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Das eine Haus, das uns die Vorderseite zeigt, Tiro ler Bauart, ist das Herrschaftshaus. Fürst Kinsky, Pardu bitz, schuf sich hier ein Walöidyll. Ihm gehört der Boden bis zur sächsischen Grenze. Das Bodenamt in Prag hat aber genaue Unterlagen sich verschafft, wer weiß, ob die Kinskys noch lange hier pirschen. Links zieht sich am Waldabhange das Dienerhaus entlang. Hirsche gtbt's im Revier, der Versuch mit den angesctzten Gemsen ist nicht gelungen. Es gibt keine mehr. Im Herrenhause hat man eine weitberühmte Sammlung erlegter Auerhähne ange legt. Leider ist uns der Zutritt versagt. Im Jägerhaus, wo der Heger wohnt, rasten wir. Es liegt unmittelbar neben dem Komplex. Die letzten Juni tage wollen offensichtlich gut machen, was ihre Vorgänger unterlassen, aber zum Draußensitzen ist noch nicht die Zeit. Wir suchen die Gaststube auf. Angenehm steigt uns der Duft frischer Kaffeebohnen in die Nase, hier ist gnt sein. Man bringt uns ein frisches Butterbrot, das nach fast dreistündiger Wanderung köstlich mundet. Unsere liebens würdige Wirtin gibt uns gern Auskunft über dies und jenes, und voll Mntterstolz berichtet sie, daß der älteste Sohn Theologie in Prag studiert und bald die Weihe er hält. Es war ein harter Weg bei den heutigen Zeiten! Darin gebe ich meinen Begleitern recht, daß in diesem traulichen Winkel der Frieden Gottes wohnt und nicht ohne tiefen Nachhall ans das Menschenherz bleibt. Die Leute sind ja fast ein halbes Jahr von aller Welt, von allem Verkehr abgeschlossen. Wenn der Frühling kommt, sehen sie wieder Fremde. Bis Dittersbach eine Wegstunde, bis Kretbitz oder Daubitz fast deren zwei, bis Sebnitz gar vier. Es ist nicht für alle Leute, so abgeschlossen zu Hausen. Ein paar Dresdner wollen schier das Gruseln lernen bei diesem Gedanken. Mit ihnen hatten wir einen Heidenspaß. Sicher hatten sie zum ersten Male die Grenze überschrit ten. Sie vermeinten nämlich Polnisch oder Slovakisch zu hören, oder tschechisch, was in ihren Augen dasselbe war, statt dessen redet alles in ihrer Muttersprache. Was doch manche Leute eine Ahnung vom „Auslande" haben. M. M. nach schadet uns diese ganz falsche Vorstellung ungeheuer. Da muß noch viel nachgeholt werden, was soll man da erst außerhalb von Deutschland für Gedanken haben über die Sprachgrenzen! Einig sind wir uns aber, daß die Balzhütte ein köst liches Stückchen Erde ist, so voller Liebreiz, voller Keusch heit, voller Einzigartigkeit. In den Ästen der Baumriesen zwitschert ein lustiges Völkchen und preist in seiner Sprache den Schöpfer da droben, der solches schuf. Die tiefersteigenbe Sonne allein brachte einen Mißton, die schrägeinfallenden Strahlen drängten zum Aufbruch. Aber jeder gelobte dabei für sich, daß der erste Besuch der Balz hütte nicht der letzte war. Fritz Günther, Leutersdorf. TwsOled Nun geb ick nock einmal die stillen Wegs, Wie einst mit dir im keitzen Sonnenbrand. Lin stummes Web wird leise in mir rege . . . lck geb allein ins ferne, fremde Land. Vie vlumen all, die ick zu Kränzen wand §ür dick, mein Lieb, sind nun verblükt, Vie wilden Nasen auck am Waldssrand, Wo unser erster, beiher Kutz geglükt. vurck können wsitzs vebelscklsier weben . . . Zur Lrds ziltterl müd ein welkes IZlatt . . . Und durck den Wald kör' ick ganz leise geben Lin irres Leid, das bei mir löeimat Kat. In deines tiefen vunkels keil'gsn Sründen, O Wald, der unsre junge Liebs sak, Wird meine Seels immer Nuks finden, Lluck in der §srne dir auf ewig nab! <S. Lianp. Bunte Bilder aus Löbaus alter Zeit Bon Georg Schwarz, Bautzen Es ist mitunter unterhaltsam und ergötzlich, das Buch der Geschichte