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den. Von 1777 bis 1798 waren die Bewohner immer noch mehr oder weniger nach Nieder-Leutersdorf zuständig. Neuleutersdorf war in diesen Jahren eigentlich nur eine Erweiterung von Nieder-Leutersdorf, dies geht auch dar aus hervor, daß die Häusernummern in Neuleutersdorf nicht bei 1 anfingen, sondern daß daS erste Haus von Neu- leutersüorf die laufende Nummer von Nieder-Leutersdorf erhielt. Von einer selbständigen Gemeinde kann erst vom Jahre 1798 ab gesprochen werden, als der Ort eine Ver fassung und eigene Gerichtsbarkeit erhielt. Die ersten Ge richtspersonen waren: Johann Georg Goldberg, Orts richter,- Joseph Müller und Anton Rösler, Gerichtsschöp pen. In demselben Jahre wurde im Orte ein hölzernes Wegkreuz gesetzt, das von „Gutthätern" angeschafft wor den ist. Im Jahre 1823 wurde das noch jetzt stehende guß eiserne Wegkreuz gesetzt. Als die Häuserzahl im Jahre 1796 auf 30 gestiegen war, machte sich der Mangel einer Schule und einer Kirche bemerkbar. Da die meisten Bewohner katholisch waren, so übte die Geistlichkeit aus Warnsdorf die Seelsorgetätig keit im Orte aus, bis Schule und Kirche gebaut worden waren. Auch sandte die Geistlichkeit aus Warnsdorf einen Lehrer ins Dorf, der Unterricht erteilte in dem Hause des Ortsrichters I. G. Goldberg, dem jetzigen Gasthaus zur Sächsischen Schweiz jvon den Bewohnern die „Pfütze" ge nannt). Auch der Gottesdienst wurde hier abgehalten. Beim Abhalten der Christenlehre im Orte ergab sich das Bedürfnis einer Betglocke. Ein Herr Zacharias Müller aus Rumburg schenkte der kleinen Gemeinde eine Glocke, die jetzt noch, allerdings nach einer Umgießung als Sanktus- Glocke („Glöckel") in Gebrauch ist. Die Glocke hat nach den Aufzeichnungen der alten Kirchenbücher aus einem frei stehenden Gerüst beim Hause des Joseph Müller und dann auf der alten Schule und nach dem Brande derselben (1860) auf einem Gerüst neben dem Hause des Joseph Zosel ge hangen. Die Gemeinde wandte sich nun, um eine eigene Schule zu besitzen, an den Fürsten von Liechtenstein, der auch die Errichtung einer Schule im Jahre 1796 beschloß und das dazu nötige Holz der Gemeinde schenkte. Drei Ge brüder Stolle erstanden das Grundstück von einem gewissen Fröhlich und überließen es unentgeltlich der Gemeinde. Die alte Schule staud auf einem Platze neben der jetzigen, etwas mehr nach Osten zu. Sie wurde mit Schindeln ge deckt und erhielt die schon erwähnte Glocke. Das zum Bau nötige Geld wurde durch Sammlungen und einzelne Stiftungen aufgebracht. Im Jahre 1798 war die Schule fertiggestellt und der erste Lehrer Ignaz Wildner, der schon in Neuleutersdorf unterrichtet hatte, hielt seinen Einzug. Er erhielt zu seinem Gehalt vom Fürsten Liechtenstein 15 fl. Konv.-Münze, 4 Klafter Holz und 6 Metzen Korn. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts hat der Ort Neuleu tersdorf eine etwas eigenartige Berühmtheit erlangt. Es hauste nämlich im Orte eine Diebesbande. Diese Bande wurde besonders durch die Lage des Ortes als Enklave begünstigt. Die Einbrüche wurden in Sachsen verübt und die Diebe flohen in das böhmische Dorf Neuleutersdorf. Der Anführer der Einbrecherbande hieß Hans Georg Palme, nicht wie irrtümlich in den meisten Büchern zu lesen ist: Joseph Palme. Er hat gewohnt im Haus Nr. 71; jetzige Hausnummer 7, Flurstück Nr. 49 b. Palme wurde bet einem Einbruch in Hainewalde getötet, und die Bande suchte sich einen neuen Anführer und zwar wählte sie den wett und breit berüchtigten Johannes Karaseck, der 1765 zu Smichow bet Prag geboren worden war und tm Jahre 1795 als Deserteur in Leutersdorf einzog. Er stand län gere Zeit als Ttschlergeselle in Arbeit. Die Bande unter nahm eine Unmenge von Einbrüchen in die nähere und weitere Umgebung; bis nach Friedland ist die Bande ge zogen. Aus dem Orte selbst unternahm niemand etwas gegen sie, da die Einwohner zum großen