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Eduard Kauffer und sein „Gruß an die Lausitz" Dem Gedenken eines Oberlausitzer Heimatdichters Schon manches Lied und Gedicht ist, wie könnt' es an ders sein, zum Preise unserer schönen Oberlausitzer Heimat gesungen worden,' sie alle sind aber, soweit ihre Ent- stchungszeit weiter zurückliegt, der mehr oder weniger ver dienten Vergessenheit anheim gefallen. Nur eins von ihnen macht eine Ausnahme, das ist der Kauffersche „Grnß an die Lausitz", der in der vorzüglichen Vertonung des Lö bauer Kantors Klose <1821—1870 dort) als vier stimmiger Satz für Männerchor nach wie vor ein wesent licher Bestandteil in den Vortragsfolgen unserer heimischen Gesangvereine geblieben ist. (Aus neuerer Zeit stammt eine Vertonung für eine Singstimme mit Klavierbegleitung von Arthur Hoffmann-Zittau). Wenn es nun sicher ist, daß Kauffcr als Dichter, auch als „Heimatdichter", nicht von überragender Bedeu tung ist, so berechtigt doch seine immerhin stattliche Zahl zum Teil recht ansprechender Dichtungen, die ein bestimm tes heimatliches Gepräge tragen, der Person des Dichters einmal mit einigen Worten zu gedenken. In die engere Heimat desselben, in das bergumkränzte „Wehrsdorfer Tal" im „Mittellausitzer Berglande", versetzt uns die dritte Strophe des schon genannten Grußgedichtes an die Lausitz: „An deiner Brust ward ich geboren, Die Bergtrift sang mein Wiegenlied, Und tretend aus granitnen Toren Sang es die gold'ne Sage mit. O Kinderzeit, o Märchengrauen, Stets heilig bleibt mir euer Tand . , . Hoch, liebster mir vvn allen Gauen, Lusatia hoch, mein Heimatland!" Der äußere Lebensgang des Dichters ist kurz folgen der: Eduard Kauffer wurde am 8. Januar 1824 zu Wehrsdorf in der sächsischen Oberlausitz geboren, er besuchte seit 1837 das Gymnasium zu Bautzen und stu dierte von 1844 an in Leipzig Theologie. Er widmete sich aber später, seit 1848, ausschließlich literarischen Arbeiten und verkehrte viel mit Hereoßsohn, an dessen „Komet" er Mitarbeiter war. Ferner lieferte er Beiträge in Gestalt von Novellen und Gedichten für das damals weit verbrei tete Spottblatt „Charivari" von Ottinger. Später lebte er teils in Nürnberg, teils in Dresden, Chemnitz nnd Leip zig, wo er auch eine Zeitlang die Schriftlettung der „Glocke" in der Hand hatte. Zuletzt hielt er sich in Neuschönfeld bei Leipzig auf, wo er am 13. April 1874 verstarb. Von Gedichtsammlungen hat Kauffer in 25 jährigem literarischen Schaffen veröffentlicht: 1850 „Gedichte" <1861 in zweiter Auflage), 1852 Buch der „Refrainlieder", 1854 „Jesushymnen" faltchristliche lateinische Gesänge in deut scher Übertragung), 1854 „Aus der Lausitz, neuere Gedichte von E. K." und 1874 „Gottesminne", Gedichte. Auch meh rere „Anthologien" sind von ihm herausgegeben worden, so 1852 ein „Buch religiöser Lyrik", eiu „Buch der Sonette" und ein Band „Was unsere deutschen Dichter sangen". „Erzählungen" und „Novellen" sind aus seiner Feder zwei Sammlungen erschienen, 1852 das Bändchen „Der treuesten Frau" und 1862 die beiden Bände „Am heimischen Herd" fl und 2). Leider sind diese, die wahrscheinlich Bearbeitun gen heimatlicher Stoffe enthalten, nicht mehr anfzutreiben. Als Dichter ist Kauffer wohl am besten der „nach romantischen Richtung" zuzurechnen. In bezug auf Sprache und Behandlungsstoffe