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Nr.lj Abstieg ohne Unfall. Allerdings schleppten die braven Wan derer ein gut Teil teuren Heimatbodens an den Stiefeln mit fort. Bald war Sohland und der östlich des Dorfes führende aussichtsreiche Feldweg und schließlich auch der Reichenbacher Bahnhof erreicht, wo die Hauptkolonne der Lusatia bereits mit sanfter Ungeduld erwartet wurde. Die Reichenbacher Vereinigung für Heimatkunde mit dem bekannten Schriftsteller Otto Schöne an der Spitze hatte alles aufgeboten, um ihren Gästen den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Für die vormittags ein getroffenen Besucher waren bereits mehrere Führungen veranstaltet worden. Besondere Beachtung fand hierbei eine auf dem Töpferberg aufgestellte Aussichtstafel, die von der Firma Br. Winkler gespendet und von Herrn Eger jun-geschmackvoll ausgeführt worden ist. Die Neu ankömmlinge wurden nach dem ehrwürdigen Gotteshause, einer echten und rechten Wehrkirche, geführt,-die den wilden Hussitenstürmen getrotzt hat. Heute lohnt ihre Besichtigung vermöge der schönen Barock-Epitaphien, die darin Auf nahme gefunden haben. Auch dem sehr reichhaltigen Hei matmuseum, das neuerdings wesentlich günstiger und über sichtlicher untergebracht werden konnte, wnrde ein Besuch abgestattet, bevor die Festsitzung begann. Diese fand von 4 Uhr ab in dem geräumigen Saale des Fremdenhofs zur Sonne statt und wies einen derart starken Besuch auf, daß bald der letzte Stuhl besetzt war. Nach einem einleitenden Festmarsch des fleißigen und lei stungsfähigen Orchesters nahm Otto Schöne das Wort, um die hochansehnliche Versammlung willkommen zu hei ßen. Dann widmete Herr Bürgermeister Ja ehner namens der Einwohnerschaft und der städtischen Körper schaften dem Verbände Lusatia Herzliche Worte der Be grüßung. Er fand dabei den Ausdruck wärmster Anerken nung für die besonderen staatspolitischen und kulturellen Leistungen Sachsens, die sich namentlich auf den Gebieten des Schulwesens und des Straßenbaues äußern, pries die reichen Kunstschätze des Nachbarlandes und gedachte mit Ge nugtuung der weitgehenden Gastfreundschaft, die die Stadt Zittau den Teilnehmern des in Görlitz abgehaltenen deut schen Städtetages erwiesen habe. Er begrüßte den Verband Lusatia in seiner umfassenden Tätigkeit als einen Schritt macher auf dem Wege zum Einheitsstaat und bezeichnete es als eine hohe Ehre für die Stadt Reichenbach, daß ihre Vereinigung für Heimatkunde als erste zielverwandte Körperschaft der preußischen Oberlausitz in den Verband ausgenommen morden sei. Den Dank des Verbandes für diese ehrenvolle Anerkennung und die außerordentlich liebenswürdige Aufnahme kleidete der zweite Vorsitzende, Herr Ebert-Eiban, in geziemende Worte und bezeich nete es als die vornehmste Pflicht des Verbandes, die Liebe zur Lausitzer Heimat zu pflegen. Alle drei Ansprachen fan den in der Versammlung lauten Widerhall. Die Festsitzung war mit einem künstlerisch sehr hoch wertigem Programm ausgestattet, zu dessen Durchführung die Görlitzer Zweigniederlassung der Löbauer Pianoforte- fabrik August Förster einen vorzüglichen Konzert flügel zur Verfügung gestellt hatte. Fräulein Fehniger und Herr Rektor Dreßler als vorzügliche Violinsolisten, Fräulein ' Gttterbvck als hochbefähigte Liedersängerin, Frau Studienrat Fehn iger und Frau Fabrikbesitzer Grießdorf als schmiegsame Begleiterinnen am Flügel boten schlechthin ausgezeichnete musikalische Leistungen. Dröhnende Heiterkeit verursachte die ganz brillante Wieder gabe der köstlichen dramatischen Szene „Der Bergkrach" von Paul Keller, die schon durch das gestellte Bühnenbild verblüfft. Wir sahen vor uns ein Riesenpanorama der Su detenberge,' hinter jedem Gipfel lugte ein lebender Men schenkopf hervor, der als Verkörperung des betreffenden Berges zn gelten hatte. Im Vordergrund lauert der Zob- ten als buckliger grauer Philister und beginnt in höchst un galanter Weise gegen Frau Schneekoppe mächtig zu stän- N5 keru. Darob erhebt sich eine wüste Auseinandersetzung, an der sich alle Berge beteiligen, bis Gottvater den Streit persönlich schlichtet. Aber der ruppige Zobten muh doch das letzte Wort haben. Zum Schluffe kam noch eine Gruppe ganz entzückender Volkstänze, die von nicht minder ent zückenden jungen Damen dargebvten wurde. Unter dieser überreichen Fülle kamen zwei ziemlich an den Schluß der Vortragsordnung gestellte Punkte leider einigermaßen ins Hintertreffen, vor allem der ganz aus gezeichnete Vortrag des Herrn Rektor Hartmann-Gör litz, der seine glänzenden Ausführungen zu dem Thema „Vom Wandern und Schauen in der Pflan zenwelt der Heimat" im Hinblick auf die vorgeschrit tene Zeit in die knappste Form kleiden mußte. Seine warm herzigen und rhetorisch vorzüglichen Darlegungen waren ein Genuß, den man gern noch viel länger ausgekostet hätte. Der geschäftliche Teil, der an sich nicht viel Zeit be anspruchte, mußte ebenfalls einigermaßen über das Knie gebrochen werden, da viele Teilnehmer von auswärts nach Maßgabe der Zugverbtndungen den Schluß der Tagung nicht abwarten konnten. Die Feststellung der Anwesen heitsliste, die nicht früher vorgenommen werden konnte, ergab, daß außer den Reichenbachern mit rund 300 Per sonen noch 20 auswärtige Vereine mit 160 Vertretern zu gegen waren. Herr Ebert gab einige Eingänge bekannt, darunter eine Einladung zur Beteiligung an der für 1929 in Dresden in Aussicht genommenen „Jahresschau deutscher Arbeit". Der Anregung soll näher getreten werden. Den Dank des Verbandes an die Stadt Reichenbach, den fest gebenden Verein und die mitwirkendcn Künstler für die großartige Ausgestaltung der Tagung brachte der Unter zeichnete in seiner Eigenschaft als Verbanösschriftführer unter lebhafter allseitiger Zustimmung zum Ausdruck. Er knüpfte an die Rede des Herrn Bürgermeister Jaehner an und betonte, daß der Verband alle ziclverwandten Vereine der preußischen Oberlausitz sehnlichst zu Mitglie dern begehre, da es für die „Lusatia" ebenso wenig wie für die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften und die Gesellschaft für Lausitzer Schrifttum die trennende Linie gäbe, die der Diplomatenvorwitz des Wiener Kon gresses quer durch die Lausitz gezogen habe. Unsere Lausitzer Heimat müsse für alle Zeit ein unteilbares Ganzes bilden. — Gern wurde von dem Wunsche der Dresdener Lands mannschaft der Lausitzer Kenntnis genommen, die Wander versammlung des Jahres 1932 möge als Tagungsort die sächsische Hauptstadt vorsehen, wobei gleichzeitig das zwan zigjährige Jubiläum der Landsmannschaft begangen wer den soll. Diesem Ersuchen wird selbstverständlich nach Mög lichkeit entsprochen werden. Unter lebhafter Zustimmung der Versammlung nahm der Verleger des Verbandsorgans, Herr Otto Marx-Reichenau, in nachdrücklichster Form gegen das unerhörte Konkurrenzmanöver eines Nieder lausitzer Unternehmens Stellung, das neulich völlig aus der Lust gegriffene Behauptungen über das angebliche Ein gehen der „Oberlausitzer Heimatzeitung" verbreitet und dazu benutzt hat, die dringende Daseinsnotwendigkeit sei ner eigenen Zeitschrift zn begründen. Schließlich brachte noch Herr Kittel-Zittau einige Wünsche betreffs Mar kierung von Verbandswegen zur Sprache. Über Sen Verlauf der wohlgelungenen Tagung, die allen Teilnehmern in angenehmster Erinnerung bleiben wird, herrschte nur eine Stimme der Anerkennung. Bruno Reichard. Zu beziehen durch die Geschäftsstelle der Oberlausitzer Heimatzcitung Achi Hslnmibdrisn (Tuschzeichnungen) von Dichard Mättig, darstellend alte Kirchen der engeren Heimat, sowie Schloss Neuhörnitz mit kurzen geschichtlichen Erklärungen, für 25 Pfg. Hbevlaufltzev Heimatzeitung