Volltext Seite (XML)
Sämmtlich in die Karte schau'n! (Die Verschwornen fahren zusammen. Lautes Geräusch des Erstaunens durch die Versammlung.) Doge (erhebt sich jach vom Sessel, sinkt langsam zurück, und spricht in tiefster Bewegung mit unterdrücktem Ton des Schmerzes). Höllisch Wesen! — Weh, wie wird mir? . . . Er der Mörder! . . Schwarze Lüge! Wüstes Blendwerk meiner Sinnen! Kann ein Mensch mit seinem Todfeind, Nebeln gleich, zusammenrinnen? Und doch ist er's! Er steht da! . . . Rosamunde (die bei Abellino's Verwandlung ihr Antlitz verhüllte, tritt zum Dogen, ihre eignen Gefühle bekämpfend). Mein erlauchter Oheim . . . Vater . . . Ihr entfärbt Euch .. . Eure Blicke . . . Ruhet . . . sammelt Eure Kraft. Laßt dies grauenvolle Räthsel, Wenn es kann, sich selbst entwirren. Richtet nicht! . . . Ihr gabt ihm Voll macht . . . Und er bat, — erinnert Euch — Um Vertrau'«, was immerhin Sich vor uns ereignen möge . . . Flodoardo (der mehrmals zum Dogen zu reden versuchte, als er dessen Bewegungen bemerkte). Darf ich . . Hab' ich Euch verstanden? Nur ein Wort . . . Doge (zu Nosamunden, ohne ihn zu hören). O still! o stell! Fluche, Kind, des blöden Alters Allznglänb'ger Zuversicht. Luch, da steht er! — Er ist's selber! — Gram- und schamlos freut er sich Der verbrecherischen Tugend. Ah, so kann des Himmels Erbfeind Auch des Himmels Werk verrichten? Mußte dieser kalte Würger, Für die Rettung von Venedig, — Mußt' er seinen Höllengeisteru Blut'ge Menschenopfer weih'n? Und — das Blut der bestenBürger? . . . Fort! — mit allen in die Kerker! Rosamunde (vor ihm knieend). Oheim! um der Heil'gen willen, Höret ihn, eh' Ihr verdammt! Ist's kein Gaukelspiel des Bösen, Ist er's selber, so verläßt Eh' die Sonne ihren Himmel, Als der Ritter seine Ehre. Doge (halblaut). Fort! Man zeigt auf dich mit Fingern; Heißt dich die Banditenbraut. (Laut.) Fort! der Mörder mit den Andern! Laßt sie in die Kerker wandern. Die Verschwornen (alle mit Geschrei durcheinander). Nicht zum Kerker! Stoßt ihn nieder! Nieder mit dem Meuchelmörder! Er allein hat Blut vergossen! Stoßt ihn nieder! Nicht zum Kerker! Falieri (mit Wildheit). Ohne Gnade! macht ihn nieder! Tolomco. Nieder! Er treibt schwarze Kunst, Steht im Bund mit bösen Geistern. Nieder, eh' er Euch entrinnt! Contarino. Alles, Alles ist sein Werk! Wie die hohe Signoria, Hat er alle Welt belogen, Und die Republik verwirrt. Uns verführt' er, als Bandit, Zu vermessenen Entwürfen, Während er, als Flodoardo, Gleisnerisch den Retter spielte, Um in Würden aufzusteigen. Wir sind rein! An seinen Fingern Klebt vergoßnes Bürgerblut! Flodoardo. Schweigt! Ihr fühlt, des Himmels Zorn Donnert Euch zum Abgrund nieder. Wie einst die gcfallnen Engel Den Erzstrciter Michael, Wollt Ihr mich, im Sturze, mit Euch In die Höll' hinunterzerren. Aber Eure Angst umklammert Meinen Schatten nur, nicht mich. Traun, ich bin Bandit geworden. Seit geraumer Zeit schon hatten Leichen, mit dem blut'gen Mund