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Neukircher Heimatmuseum bei der Belagerung von Jeru salem durch Titus 70 n. Ehr., wie aus der Festung Sol daten mit Dreispitz und Zopfperücke Gewehrsalven gegen die Belagerer schießen, die in öer Uniform öer Friederi- cianischen Grenadiere mit hoher Blechmiitze dicke Mörser gegen die mit Kreuzen verzierten Kirchtürme Jerusalems abbrennen. Wie behaglich saß man da auf den ledergepolsterten Stühlen, die sich der Körperform des Ruhenden an schmiegten und ihn so richtig in ihre Arme nahmen. Wir finden sie vor allem viel in Süddeutschland. Nicht berei teten sie den Müden Folterqualen, wie es die späteren „modernen" Stühle taten, die mit der senkrecht aussteigen den Lehne den Ruhenden unbarmherzig ermahnten, daß es bald Zeit sei, wieder aufzustehen, wollte man nicht blaue Flecke an den Schultern und ein steifes Rückgrad als Lohn für die ersehnte Ruhe einheimsen. Auch der große Bauern tisch, der behaglich alle Viere von sich streckte und dessen untere Querriegel gleich als Fußbank dienten, machte einen viel behaglicheren Eindruck, als sein steifbeiniger Enkel. Auch die gescheuerte Lindenholzplatte sah freund licher und sauberer aus, als das mit Rosenmuster be druckte Wachstuch. In die „gute Stube" kam später der ovale Tisch, der auf rundem Stamme mit drei Beinen einen sehr zweifelhaften Stand hatte, und der Eigentümer mußte immer an der einen Seite das Gegengewicht halten, wenn Besuch da war und sich zu sehr auf die andere lehnte, sonst konnte es geschehen, daß dieser für seine Un geschicklichkeit sämtliche Teller, Schüsseln, die Bratenbrühe und das Kompott in den Schoß geschüttet bekam. Tisch und Stühle unsrer Vorfahren waren unverwüstlich und hiel ten viele Generationen aus. Dazu kam die Ofenbank, die jetzt fast ganz verschwunden ist. Das war ein herrliches Fleckchen, wenn es dämmerte, die Arbeit ruhte; denn dazu hatte man damals noch Zeit; dann gingen von der Ofenbank die schönsten Märchen und Sagen aus und er hellten das schummrige Dämmer des Abends mit ihrem strahlenden Lichte. Auch der Nachbar kam zuweilen, und aus den dichten Tabakswolken, die dann um den Ofen schwebten, vernahm man die neuesten Ereignisse, auch Poli tik wurde dort „gemacht". Daß die Alten in ihren Möbel formen praktische Art und Schönheit und Bequemlichkeit verstanden, geht daraus hervor, daß man jetzt wieder be ginnt, auf diese alten Vorbilder zurückzugreifen. Freilich anders war damals das ganze Leben eingestellt, das Hasten und Eilen unserer Tage gab es nicht, man hatte Zeit, die Stunden flössen langsamer dahin. Das sagte uns deutlich die alte Wanduhr, die aus ihrem bunten Kasten mit gemächlichem Tick-Tack den Takt zu dem geruhigen Leben schlug. Als dann der Regulator mit seiner ver schnörkelten Vornehmheit den alten „Seiger" verdrängte und schließlich der Wecker mit seiner nervösen Hast immer „weiter, weiter, weiter" rief und den süß Schlummernden mit herzlähmendem Gerassel ins Dasein zurückrief, war der guten alten Zeit das Todesurteil geschrieben. Jst's Zufall oder eine Wesenseigenhett des Regulators, daß 78 Prozent dieser langbauchigen Geschöpfe hinken? Auf den Schränken und im Topfbrett prangte blitzen des Zinn, der Stolz der Hausfrau. Von der Taufe an alljährlich zum Geburtstage durch die Paten durch ein Geschenk vermehrt, war zur Hochzeit dann eine vollstän dige Einrichtung fertig, bestehend aus 12 Tellern, Schüs seln, Kaffee- und Milchkannen, Bterhumpen beim Kna ben, Rüböllämpchen beim Mädchen. Porzellan war wegen des Preises ein Vorrecht der Reichen und finden wir beim Bauern fast garnicht, dafür waren aber die Ton waren