Volltext Seite (XML)
Nr. 5 Gberlauflher Heimatzettung zugänglich war. Ttctnus aber hat seine Ausführungen über Rosenthal lateinisch geschrieben, sodaß das Volk seine Über lieferung nicht erst von ihm hat, sondern umgekehrt. Diese Annahme war schon Jahrhunderte vor Ticinus lebendig und hat sich bis jetzt — also fast nach 300 Jahren — ge treulich erhalten. Einer solchen durch Jahrhunderte gleich lautenden Überlieferung kann man eine gewisse Beweis kraft nicht absprechen. Ticinns fährt fort: Zwei Lenkas sein gallisches Weg maß von 1^ röm. Meilen oder 2,22 Kilometern war in Gallien und Germanien üblich, demnach ungefähr 4sH Kilo meter — Anm. d. Verf.) von Komotau entfernt sieht man ein Dorf — an Fruchtbarkeit der Äcker ist nicht gleich ein zweites in Böhmen —, dem das Altertum den Namen L. gab,- das in ihm befindliche neue Gotteshaus, sehr ge schmackvoll nach den Gesetzen der Architektur durch die Freigebigkeit der hochwttrbigen Patres Karmeliter noch nicht vor langer Zeit erbaut, würde auch für Metropolen ein Prachtstück abgeben. Der Bewohnerschaft des Ortes widmete über 20 Jahre außerordentliche Mühe in der Ver waltung des Gottesdienstes R. D. Johannes Jefor- ka; als ich zu diesem den letzten September des Jahres 1689 einen Ausflug unternommen hatte, fand ich in dessen Pfarrei das Bild von Rosenthal durch den gewandten Pinsel eines gewissen Parhasius in Farben dargestellt. Dieses entspreche, wie geschrieben wird, hinsichtlich der ganzen Symetric dem Urbilde (wenn man die Lebhaftig keit der Farben ausnimmt). So nämlich in seinen Berich ten an mich: Admod. Rev. Kind Pracell: D. Donatus Fabricius Senior der Bautzener Kanoniker, der mit jener Gabe Hochwürden besagten Herrn Curatus wenige Jahre vorher beehrte. Gelegentlich der Excursion zeichnete ich genau auf, was ich hier über die Gestalt der Statue unter breite. Deren Länge erreicht zugleich mit dem angefügten Sockel das Maß der viermal genommenen Grundlinie. Der Scheitel der hl. Jungfrau wird von einem aus weißen und roten Rosen geflochtenen Kranze umwunden; das mag jenem Dorfe den Namen Vallis Rosarum, deutsch Rosen thal, wendisch Rozant gegeben haben. Ausgebreitet über den Rücken wallen weit und breit die Haupthaare herab. Die rechte Hand trägt eine Birne, die linke hält das in weißer Blöße schimmernde Jesukinö, dessen zarte Hände einen Apfel halten und jenen von oben und unten um fassen. Das Antlitz der Jungfrau ist schön und liebens würdig, aber bräunlich, doch bei weitem weißer als der ruthenischen, die man die - moskvwitische zu nennen pflegt. Der Körper wird von einem purpurnen Mantel umhüllt, der mit französischen Lilien und ebenso mit Sternchen ge schmückt ist. Die innere Mantelfläche, die wir Unterfutter nennen, ist dunkelblau, der gelbe Saum des ganzen Man tels hat die Ähnlichkeit mannigfach auseinander gezogener Fransen. Im übrigen ist die gebenedettc Jungfrau mit einem ebenso blumenreichen, gelblich verblassenden Ober gewand angetan, das über die Knöchel herabfällt. Umgürtet ist sie mit einem purpurroten Gürtel, der unterhalb der Brust sanft geschnürt ist. Der linke Fuß ist ganz verbor gen und nur der rechte, mit rotem Schuh geschmückt, ragt ungefähr zur Hälfte hervor. Diese Statue ruht auf hölzer nem, das Aussehen des Marmors nachahmendem Posta ment, das sich in den unteren und oberen Teilen rings herum erweitert und in der Mitte deutlich die Gestalt eines Cilinders zeigt. Rev. und Doct D. Matthäus Witzk, A. A. L. L. und der Philosophie Magister, jetzt Kanoniker der edlen und exempten Kirche zu St. Peter in Bautzen, ließ in seiner außerordentlichen Verehrung und Liebe zu dieser Him melskönigin im Jahre 1S87 sie nach dem Urbilde (durch den Schweizer Maler Franz Hersch) abnehmen und über trug mir, der ich damals in Prag weilte, die Angelegen heit Les herzustellenden Bildes. Die