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oder: „1472 erschien abermahl ein Comet, welcher er- schröcklich ganzen 6 Wochen anzusehen war, darauf folgete Pestilenz und Hunger an vielen orthen." Ob auch bei uns, darüber schweigt der Chronist; dagegen berichtet er vom Jahre 1463: „Ist ein groß Sterben in der Zittau und der ganzen Gegend gewesen, in zweyen Tagen sind in der Stadt mehr denn 300 Menschen gestorben, also daß die Stadt fast wüste und leer worden und man die Thore zuschliessen müssen, das meiste Getreyde hat auff dem selbe bleiben und verderben müssen." Zwanzig Jahre später hat die schreckliche Seuche in Bautzen gewütet: „1483 umb Peter Kettenfeier halt es zu Bubißin sehr angefangen zu sterben, welches zwey Jahr nach einander gewehret, in welcher Zeit über die 6000 Men» scheu gestorben, hernach darauf ist eine grosse Theurung ein gefallen, daß man 1 Scheffel Korn umb 44 Groschen be zahlen müssen, der zuvor 6 gegolten. In diesem Sterben halt es umb Budißin auff 3 Meilen Weges in Städtlein und Dörfern gar sehr gestorben, die leichen haben Sie auff grossen Wagen hereingeführet, welche man aufs dem Markte gesamlet, da ist auff selbem Plaze bis ans Lauentor alles voll leichen gestanden, die hernach umb Vesper Zeit zu sammen auff etnmahl begraben worden. 1496 halt allhier zu Löbaw die Pest dermassen zu wütten angefangen, daß in der Stad 46 Wirthe hingerissen worden sind. Nicht minder ereignete sich auch die erfchröck- liche Seuche der Pestilenz in Budißin, welche sich umb Margrethen (13. Juli) angesangcn und biß Omnium sso- rorum (Allerheiligen) gewehret. 1508 war ein gros sterben in Zittau, daß über die 300 Menschen stürben, welches das Mittelsterben genennet worden." Bon 1519—21 sollen in Bautzen wieder gegen 4000 Menschen von dem Würgeengel der Pest dahingerafft wor den sein. Sogar die Ratswahl 1521 mußte deswegen aus gesetzt werden, auch die Domherren ergriffen die Flucht und suchten wie die Ratsherren Zuflucht aus dem Lande zu finden. Freilich wurde das ihnen nicht leicht; denn in der Angst oorAnsteckung verschlossen ihnen die Leute meistTorundTUr, und gar ost mußten die stolzen Herren ihre Herkunft oer- leugnen, um ein Unterkommen zu finden. „1553 Ist ein theuer und schwer Jahr gewesen und hat in Budißin, Görliz, Reichenbach und auff vielen Dörffern, ja gar nahe umb diese Stad (---Löbau) gestorben, dahero das Brauen und Handthieren totaliter darnieder gelegen und alles fast theuer werden wollen." Diesmal war also die Gefahr an unsrer Stadt noch gnädig vorüber gegangen, aber bald erschien am Himmel wieder ein drohendes Zeichen, eine „Zuchtrute Gottes", und ließ die Menschenherzen vor kommendem Unheil erbeben. „ 1567 Ist ein erschröcklicher Comet etliche Monat erschienen, welcher sonder allen Zweiffel die nachfolgende Pestilenz an gedeutet. Dies Jahr ist eine ungewöhnliche Theuerung ge wesen, so daß alle Victualien umb einen hohen Preiß be zahlet werden müßen. 