finden sich, wie bei vielen seiner Zeitgenossen, auch bei ihm starke Anklänge an die dichte rischen Erzeugnisse der romantischen Schule. Wie seine Vor bilder gießt auch Kauffer gern heimatliche Sagenstosfe in eine dichterische Form, er behandelt Oybinsagen in mehreren Gedichten, einzelne Sagen des Löbauer Ber ges, der Stadt Bautzen, der Burgruine Kirschau, des Czorneboh, wendische Sagen und andere mehr. Sie sind zum großen Teile abgedruckt in den Büchern „Gedichte" (1850 und 1861) und „Aus der Lausitz, neuere Gedichte" <1854). Obwohl der Dichter in seinem späteren Leben fast immer in Orten fern von seiner oberlausiher Heimat geweilt hat und nur bei Gelegenheit kürzerer Be suche ihren Boden bisweilen betreten hat, so hat ihn doch allezeit eine starke Heimatliebe und Heimatsehnsucht be seelt, der er in zahlreichen Gedichten beredten Ausdruck verliehen hat. In seiner Dichtung „Das Vaterhaus" ge denkt er seiner Heimat im engsten Sinne des Wortes, des alten Wehrsdorfer Schulhauses, in dem sein Vater 42 Jahre hindurch, von 1820 bis 1862, als treuverdienter Lehrer gewirkt hat und in dem er 1824 das Licht der Welt erblickt hatte. Die Eindrücke der Kindheit, die Eigenart und Schönheit des landschaftlichen Gepräges der näheren und weiteren Umgebung seines Geburtsortes haben ihn später zn mehreren Poesien angeregt, deren einer die Be merkung beigefügt ist: „Auf dem Kälberstein bei Crostau geschrieben, auf dem sich eine malerische Aussicht nach Nor den darbietet, und sich vor dem Auge der bunte Teppich der Landschaft bei Bautzen und weiter aufrollt." Mag dem heimatlichen Literaturfreunde so manches der Kaufferschen Gedichte als beachtenswert erscheinen, weiteren Kreisen bekannt und volkstümlich geworden ist eigentlich nur sein, der 1854 veröffentlichten Sammlung „Aus der Lausitz" voranstehender „Gruß an die Lausitz". Dieser sei noch an dieser Stelle unter Ausschluß der be reits gebrachten dritten Strophe wiedergegeben. „Es liegt ein Gau in Deutschlands Grenzen, Klein nnd doch unvergleichlich schön: Die Ebnen ziert ein Schild von Kränzen, Und Lust der Wälder schmückt die Höhn. Hier murmeln Bäche durch die Auen, Dort strömen Flüsse durch den Sand . . . Hoch, liebster mir von allen Gauen, Lusatia hoch, mein Heimatland! Wohin das Schicksal mich getrieben, Gleich stark im Kummer wie im Glück, Zog mich zu dir ein brennend Lieben Wie zur Geliebten still zurück. Nur deinen Himmel sah ich blauen, Wo über mir ein Himmel stand . . . Hoch, liebster mir vvn allen Gauen, Lusatia hoch, mein Heimatland! Durch deine Fluren will ich wandern, Vertrau'« dir, was der Welt noch frommt, Von einem Hause ziehn zum andern, — Heil dir, der mir entgegenkommt! Den Männern allen und den Frauen, Den Mädchen Gruß und Druck der Hand . . . Hoch, liebster mir von allen Gauen, Lusatia hoch, mein Heimatland! Mir sagt der Geist, es nahen dir einst Stunden, Die in sich bergen rotes Weh — O schütze dann, dich Gott vor Wunden, Ob auch dein treuster Sohn vergeh! Gebt ihm ein Grab nur, süße Auen, Ein Grab, gefüllt mit eurem Sand . . . Hoch, liebster mir von allen Gauen, Lusatia hoch, mein Heimatland!" Möge solch tiefgründiges Heimatbewußtsein und so wurzelstarke Heimatliebe, wie sie sich in vorstehendem Ge dicht aussprechen, niemals unseren oberlausitzer Stammes- genossen verloren gehen! O. Sch.