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Eine geschichtliche Wanderung in Zittaus Umgebung Von Referendar W. Mitte»Bischofswerda fSa.) sSchluß) Wir verlassen nun die Straße, die in kurzer Zeit die Grenze überschreitet und über Petersdorf — woselbst im Zollhause ein von Napoleon benützter Sessel aufbewahrt wird — nach Gabel führt, und streben durch prachtvollen Wald dem Ringelshainer Wege zu. An ihm treffen wir, mit umfassendem Blick auf das gesegnete Nordböhmen, zunächst auf die Tobiaskiefer, an der ein Blechbild die Heilung des hl. Tobias darstellt, das der Holzhändler Tobias Kunze daselbst anbringen ließ, als er ums Jahr 1800 die dortige Waldstrecke zum Abholzen erworben hatte. Die Kiefer, die ein Treffpunkt der Pascher war, ließ er zum Andenken stehen. Nur wenige Minuten weiter aus den Pfaffenstein zu steht rechts am Wege wieder eine alte, knorrige Kiefer, die Mord kiefer. Bei ihr schoß ein Grenzjäger aus Spittelgrund seine Geliebte nieder, weil sie heimlich mit einem anderen jungen Burschen verkehrte. Zum Gedächtnis an diese traurige Tat schnitt ein Kamerad des Grenzers in den Stamm einen ein fachen Totenkopf mit der Ermahnung: „memento mori!" Wandern wir auf dem eingeschlagenen Wege weiter, so ge langen wir nach kurzem Marsch ins herrliche Weißbochtal, aus dem Zittau einen Teil seines köstlichen Tiinkwassers bezieht. Hoch über uns erhebt sich der doppelgipseOge Straß berg, dessen Name von dem slaoischen 8trax^ Wache her geleitet wird. Aus ihm liegt, ganz in der Nachbarschaft der Fuchskanzel, die sogen. Pestkanzel, die im Laufe der Jahr hunderte den Einwohnern der Gegend zu Pestzeiten einen sicheren Unterschlupf gewährt haben soll. Durch das reizende Weißbachtal, neben dem der Neiße das einzige echte Gebirgstal unserer Heimat, zog sich schon von alten Zeiten an eine Berbindungsstraße über das Ge birge. Gut mag der Weg freilich nicht gewesen sein, am wenigsten zur Regenzeit für Lastfuhrwerke, die ja im Mittel- alter das gewöhnliche Beförderungsmittel waren. Auch heute noch ist es ost kein sonderliches Vergnügen, auf dem nach starken Güssen stets aufgeweichten Wege vorwärts zu kom men. Dort nun, wo der Pfad endgültig von Sachsen nach Böhmen übertritt — vorher nämlich springt die Grenze bald herüber, bald hinüber —, liegt das „böhmische Tor", zwei einander zugeneigte Felsblöcke von Haushöhe, die der Straße nur einen engen Durchgang lassen. Es war bis vor kurzer Zeit — wie uns an mehreren Stellen berichtet wird — mit Wappen geschmückt, von denen heute allerdings nichts mehr zu sehen ist. Wir wandern nun frohgemut das prachtvolle Weißbach tal hinab. Bevor wir nach Neu-Hartau gelangen, wollen wir uns jedoch noch zwei alte Grenzsteine betrachten, die zu beiden Seiten des fast ausgetrockneten Wasserlaufes zwischen Ge strüpp und Kiefern stehen, gegenüber dem Förderschacht am Ltndeberge. Diese sind viereckige Tafeln, gesetzt als Grenze zwischen der Flschgerechtigkeit der Stadt Zittau und der benachbarten Herrschaft Grafenstein. Unter der Schrift, die sie tragen, befinden sich Verzierungen in Form zweier sanfter Bogen, unter denen, jetzt allerdings von Gras stark verdeckt, bourbonsche Lilien sichtbar sind. Diesen bildlichen Schmuck der Steine hält Morawek für das Wappen derer vonStoeh- litz, die damals Grafenstein besaßen. 