1568. Dies Jahr wütete fast aller orthen die greuliche Seuche der Pestilenz und fiel unter anderen auch diese gutte Stad an, maßen sie bald nach Pfingsten ihren Anfang nahm und so grausam forisezte, daß in der Stad, Vorstädten und eingepfarrten Dörffern in die 1100 Personen verfielen, dahero es noch bis auff heutigen tag das grosse sterben genennet wird und ist wohl würdig zu gedenken, daß unter der obgesetzten Summa insonderheit begriffen: Der BürgermeisterThomasam Ende, den ein Ehrlicher Rathsmann, welcher das Verzeichnis der Ver storbenen gehalten, zu seinem unauslöschlichen Lobe rühmet: Er sey gewesen ein getreuer verständiger Regente, der vor die Wohlfart der gemeinen Stad sein Leben auffgesezet, das heisset: auch nach dem Tode leben. Der Erste Evangelische PfarrherrHerrM.Caspürus Beatus (---Seliger), diesen rühmet gedachter Raths freund in angezogenem Verzeichnis nicht minder: daß er ein friedfertiger Mann gewesen, und dieser Stad in die 18 Jahr lang mit Lehren und Predigen treulich vor gestanden. Item Herr Martinus Risius, der deutsche (muß heißen:wendische) Diakonus und andere sich anher ge wandte Priester mehr, ingleichen auch die Schul Colleges, daß Johann Schlockwerder, Senior Baccalaureus zur selben Zeit mit dem Organisten die Schule alleine ver sorgen müssen. So ist hierbei; des zu seiner Zeit wohl berühmten Stadschreibers Herrn M. Hieronymi Nostwizes nicht zu vergessen, der gleichfalls in der giff- tigen Contagion (— Ansteckung) verstorben." Diese traurigen Begebenheiten hat der Kantor Magister Peter Stlller aus Löbau, der 1569 Ratsherr wurde und später als Pfarrer in Bischdorf lebte, in lateinischen Versen der Nachwelt überliefert. Die Zittauer Stadtbücherei ist im Besitz dieser ersten Druckschrift, die Nachrichten zur Geschichte Löbaus bringt und deren Titel lautet: Lpitspkis reverenciorum et pruüentium virorum keliciter in Otirwto ciekunetorum unno 1568 sud Ars8- sationem pe8tis 8S6vi88ims6. Scripts s N. ?etro Ltulero Uobsvierwe. 8ucli88ins6. ?er'4okunnem ^Volrsb. ^nno 1570. (Grabschriften der ehrwürdigen und weisen Männer, die selig in Christo entschlafen sind im Jahre 1568 beim Wüten der schrecklichsten Pest. Geschrieben von Magister Peter Stüler aus Löbau. Bautzen. Bei Johann Wolrab. 1570.) Nach einem Epigramm an den Verfasser von seinem Bruder, dem Mag. Franziskus Stulerus, Diakonus in Frantffurt, folgen Lobpreisungen der verstorbenen Caspar Beatus, Thomas Amandus, Martinus Risius und Mag. Hieronymus Nostitius. Rühmend wird der überlebenden Ratmannen Melchior Baoarus (Beyer), Fridlandus, Toterus nnd Hullerns, sowie des Rektor Cratander gedacht. Der oben erwähnte Rektor Cratander (deutsch Härtel, auch Ferber genannt) erhielt 1568 das Amt eines Stadt schreibers, von seiner Hand stammen folgende chronikale Einträge auf Blatt 304 s des Stadtbuches von 1520 ff: „Anno 1568 hat der barmherzige l,ebe Gott die Stadt Lobaw wegen der Sünde mit der grausamen Seuche der Pestilenz als einer väterlichen woloordinten Straffe an heimgesucht, also daß neben einem gutten Teil der gemeinen Bürgerschaft der ehrbare Herr Thomas am Ende usw. in Gott verstorben. Und haben nach solchem des Herrn Bürger meisters todtlichen Abgänge das Bürgermeisteramts und die Gerichte der erbare Herr Melchior Beyer neben Herr Hansen Hüttern und den andern Rats Bor.wandten, so in der Stadt vorblieben, in derselben Sterbensg'efahr versorget." Das älteste Löbauer Kirchenbuch beginnt zwar erst 1608, bringt aber vorweg einige ältere chronikalische Berichte, von denen der von 1568 ähnlich wie in den Annalen von Segnitz lautet. Der Eintrag von 1580 beschreibt eine Krankheit, welche ähnlich unserer „Grippe" verlaufen ist: