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Blaitex füx ^eimaikunöe. ScHristleitung unö Geschäftsstelle m 'Reichenau,Sa. NennfprvcherNr ris Geschickte, ^KunstLiteratu^ Drucf u.Verioo^Älwin Marx (Inh.vstoMarx) Südiauft^ee Nachrichten, Reichenaus Sa Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Dbsrlausitz-Vautzsn, der Gesellschaft für Heimatkunde Hoyerswerda, sowie des Verbandes »Lujatia" der Humboldt-, Fortbildungs- und Gebirgsvereine der Vberlausitz. Hauptschristleitung Dtto Marx, Reichenau, Sa., unter Mitwirkung bewährter Heimatjchriststellsr. Manuskripten ist Rückporto beizusügen, da sonst ein Anspruch aus Rücksendung nicht besteht. Unberechtigter Nachdruck au» der „Dberlausitzer Heimatzeitung" wird strafrechtlich verfolgt. Erfüllungsort und Gerichtsstand für Bezieher und Inserenten Reichenau, 6a. Postscheckkonto: Leipzig Nr. 27534. Bankverbindung: Gewerbebank und Girokasje Reichenau Nr. 1ö. Allgemeinen Deutschen Lrsdit-Anstalt, Sittau. Nr. IS 5. August (Ernting) 1S28 Gberlausitzsr Dank, Abteilung der j -.Jahrgang Zur 1000-Zahrfeier des Wallfahrtsortes Rosenthal Örtliche 1000-Jahrfeiern zählen zu den Seltenheiten, selbst in Mittel- und Westdeutschland gehört es nicht gerade zu den häufigen Erscheinungen, daß ein Gemeinwesen auf ein geschichtlich fest beglaubigtes Bestehen von 1000 Jahren zurückblicken kann. Und nun in Ostdeutschland, hier liegen die Verhältnisse noch weniger günstig. Bekanntlich gedenkt Meißen im nächsten Jahre die Feier seines in diesem Falle wohlbegründeten 1000 jährigen Bestehens zu begehen. In unserer Oberlausitz hat bisher kein Ort ein solches Fest veranstalten können, hier müssen wir uns mit 700-Jahr- feiern, im Ausnahmefalle einmal mit einer 800- oder 900- Jahrfeier begnügen. Und nun tritt 1928 eine heimatliche Ortschaft mit einer 1000-Jahrfeier auf den Plan und sucht dieses Gedenkjahr durch eine ganze Reihe von Festlich keiten, die zum Teil schon ihren Anfang genommen haben, auszuzeichnen. Hier darf nun freilich nicht verkannt wer den, daß bei unserer in Frage kommenden Stätte in ihrer Eigenschaft als Wallfahrtsort in erster Linie die „Legende" zu Worte kommt und an zweiter Stelle erst urkundlich be legte Tatsachen ins Feld zu führen sind, daß wir uns im Höchstfälle mit Ausnahmen und geschichtlichen Wahrschein- lichkeitsgrttnden abfinden müssen. — Das erste einwand freie Auftreten eines Ortes der Oberlausitz ist der von Thietmar von Merseburg im Jahre 1002 genannte Name der Landesfeste „Budtssin" oder Bautzen, im 11. Jahrhun dert finden dann eine Anzahl weiterer Ortsbezeichnungen ihre erstmalige Erwähnung, ebenso im folgenden. Bedeutend größer wird der Ortsnamenbestand im 13. Jahrhundert, zu welcher Zeit zahlreiche deutsche Neugründungen neben den schon lange vorhandenen altwendischen Siedelungen ge nannt werden. Vervollständigt wird unsere Ortsnamen kenntnis dann noch im 14. Jahrhundert, während es sich im IS. nur noch um vereinzelte Fälle handelt. Unser Rosenthal erfährt erst tm Jahre 1350 seine früheste urkundliche Bestätigung. Zu diesem Zeitpunkte ver kaufte ein Johann von Doberschütz „drei Hufen" des k Dorfes Rosenthal an den „Pfarrer Johann zu Neukirch" für das Hospital zu Kamenz. 1506 veräußerte „Caspar von Schreibersdorf" auf Neschwitz den übrigen Anteil an das Kloster Marienstern. Die Familie „von Doberschütz" (benannt nach dem Dorfe Doberschütz bei Neschwitz) ist dem nach die ältestbekannte Ortsherrschaft von Rosenthal. Wann ist aber die wirkliche Gründung des Ortes erfolgt, ist er eine altwendische Siedelung oder ist er erst in bedeu tend späterer Zeit, in der Zeit der deutschen Kolonisation im 13. Jahrhundert entstanden? Eine sichere Beantwortung dieser Frage würde natürlich auch für die Altersbestim mung unserer Wallfahrtsstätte von Wert sein. Hier mutz nun freilich gesagt werden, daß es mit den heutigen wis senschaftlichen Hilfsmitteln kaum möglich ist, mit Gewißheit auf die Entstehung eines jeden Ortes schließen zu können. Während der Ortsflurenforschung zufolge die Gründung des Dorfes sehr wohl in die Zeit von 1200 bis 1300 gesetzt werden kann, könnten die slawischen Namensdeutungen des Ortes und seine zahlreichen ausschließlich wendischen Flur namen auf eine slawische Gründung deuten. , Wenn wir demnach vom Standpunkte der streng ge schichtlichen Heimatforschung auf Alter und Entstehung unserer Wallfahrtsstätte keine bestimmten Schlüsse tun können, die eine so seltene Erinnerungsfeier als gerecht fertigt erscheinen lassen, so erscheint eine solche in ganz anderem Lichte, wenn wir die Anhaltspunkte hierzu auf dem Gebiete der religiösen Überlieferung, der Legende, suchen. Auf diesem Boden, aber nur auf diesem, ist der artigen Jubiläen ihre Berechtigung nicht zu versagen, so fern sie, dies sei einschränkend hinzugefügt, einer gewissen geschichtlichen Wahrscheinlichkeit nicht entbehren. Inwie weit dies bei unserem Rosenthal der Fall ist, sollen die fol genden Zeilen darzutun versuchen. Hier ist nun zuerst der frühesten Fassung der G r ü n d u n g s le g e n d e, die sich in dem vielgenannten ältesten Werk von Rosenthal von Ticinus (Epitome historiae Rosenthalensis usw., Pragae 1962) vorfindet, zu gedenken. Sie berichtet folgendes: „Als Kaiser Karl der Große mit seinen Mannen die Lausitz durchstreifte, um den Götzendienst der Wenden zu zerstören und die Heiden zu Jesu Christo zu führen, da