Volltext Seite (XML)
Sondern daß Ihr rühmen möget: Den Banditen Abellino Sähet Ihr, in dieser Stunde, Angesicht zu Angesicht. Einst kann die Erinn'rnng freuen. Doge. Schwerlich, Mensch, in deinem Sinn. Abellino (ernst). Hört mich! faßt mein Wort mit Glauben, Und bewahrt cs im Gedächtniß; Denn es ist das Wort der Wahrheit Und der Wahrsagung zugleich; Sonst ein seltnes Schwesterpaar! Bis dies Wort erfüllet worden, Werd' ich Euch nicht mehr erscheinen. Die geheiligte Person Eurer Durchlaucht steht gehütet; Jedes Haar von Euerm Haupt Wird von meinem Dolch bewacht. Wenn im tiefsten Grund erschüttert, Bald, vielleicht in wenig Tagen, Eures Staates Feste wankt: Zittert nicht, durchlauchter Herr, Traut auf Euer treues Glück, Auf Venedigs guten Stern! Wenn, vielleicht heut' oder morgen, Der und Jener unversehens Aus dem Lande der Lebend'gen In das Reich der Todten zieht: Härmet Euch nicht um die Todten! Traut auf Euer treues Glück, Auf Venedigs guten Stern! Doge. Ich vertrau' ihm, selbst wenn du Seinen Untergang verkündigst. Abellino. Herr, gedenket meiner Worte! Doge. Still, Würgengel, steh' mir Rede! Sprich, wo ruht Canari'S Leichnam? Leider kannst du nicht sein Leben, Doch die Asche wieder geben. Abellino. Sucht ihn in der blauen Luft. Sucht mit tausend Luchsenaugen! Dennoch müßt Ihr ihn nicht finden. Wen ich mir auf's Korn genommen: Weggeblasen und verstoben Ist er aus der Welt, als hätte Ihn sein Schöpfer nie geschaffen. Basta! Habt Ihr mehr zu fragen? Doge (mit zorniger Bewegung). Steh' mir Rede! Wisse, rings Ist die Insel scharf bewacht. Sbirren horchen in der Nähe. Waffen her! — Du bist gefangen! Ab ellino. Ich gefangen? Hi, hi, hi! Abellino schon gefangen? Ei, da wär' er werth zu hangen. Doge (schreiend). He da! Hilfe! Leute, Hilfe! Abellino (richtet dicht vor dem Dogen einen Pistolen schuß in die Luft und verschwindet im Gebüsch). Also Basta! und Adio! Doge (zurücktaumelnd). Halt! Wohin ist er geflüchtet? Lebt kein Rächer mehr dort oben? Leute, hieher! hieher, Leute! (Er geht rasch gegen den Hintergrund.) Vierter Akt. Im Palaste des Herzogs. Erster Auftritt. (Der Doge schläft in einem Lehnsessel.) Rosamunde (fächelt ihn mit der Hand, beugt sich beob achtend über ihn und entfernt sich wieder leise). Ihm ist wohl! — Er schlummert süß. Du, sein unsichtbarer Engel, Kühl' im Traume ihm die Schläfen Mit dem weichsten Veilchenkranz! Ach, das harte rauhe Leben Flicht für ihn nur Dornenkronen. Welche Nacht der finstern Schrecken Mußte dieser Vielgeprüfte Heute abermals bestehn!