um so beliebter. Braune Krüge aus öer Muskauer Töpferet, graue Humpen mit blauen Wappen und Mustern aus Schlesien, dazwischen wohl auch ein buntbemalter Delfterkrug, alle mit Ztnndeckeln versehen, standen in Reih und Glied, und im Tellerbrett bildete die beste Reihe Zittauer Teller, die mit ihrem großen grünen Blumen muster und der grünlich-weißen Glasur heute noch den Stolz jedes Sammlers bilden. Aus Papier geschnittene und mit Goldpapier unter klebte Glückwünsche, oft ganz erstaunliche Leistungen von künstlerischer Handarbeit, auf Glas gemalte Bilder, Dar stellungen in Bild und Gedicht von der mühevollen und auch segensreichen Arbeit des .Landmannes bildeten den Schmuck der Bauernstube und waren den Photographien und kitschigen Kunstdrucken späterer Zeit weit überlegen. Bunte Vorhänge, keine „Stores", erhöhten die Freund lichkeit des Raumes und ließen das Sonnenlicht noch gol dener einfließen. Wer einmal zufällig noch so eine Bauernstube aus alter Zeit auf dem Lande in einem versteckten Gebirgs dörfchen antrifft, dem kommt zum Bewußtsein, warum der Bauer so fest an seiner Scholle hing, warum ihm sein Gut, sein Heim der größte Schatz war, und in welch nüch terner Zeit wir jetzt leben. Er muß aber auch erkennen, daß man Zeit für Schmuck hatte, als noch nicht die Dutzend ware der Fabriken und Kaufhäuser das Land über schwemmte. Selbst das Ledergeschirr des Pferdes zeigte zierlich aufgenähte Sterne aus Perlen, Muscheln usw., in den Lehmbewurf des Hauses wurde ein einfaches aber geschmackvolles Strichmuster geritzt, den Bretterverschlag des Giebels zierte eine Kante aus rotgestrichenen Kerben, ja selbst der Dreschflegel trug eine eingebrannte Zier leiste und der Holzpantoffel hatte ein rotes Herz auf das Leder gemalt bekommen. Freude an der Arbeit, Liebe zur eigenen Scholle, das waren die Triebkräfte zur Bauern kunst, da beide aber dem Verlangen weichen mußten, viel zu verdienen, so starb diese und zeigt uns nur noch in verblichenen Museumsgegenstänben, was wir ver loren haben. Ben'n Grußeldern Aus „Salberderlabtes" von A. E., Dürrhennersdorf Dr Hedasch-Schneidr, doas woar mei Grußvoatr, und de Hedasch-Schneibrn meine Grußmuttr, un Leede woarn de Elöern vu menner Muttr. Se wohntn goarne weit vum „Drei Starne", un vu uns bis öurtehie — mir wohn ben'n Heedebarge unner dr Woigner-Schmiede — sen's ocke ftmf Minntn. Wie mir nu a de Schule gingn, doo mußt'mer heems- zu de Schoaln mitnahm un hiezu de Milch un de leern Schoalnsäckl. Aber wie mer no ne a de Schule gingn, doo woarn mir Jungn olle dr Neige noach uff ane Zeit unne ben'n Grußeldern. Durt woar ju oo unsr Spielzeug. Nu, un woas fer welchs! Un su vill! Bei uns derheeme hutt'n mer ocke 's Hitschl. Mit dann doad'mer ärschlch a dr Stube rimfuhrwerkn — Lukemottvc macht'mer! Ben'n Grußeldern goabs a ganz Spulkirbl Zeug. A boar Sauln vum Hulzbaukoastn woarn oo derbei, ane Lukemotive mit an rutn, an galn un an grin'n Woigne. Oo a ganzes Durf un anne Schofharde loag drinne. Un wenn dr Grußvotr ne sen 'n Biegldisch brauchte, doo sotzt'- mersch Spulkirbl nuff un uns öerzu. Derno fuhr abr de Eisnboahne — su fix mer'sche ocke be dr Esse ziehn kunntn — de Durfstroaße nuff, im de Kirche un Schule, im de Beeme un Häusr, im de Schofharde, ganz egoal, woas dr letzte Woign imwoarf, dar gewehnlch derquare fuhr. Ane Oarbeit goabs oo moanchmoal. Abern schäln mußt'mer der Grußmuttr mit halfn uff der Ufmbank. A Massr grickt'mer abr niche, vehitte, beleibe! Ma kunnt'ch de Oogn dermitte ausstechn. „Tu se ock su oavbunln!" meent'se. De geschältn Abern koam derno an Maukedoov, derzu no Grienes un Briehe driebr. Doas oalles wurde