Teil Mitbetei ligte waren. Karaseck hielt auf Zucht und Ordnung bei seinen Leuten und nur so war es möglich, daß kein Mord geschah. Der letzte Einbruch, den Karaseck mit seiner Bande unternommen hat, wurde ihm zum Verhängnis. In der Nacht vom 31. Juli zum 1. August 1800 brach Karaseck in das Schloß des Johann Gottfried Glathe in Oberleuters- dorf 1 ein und raubte in größerer Menge bares Geld. Die reiche Beute wurde ihm zum Verderb. Ein Dragoner- Kommando, welches in Hainewalde lag, wurde sofort herbeigerufen und konnte eine Spur finden, die ersichtlich war durch das verstreute Geld. Die Bande wurde fest genommen, und am nächsten Tage durch Verrat der Hauptmann Karaseck. Geld hat man bei ihm sehr wenig gefunden, sicherlich liegt es irgendwo in den Wäldern in der Nähe von Neuleutersdorf vergraben. Heute erinnern noch einige Bilder im Oberkretscham in Leutersdorf und die sogenannte Karaseckschenke an den Räuberhauptmann und somit an die unrühmliche Tätigkeit des größten Teils der Neuleutersdorfer. Eine weitere dunkle Tätigkeit der Einwohner der damaligen Zeit bestand im Paschen. In größeren Wagen, mit Pferden bespannt, wurde die Schmugglerware nachts oder am Tage über die Grenze geschafft. Zahlreiche Episoden aus der Schmugglerzeit wer den noch heute gern erzählt. Wie gefährlich das Schmuggeln war, beweist der Umstand, daß bei einer Schmugglerfahrt drei junge Leute (die „Bäckerlobse") den Tod fanden. Der Ort zählte im Jahre 1823 44 Häuser mit 50 katholischen und 6 evangelischen Familien, wovon 293 Einwohner katholisch und 27 evangelisch waren. Die Enklavegemeinden Niederleutersdorf, Josephs- dorf und auch Neuleutersdorf konnten nicht recht gedeihen und sehnten sich nach einer Besserung der Grenzverhält nisse. Die beste Lösung war die Einverleibung der Ge meinden nach Sachsen, was auch am 12. März 1849 er folgte. Die Abtretung der genannten Ortschaften hätte laut Bestimmungen des Wiener Friedensschlusses eigent lich vom Jahre 1809, schon damals stattfinden sollen, und ist auch die Besitznahme erfolgt durch ein sächsisches Mili tärkommando, aber wegen der Kriegsereignisse, welche eingetreten waren und der damit bedingten Zurückzie hung desselben beim alten Stand der Dinge verblieben. Trotzdem dem Vertrage vom 5. März 1848 bereits unterm 13. desselben Monats sächsischerseits die königl. Genehmi gung erteilt war, so war doch seine Ausführung auch hier wiederum durch das Dazwischentreten politischer Ereig nisse wie Revolution um ein ganzes Jahr verzögert. Die wirkliche Übergabe der Ortschaften Niederleutersdorf, Josephsdorf, Neuleutersdorf und Neuwalde an die Krone Sachsens fand am 12. März 1849, vormittags zwischen 10 und 11 Uhr in Niederleutersdorf im Gerichtskretscharn statt. Dies Geschäft wurde vom k. k. Kreishauptmann Herrn David aus Czaslau als Vertreter Österreichs und dem königl. Kreisdirektor Herrn von Könneritz aus Bu- dissin als Vertreter Sachsens geleitet. Das Patent über die Besitznahme von Nieder- und Neuleutersdorf, Josephs dorf und Neuwalde lautet: Wir, Friedrich August, von Gottes Gnaden König von Sachsen, tun hiermit kund und zu wissen: Infolge der über die Grenzregulierung und den Enclaveaustausch zwischen den Königreichen Sachsen und Böhmen von Uns mit Sr. Majestät dem Kaiser von Österreich getroffenen Verein barungen sind von letztgenannter Sr. Kaiser!. Majestät die bisher zum Königreiche Böhmen gehörigen Ortschaf ten Nieder- und Neuleutersdorf, Josephsdorf und Neuwalde an Uns abgetreten und überlassen worden. Wir haben daher beschlossen, in diesen an Uns abgetrete nen Gebietsteilen durch Unfern dazu mit Auftrag und Vollmacht versehenen Kreisdirektor zu Budissin, Eduard v. Könneritz, Besitz ergreifen zu lassen und solche Unfern übrigen Staaten mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit einzuverleiben. Wir tun dies kraft des gegenwärtigen Patents und erwarten in dessen Folge