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streben, das Schlagmetall nach dem Auslande abzusetzen, wurde durch Zollschranken immer mehr unterbunden. Früher waren Kisten mit Blattmetall nach aller Herren Länder versandt worden. Besonders Amerika war ei» guter Kunde gewesen. Aber nach Einführung der Mac Kinley Bill war es mit diesem Geschäfte vorüber und ein Meister nach dem anderen mußte das Gewerbe aufgeben. Der größte Feind der Lausitzer Handschlägerei aber war die „Schlagmaschine", der „eiserne Knecht" genannt. Schon um 1880 hatte man Maschinen konstruiert, um das Schlagen mit der Hand durch Maschinenkraft zu ersetzen. Doch waren die ersten Maschinen noch nicht imstande, ein gutgeschlagenes gleichmäßiges Metall zu erzeugen. Dauernde Verbesserungen an den Schlagmaschinen wurden durch allerhand Patente erzielt und endlich war die menschliche Erfindungskraft soweit, daß die Schlagmaschine die Arbeit besser und billiger als die Menschenkraft leistete. Kapital kräftige Fabrikanten in Wien und Nürnberg—Fürth stell ten Schlagmaschinen auf und wurden der Lausitzer Hand schlägerei zur unerträglichen Konkurrenz. Während man zur Handschlägerei die teuren Hautformen (Preis 800 Mk.i haben mußte, brauchte man bei der Schlagmaschine nur Papierformen (Preis 6 Mk.). Wenn diese sich auch rascher abnutzen, sie liefern nur 250 „Schlag", während eine Haut form bis 3000 „Schlag" hergibt, so arbeitet die Maschine doch wesentlich schneller. Sie schlägt eine Form von 1400 Blatt in etwa 35 Minuten, während der Handschläger 8 bis 4 Stunden braucht. Dabei ist die Leistung des Hand schlägers nicht immer tadellos, während die Maschine immer erste Qualität liefert. Leider war es den Lausitzer Meistern vor dem Kriege nicht möglich, solche Schlagmaschinen zu kaufen. Die meisten von ihnen hatten kein Geld dazu, außer dem waren die Patente der Maschinen in süddeutschen Händen. So mußten sie der Maschine weichen und ihren Handbetrieb aufgeben. Den drohenden Niedergang suchte man durch Grün dung einer Innung aufzuhalten. Schon im Jahre 1900 wurde die Anregung dazu gegeben. Man faßte einen ent sprechenden Beschluß und reichte die Satzungen beim Rate der Stadt Zittau ein. Da sich die Innung über die ganze Kreishauptmannschaft erstrecken sollte, waren mancherlei Anfragen und Verhandlungen der Verwaltungsbehörden nötig, sodaß erst am 21. April 1901 d^ ^institrrierende Ver sammlung stattfinden konnte. Sie KMannte zum Ober meister B. Hofmann-Zittau, der die freie Innung der Metallgoldschläger im Bezirke der König!. Kreishaupt mannschaft Bautzen bis 1909 leitete. Es traten 16 Mit glieder bei, die 46 Gesellen und 22 Lehrlinge beschäftigten. Im Jahre 1905 umfaßte die Innung 33 Betriebe und da mit das Gewerbe fast vollständig. Der Eintritt betrug 3 Mk., der Jahresbeitrag 4 Mk., das Lossprechen von Lehr lingen 5 Mk. Die Innung wählte einen Prüfungsausschuß und einen Ausschuß für das Herbergswesen und Arbeits nachweis. Nach den behördlichen Akten, die Jnnungsakten selbst waren nicht mehr zu erlangen, war vor allem der Prüfungsausschuß tätig. Er bestand aus einem Vorsitzen den, einem Meister und einem Gehilfen, der vom Gesellen ausschuß gewählt wurde. Zunächst 1903 wollte die Gehilfen schaft den Gesellenausschuß nicht wählen, sondern ihre Tarifkommission als solchen angesehen haben. 1904 fand eine ordnungsgemäße Wahl des Gesellenausschusses statt, der aus 3 Mitgliedern und 2 Ersatzmännern bestand. Die ser schickte dann in den Prüfungs- und Herbergsausschuß seine Vertreter. Die Gewerbekammer genehmigte der Innung die Abnahme von Gesellenprüfungen. Diese be standen aus einem praktischen und einem theoretischen Teil, auf den aber oft verzichtet wurde. Der praktische Teil bestand im Schlagen einer Form, im Schlagen einer Quetsche, Glühen einer Büchse und Auslesen von Schlä gen und wurde von den Lehrlingen, die drei Jahre Lehr zeit hatten, meist gut bestanden. Die theoretische Prüfung fand öfters in der Schule zu Großschönau statt und bestand im Verfassen eines Lebenslaufes, eines Arbeitsgesuches, einer Rechnung, einer Quittung und einer Warenbestellung. Die Zahl der Lehrlinge war im Gewerbe ziemlich groß, sodaß 1907 sogar 19 Lehrlinge sich der Gesellenprüfung unterzogen. Manche Meister konnten, nachdem die Kinder arbeit verboten war, sich überhaupt nur durch Lehrlinge halten. Die Gehilfenschaft arbeitete dagegen und der Lehr- ltngszuzug nahm ab. Bereits im Jahresberichte von 1909 wird über schlechte Geschäftslage geklagt, die zu vielen Ent lassungen führte. Es waren zwar noch 29 Meister vor handen, die Zahl der Gesellen aber hatte stark abgenom men, Lehrlinge waren noch 6 beschäftigt. Der tatkräftige Vorsitzende B. Hofmann legte 1909 sein Amt nieder, der zweite und letzte Obermeister Julius Starke-Zittau konnte bei dem Rückgänge des Gewerbes und der Interesselosig keit der Mitglieder die Auflösung nicht mehr aufhalten, sie erfolgte am 13. August 1911. Die Innung hat also nur 10 Jahre bestanden. Noch kürzere Dauer hatte die Genossenschaft, die von einigen Meistern am 28. September 1907 gegründet wurde. Sie bezeichnete sich als „Ein- und Verkaufsgenossen schaft vereinigter Goldschlägermeister in der Kreishaupt mannschaft Bautzen mit beschränkter Haftung". Sie umfaßte 12 Genossen, die 19 Anteile gezeichnet hatten. Zweck der Genossenschaft war, durch günstigen Einkauf der Rohstoffe und Verkauf der Waren Vorteile für die Genossen zu er zielen und so das Gewerbe zu heben. Doch war der Umsatz so gering, daß 1908 nur 160 Mk. Gewinn und 1909 nur 127 Mk. Gewinn an die Genossen ausgeteilt werden konnte. Schon der 1. Bericht des Verbandsrevisors bezeichnete die Genossenschaft als „einen mißglückten Versuch, einem sehr kapitalarmen Gewerbe auf die Beine zu helfen". Da die kapitalkräftigen Meister sich nicht anschlossen und es der Genossenschaft nicht gelang, beim Absatz den Zwischenhandel auszuschalten, konnte sie ihren Mitgliedern nur geringe Vor teile bieten. Schon am 27. Februar 1910 mußte sie sich auf lösen. Sie stand unter der Leitung von Herman Gulich- Grohschönau und zwei Vertretern. In Großschönau bestand eine Geschäftsstelle bei Meister Hockanf. Vor der Gründung hatte man auf einer Reise nach Fürth die dortigen Ver hältnisse geprüft. Der Krieg versetzte dem absterbenden Gewerbe den Todesstoß. Beschlagnahme des Metalles und Darnieder liegen der Lurusindustrie nötigten auch den standhaftesten Meister, das Gewerbe aufzugeben. Nach dem Kriege kamen die schweren Krisenjahre, die es nicht ermöglichten, die Werkstätten wieder zu eröffnen. Nur noch wenige Meister sind in dem einstigen Hanptorte Großschönau in Tätigkeit. Einer von ihnen ist zur Aufstellung von Schlagmaschinen übergegangen. In Zittau ist das Gewerbe ganz erloschen. Die Handschlägerei ist fast zur Geschichte geworden. Nur noch zwischen vergilbtem Papier findet man das „Schläger lied", das einst bei frohem Feste gesungen wurde und zur Erinnerung mitgeteilt sei: Hoch lebe die Metallschlagkunst Lied für Goldonkel, oder die es werden wollen Frisch zur Hand, Ihr lieben Brüder, Singt ein Lied mit lautem Schall. Preist in Worten recht und bieder Unser funkelndes „Metall", Preist die Kunst, die wir erkoren, Hoch und heilig sie uns sei. Wie zur Kraft sind wir geboren, Hämmern wacker, frank und frei. Ist „gepreßt" und „angeblasen" Unsre „Form", wie's Mod und Brauch, O, bann ist nicht lang zu spaßen. Gleich „füll'«" wir mit „Blättern" anch,