreiches, treues Bild nicht nur von seiner innigen, treuen Liebe, sondern auch von dem Leben und Treiben im Schlosse und im Mädcheninstitut, dessen Schülerin Renate länger als drei Jahre gewesen war, wo sie auch außer dem Geliebten so viele zurückgelassen, die ihrem Herzen teuer waren. Die vertrauten Mitteilungen versetzen heute noch den Leser so mitten in das alltägliche Leben in Pestalozzis Nähe, als habe er selbst in dieser kleinen Welt am Neuenburger See gelebt, den See befahren und die Hänge des Jura und die Umgebungen Jfertens mit eigenen Augen geschaut. Die theologisch gebildeten Lehrer und Gehilfen Pestalozzis schlossen sich enger zusammen. Als daher die preußischen Eleven Dreist, Henning und Kawerau von ihrer Regierung abberufen wurden, Ackermann und Theodor Schacht aber als Freiwillige zur Armee gingen (Ackermann zu den Lützowern, Schacht, der sich auf der Reise den Fuß verletzte, in ein Regimentsbureau), meldete sich auch Blochmann mit seinem Landsmann und Freund Hering, der in Genf Jnstitutslehrer war, als Freiwilliger an (sein Brief vom 5. De zember 1813 ist in Nr. 7 der Dresdener Landwehrblätter als Muster opfer freudiger Vaterlandsliebe veröffentlicht worden). Er erhielt aber keine Ant wort, und so hat er schließlich doch den Bitten Pestalozzis, ihn nicht zu ver lassen, nachgegeben. Am 12. Januar 1814 schreibt er an Renate: „Liebe, theure Renate! Du erwartetest wohl keinen Bries mehr aus Iferten von mir? Gute Seele, meine letzten Briefs haben Dir Kummer und Schmerz gegeben — der heutige soll Alles wieder gut machen und