Notwendigkeit und die Freundschaft, durch die ich mit diesem Manne aus mehr fachen Gründen hin verbunden war, lieh der Arbeit Flü gel. Zugleich holte ich nämlich die von Pater Wilhelm Gumppenberg die Synopsis der Geschichte hervor, im ersten Teil, Z. 156 des marianischen Atlas, und ließ in lateinischer und deutscher Sprache die andere Seite des Bildes mit etlichen Gebeten bedrucken, mit denen die hl. Kirchenväter einst die himmlische Jungfrau verehrt hatten. Das tat ich in der Absicht, um auch so unsere Widersacher mit ihrer ganz falschen Behauptung zu überführen, daß die Heiligenverehrung eine Neuerung sei; denn auch in der ersten Kirche wurde von jenen Weisen, zugleich Doktores und Primores, in genauer Kenntnis des wahren Sinnes der Schrift die Gottesgebärerin geehrt und deren Hilfe in verschiedenen Nöten augerufen. Auf Kosten des eben genannten Marienverehrers ver fertigte Balthasar van Westerhout, ein Antwer pener aus Belgien und Charlograph zu Prag, ein Bild in Erz, das drei Engel stützten und sechs andere, von einer lichten Wolke vollständig umhüllte Häupter beflügelter Geister umfliegen. Darunter, in entsprechendem Eben maße vom achten Blatte der Linde, sieht man die Kapelle der Jungfrau mit dem angeschlossenen größeren Gottes haus. Unter allem diesen findet sich das Chronograph, das sowohl ganz kurz an die Geschichte anspielt, als auch das Jahr 1687, in dem dieses Bild wieder hergestellt wurde, in sich begreift: Miraculosa Christi genitricis statua in celebri Hexapoleos tilia Rosenthalenst inventa - die wundersame Statue der Mutter Christi, gefunden auf der berühmten Linde von Rosenthal im Gebiete der sechs Städte. Schon vor Zetten war dieses Bild auf Kosten eines Marienverehrers in Kupfer gestochen. Gleichwohl kann man auf Grund eines, 14 Tage vor dem Tode zu Brünn verfaßten Briefes annehmen, daß P. Georg Molitor S. I. im letzten Jahre seines Lebens für die erste der artige Verfertigung geeifert habe; nachdem er im selben Jahre durch wiederholte Schriften und Beihilfe von zahl reichen Goldstücken die Herausgabe der durch göttliche Fügung zu Rosenthal geschehenen Wunder zu fördern unternommen hatte und nachdem bereits damals das über diesen Stoff verfaßte Buch dem hochwürdigsten Herrn Christophorus Re in Held als dem Ordinarius des Ortes zur Approbation überreicht war, schrieb er in der Meinung, am Ende des Lebens mit rascherem Eifer die Sache betreiben zu müssen, am 25. November des Jahres 1661 von Brünn an einem von uns in Prag außer ande rem dieses: Ich teile Euer Revernz die neuen, jüngst mir gesandten Wunder von Rosenthal aus der Lausitz mit. Vielleicht werden auch diese in die Hand des eifrigen Herrn Dekanus zur Approbierung gelangen. Einstweilen bitte ich Euer Revernz, sich die Herstellung des Bildes selbst ernst lich angelegen sein zu lassen. Für jetzt wird es wohl ge nügen, es in Oktavform herzustellen, damit es dem Buche mit den darin enthaltenen Wundern und Gebeten ent spricht. So jener. Überaus unangenehm empfinde ich es, daß die Aufzeichnung der Wunder in dem erwähnten Briefe verloren gegangen sei. Um dieselbe Zeit erschien von Smischek in Kupfer gestochen das Rosenthaler Bild, dessen übereilte Arbeit noch heute vielen ein Gegenstand des Spottes ist, der auch in Dichterversen zum Ausdruck kam. — Im Jahre 1690 ließ der yochwürdige Georg Franz Sende, Vorsteher des hl. Ortes, wiederum dieses Bild Lurch den Maler Westerhoutius vom Original abnehmen und es in Kupfer stechen zu Prag und zwar in derselben Größe, die das Urbild der Statue besaß. So steht nun die Jungfrau in der Mitte des Blattes in erhabener Majestät. Aus dem Vorstehenden kann geschlossen werden, daß das Gnadenbild wohl an 1000 Jahre besteht. Welch ge wichtiges Moment ist doch ein solcher Zeitraum! Mehr als die Hälfte der geschichtlichen Entwickelnug seit Lhrifti Ge-