1. Stein, links des Wassers. Südseite: 1565. säj DI 24.IVsüilj OLK VlM 8l7j7^V ! sttksOL V^s8j8LK OLK V^LI88^6tt s^jkV^KIZ Ostseite: XLOLN OsM N^kl^sVj SLIOMj VLLLKN. Nordseite: Ein großes geschwungenes L Aus der Rundung: Ein Pfeil, der nach dem andern Steine weist. 2. Tafel, rechts des Wassers. Südseite: 1565. ä Oslj 24. IVLV 6KLLL81LINI80tt OLK WLI88^0tt ttLO>V^88LK 6L6L>l OLN 6L8VK6 ^VLN^KI^ 8LIOLN V8LkM. Die in Klammern stehenden Buchstaben sind im Lause der Zeit unleserlich geworden; übrigens hat sich der böh mische Stein bedeutend besser erhalten als der der Stadt Zittau. Im Jahre 1565 scheint die Weißbach also noch recht fischreich gewesen zu sein, daß es sich verlohnte, solche Ab machungen zwischen den beiden Herrschaften zu treffen. Von drei ähnlichen Steinen berichtet uns auch Mora- wek, von einem Pescheck. Sie stehen an der Neiße, in der Nähe der ersten Häuser beim Hartauer Kretscham. Zwei sind sächsisch, 1 Vz Elle hoch und mit eisernen Klammern anein ander befestigt. Der erste hat dieselbe Aufschrift wie die an der Weißbach, auf dem anderen sind nur noch die Worte zu erkennen: KMOVILKI. -V 1665 O. 24. IVH Da im Jahre 1664 dort ein Fischer einen anderen erschlagen hat, war das vielleicht die Ursache zur Erneuerung der beiden. Der böhmische Stein trägt auf der einen Seite dieselbe In schrift wie der an der Weißbach, auf der anderen ist das Wappen der Grafen von Trautmannsdorf zu sehen mit fol gender Schrift: 1665 . .. 16 ... LL6 ... 24. IVLII ,..^...N...0...8...'I'... Ein Teil der Platte steht in dec Erde und hat ebenfalls Auszeichnungen, von denen schon Morawek nur noch das Wort „IMI88L" erkennen konnte. Oberhalb der Schrift — doch immer noch von Erdreich verdeckt — befindet sich ein ausgehauenes Wappen, das in vier Teile und ein Mittelschild zerlegt ist, oben eine Krone trägt und vom goldnen Vließ umgeben wird. Zum Schluffe sei noch eines alten Wasserhäuschens gedacht, das sich bei den ersten Häusern von Neu-Hartau befindet, dort, wo der Weg ins Weißbochtal abgeht. Chronist Eckart, der Historien-Ltebhaber, wie er sich nennt, erwähnt es zum ersten Mal in seiner Beschreibung von Hartau. Es ist achteckig, macht einen wuchtigen Eindruck und paßt vor züglich in die Landschaft. Das oben spitz zulaufende Dach ruht auf ausgekehltem Gesimse. Es dient zur Fassung des Goldbachwassers, wie uns die Inschrift lehrt. An der Seite gegen Norden und der gegen Westen sind zwei mächtige Tafeln eingemauert, an denen sich Inschriften befinden. Da diese nur bet Eckart, in der Lausitzer Monatsschrift von 1797, S. 730 ff. und bei Morawek abgedruckt sind, bei diesem auch noch nicht ganz fehlerfrei, seien sie hier mit deutscher Über setzung der Allgemeinheit übermittelt. Gegen Westen ist zu lesen: „Ouu8 / Lx korrtibus aurei8 ul vuIZUL vocat / in 8^Ivi8 Hurt3vi6N8ibu8 / ariunftw / ^cjua8 / krovifts Kairum Oormcriptorum / 2 ittavien 8ium 6urs / pro 8alute Oivitatm comrnuni / -VnnoIVlOXLIV/ pri- mum in Ordern,'perciuxit /.: Kla8 / -Vnno lVlO66XX VI ^U8pieii8 8enstu8 ^mpli88imi Nttavienms / Eonsueta Liberalitate publica / perennem liberioremq