aufzuschlagen und in alten Chroniken zu blättern. Wir stoßen da auf so manches lose Blatt, das vom Leben und Treiben der Bürger und Inwohner von anno dazumal seltsame Dinge zu berichten weiß. Manche Eigenheit und mancher Zwang mögen da geherrscht haben, die wir heute als eine unerträgliche Einengung unserer persönlichen Freiheit betrachten würden. Andererseits er geben sich wiederum interessante Parallelen mit der heu tigen Zeit, die in geradezu verblüffender Weise das Wort des alten Ben Akiba bestätigen, daß es tatsächlich nichts neues unter der Sonne gibt. Schon damals gab es Höchst preise und Preisprüfungsstellen, die manchen Leuten in den verflossenen Jahren soviel zu schaffen machten. Ge sellentarife und Arbeitszettbeschränkungen, unehrliches Gebahrcn und lasterhafte Neigungen, über die die Be hörden der damaligen Zeit in gar beweglicher Weise Klage führen. Ergötzlich zu lesen sind die Berichte über Hoffahrt, Verschwendungssucht und Schwelgerei, die sich namentlich infolge der Nachwirkungen des 30 jährigen Krieges auch in dem heute so züchtigen Löbau breitmachten. In den „Willküren" eines hochwohlweisen Rates zu Löbau findet sich da manche geharnischte Kapnzinerpredigt. Die Hauptbeschäftigung der Bürger der damaligen Zeit war das Handwerk. Handwerk und Gewerbe betrafen darum auch in erster Linie die öffentlichen Verfügungen, Willküren genannt, und in ihrer rechtlichen Bedeutung etwa den heutigen Ortsgesehen vergleichbar. Da werden die Handwerke in große und kleine Handwerke eingeteilt und die Verhältnisse in den einzelnen Innungen bis aufs i-Tüpfelchen geregelt. Eine hervorgchobene Stellung hat ten die Ältesten oder Viermeister (von den Vierhandwer kern, den großen zünftigen Handwerkern herrührendj. Sie übten eine Art Gerichtsbarkeit aus, und was von den Ältesten oder dem Rate befohlen, mußte von den Innungs mitgliedern unweigerlich getan werden. Jede Innung war eine in sich abgeschlossene Genossenschaft, deren Geschäfte bis ins kleinste geregelt waren. Die Aufnahme in ein Handwerk und das Aufrücken in die höheren Stufen war durch allerhand Klauseln erschwert. Der Lehrling mußte durch Dokumente „seine eheliche, ehrliche, untadel- hafte Geburt und Herkommen" beweisen. „Auch sal enn itczlicher, der offgenommen werden wtl, seyn rechter deut- czer Art." Der Geselle mußte mindestens ein Jahr wan dern, die Erwerbung des Meisterrechts war mit bedeuten den Geldkosten verbunden. Der junge Meister mußte un verzüglich Bürger werden und auch sobald wie möglich einen Hausstand gründen. Diejenigen, die es damit nicht so eilig hatten wie die heutige Jugend, wurden mit Stra fen belegt und verloren oft das Metsterrecht. Ein Jn- nungsartikel der Löbauer Schneider besagt: „Es soll auch ein jeder junger Meister nicht länger als ein Quartal ohne ein Eheliches Weib oder ungefreyet sein, bei Verlust des Meisterrechts." Die Zahl der Lehrlinge und Gesellen, die ein Meister halten durfte, war beschränkt. Außerdem mußte er ein Jahr zuvor gemeistert haben. Streng sah der Rat darauf, daß die Handwerker jeden Bürger mit guter und preiswerter Ware bedienten, daß Maß und Gewicht stimmten und keine minderwertigen Zu taten verwendet wurden. Bäcker und Fleischer hatten ihre allmonatlich nachzuprüfendcn Verkaufspreise, die Leine weber mußten ihre fertigen „Leimbden" dem Schaumeistcr vorlegen. Die Lohuverhältnjsse waren fast bei allen In nungen genau geregelt, ebenso die Arbeitszeit, die man aber schon damals anscheinend nicht gern eingehalten hat. Immer und immer wieder trafen beim Rate Beschwer den darüber ein, daß der gesetzliche Feierabend nicht respektiert werde. An den hl. Abenden vor den hohen